Up up and away…
Es ist ein merkwürdiges Gefühl, morgens in dem Wissen aufzuwachen, in einer fremden Stadt in einem weit entfernten Land auf einem unbekannten Kontinent zu sein. Ich weiß es zwar, aber glauben kann ich das bei weitem nicht.
Da hilft keine monatelange Vorbereitung, kein Seminar und auch keine lange Anreise wenn man plötzlich in einem Taxi sitzt, das auf der falschen Straßenseite fährt, um eine Wohnung an einem Ort zu finden, an dem man sich nicht einmal hätte erträumen können, einmal Urlaub zu machen. Alles ist noch sehr irreal, was auf der einen Seite ein schönes Gefühl ist, auf der anderen Seite aber nicht wirklich dabei hilft, alleine Dinge zu organisieren, mit welchen man selbst in seinem gewohnten Umfeld kaum Erfahrung hat.
Es ist mittlerweile der vierte Tag in Port Elizabeth, der Stadt in der ich die nächsten 12 Monate verbringen werde, doch noch immer sitze ich auf gepackten Koffern. Das Backpackers könnte zwar kaum besser liegen so nah am Strand, aber mittlerweile möchte ich einfach erst mal meine ganzen Sachen auspacken in meinem eigenen Zimmer.
Die letzten Tage verbrachten Christina (die zweite Freiwillige an meiner Schule) und ich also hauptsächlich damit, Wohnungen abzuklappern, die wir im Internet gefunden hatten. Dabei trafen wir zwar meistens auf sehr nette und offene Leute und potentielle Mitbewohner, doch trotzdem passte es bisher nicht wirklich, obwohl in den meisten Fällen eine Zusage von unserer Seite ausreichen würde (also kein Vergleich mit einer Wohnungssuche bei uns).
Christina hat inzwischen eine Zusage und kann wohl ab Mittwoch einziehen, aber ich komme noch auf keinen grünen Zweig. Fast alle bisher gesehenen Wohnungen waren in Summerstrand, einem ruhigen Stadtteil im Süden der Stadt, dessen Name auch wirklich hält was er verspricht. Da die Uni der Stadt nicht weit entfernt ist, wohnen hier auch die meisten Studenten, was für mich natürlich ein weiterer Pluspunkt ist, obwohl meine Schule im Zentrum der Stadt ein wenig entfernt liegt.
Viel mehr über die Stadt kann ich im Moment auch noch nicht erzählen, da sich mein Radius bisher auf Summerstrand beschränkt, in dessen Nachbarstadtteil auch das Backpackers liegt. Der Strand jedenfalls ist klein aber sehr schön und beliebt bei Surfern. Und gleich am ersten Tag kam ich in den Genuss, bei einem kurzen Spaziergang zwischen zwei Wohnungsbesichtigungen Delfine zu sehen, die direkt zwischen den Surfern herumsprangen.
Jedoch bekam ich auch die negativen Auswirkungen des kurzen Abstechers zum Strand zu spüren, als ich am Abend trotz des bedeckten Himmels einen dicken Sonnenbrand davontrug und dadurch inzwischen problemlos von den Einheimischen unterschieden werden kann, während ich bis dahin wohl kaum auffiel. Ein Hoch auf das Ozonloch! Am nächsten Tag im Supermarkt durfte ich dann feststellen, dass ein kleines Fläschchen Sonnencreme ab (!) 100Rand, also etwa 10€ zu haben ist. Da mir bisher kein Südafrikaner dieses Phänomen erklären konnte, vermute ich ab sofort eine Verschwörung der schwarzen Bevölkerung.
Weitere Besonderheiten des Südafrikanischen Alltags werde ich nach und nach in den nächsten Blogeinträgen zum Besten geben.
Heute stand dann mein erster Tag in der Schule an, einer privaten Grundschule im Zentrum, an der Deutsch sowohl als Mutter- als auch als Fremdsprache unterrichtet wird. Das Schulgebäude ist ein sehr schönes, ehemaliges Herrenhaus, das von außen recht klein wirkt, aber dennoch so verwinkelt ist, dass es genug Platz für etwa 400 Kinder bietet. Man kann es sich in etwa wie Hogwards in klein vorstellen, das meinte selbst der freundliche Schulleiter als er uns herumführte, nur die schwebenden Kerzen im Speisesaal würden fehlen. Allgemein macht der neue Kollegenkreis einen überaus netten und offenen Eindruck, man duzt sich und unterhält sich gerne, wenn Zeit ist, über die verschiedensten Themen.
