NACHTRAG: „Neues“ aus Damaskus
Hallo liebe Leute,
Heute schreibe ich einmal von zuhause….nein ich habe kein Internet zuhause, aber heute (Samstag) ist gerade nichts los und ich dachte mir ich schreibe schonmal etwas für meinen blog und lad es dann später hoch, denn ihr müsst wissen auf der Arbeit hab ich oft viel zu tun und dann hab ich später keine Lust mehr was zu schreiben oder der Rechner mit dem Internet ist besetzt oder sonst was. Ich hoffe ich kann euch bald mal mit ein paar Bildern verwöhnen, hab nämlich mal n paar Schnappschüsse von meinen Freunden und mir gemacht, aber das mit dem Bilder hochladen dauert hier halt sehr lange, ich hoffe ich habe mal die zeit dazu. Dieses Wochenende war ich vor allem über eine Sache sehr dankbar: SCHLAF . Denn erstens wird die nächste Woche sehr anstrengend (viel Arbeit und dann noch das Fest am 5.10 und dessen Vorbereitungen) und zweitens war die letzte Woche auch nicht ohne. Also habe ich am Freitag erstmal ausgeschlafen. Dann bin ich hoch gegangen zu meiner Gastfamilie, die mir dann erstmal gleich lecker essen gemacht haben. Dann wollte ich mich eigentlich direkt wieder hinhauen, als plötzlich mein bester arabischer Freund Wael anrief. Er wollte fragen was ich denn gerne so machen möchte heute. Ich wusste nicht so richtig also hab ich einfach gesagt er soll was vorschlagen. Er meinte wir