Wir wurden sehr herzlich empfangen und einige Lehrer scheinen uns schon freudig erwartet zu haben („ihr müsst Christina und Kay sein…“). Besonders der Headmaster of Sports scheint sich über unsere Unterstützung zu freuen und ist anscheinend besonders froh, mit mir endlich jemanden an seiner Seite zu haben, der den Fußball genauso liebt wie er selbst. Eigentlich etwas ungewöhnlich für einen weißen Südafrikaner, da sonst Rugby und Cricket die beliebtesten Sportarten der weißen Bevölkerung sind, aber deswegen war die Freude beim überzeugten Liverpool-Fan wahrscheinlich auch umso größer. Da Fußball aber leider zu den Winter-Sportarten zählt, und somit nur halbjährig angeboten wird, muss ich mich erst mal mit Schwimmen begnügen, nachdem ich zugeben musste, keinen blassen Schimmer von Cricket zu haben.
Nach der Führung und dem Besuch in verschiedenen Klassen begannen wir auch gleich mit der Hausaufgabenbetreuung und Nachhilfe von kleinen Gruppen, meist der deutschen Kinder, was schon einmal großen Spaß machte, da die meisten mit viel Freude und Interesse bei der Sache sind. Neben Deutsch durfte ich mich dann auch in meiner Spezialdisziplin, der Mathematik, beweisen (wer mich kennt lacht an dieser Stelle), was wohl auch ein fester Bestandteil meiner Hausaufgabenbetreuung werden wird. Neben der positiven Einstellung der Kinder zum Lernen fiel sofort die Disziplin und ihr außerordentlich gutes Benehmen auf, was man als Deutscher von Kindern in diesem Alter kaum gewohnt ist. So blieb ich in einigen Momenten dann doch etwas verdutzt stehen, als mich jedes einzelne Kind im vorbeigehen begrüßte, mir einen schönen Tag wünschte oder einfach durch gutes Benehmen glänzte („Good Morning Sir“ „After you, Sir“).
Im großen und ganzen herrscht ein sehr angenehmes Klima an der Schule, weshalb ich mich auch sehr auf die Arbeit dort freue.
Doch um mich voll auf die Schule konzentrieren zu können, hoffe ich nun erstmal, so schnell wie möglich eine Wohnung zu finden. Sobald das passier ist, kann ich hier auch mehr von meiner Arbeit, dem Alltag und dem Leben in Südafrika berichten. Bis dahin!
6 Kommentare
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Hallo Kay,
willkommen im Abenteuer, ich bin sicher jeder Tag wird die vielen Fragezeichen in umso schönere Ausrufezeichen umschmieden, auch wenn es nur Holland war, einige Dinge kommen mir sehr bekannt vor. Das mit den freundlichen Kindern lese ich morgen mal meinen Jungs vor. Mal schauen, wie lange die Wirkung anhält.
Norddeutschland erwacht langsam zum Leben, die Narzissen brechen durchs Unterholz, die Eisdielen haben voll geflaggt. Ich harre schon der Freibadsaison, das Frühschwimmen (ohne die men in grey suits) steht ganz oben auf meiner Wunschliste, allein schon, um den Altersschnitt dort dramatisch zu versauen. Aber eine Ozeananbindung hat natürlich auch Klasse. Ich bin schon sehr neugierig wie es weitergeht, falls Dir Cadbury zum Halse raushängen sollte, veranlasse ich eine Zusendung der hiesigen Spezialitäten, hehe. Und zeig den Fussballkids mal die isländischen Torjubelklassiker, mal schauen wie die südafrikanische Antwort ausfällt. Heel veele groten uit Weyhe, tot ziens en doei Jens
Hey Kay…
Da hast du aber einen sehr schoenen Artikel geschrieben.
Und das hoert sich ja alles nicht schlecht an bei dir in P.E. Hoffe, dass du mittlerweile mit der Wohnungssuche etwas weiter bist.
Wir muessten echt mal einen FSJler-Austausch machen, wir nach P.E., ihr nach Cape Town 😛 Uns hat naemlich noch niemand mit Good morning madam oder sowas angesprochen :))
Lieben Gruss vom Kap
Lara
Heyhey Lara,
mittlerweile hab ich ne Wohnung, und sogar eine mit Meerblick. Hoffe, die Sache hat keinen Haken…
Das müssten wir wirklich machen, aber hey, ihr habt die interessantere Stadt, wir die netteren Leute;)
Gruß zurück vom eastern cape!
Moin moin Wakay!
Deine Botschaft erreicht mittlerweile auch den Norden, werden vervielfältigt und an die Verwandtschaft verteilt! Dir alles Gute, mit dem Abstand wirst Du es verschmerzen, wenn Pauli sich Sonntag die 3 dringend notwendigenPunkte holt.
…und weiter schreiben!
Unca Jürgen
Moin!
Schöne Sache, verbreite die frohe Botschaft!
Von wegen – seit ich weg bin gewinnt Stuttgart ein Spiel nach dem anderen, demnächst wird die VfB-Flagge auf dem Tafelberg gehisst!
Grüße aus dem Sommer!
… ganz egal wo!
Super Artikel pipapo, schön von dir zu hören!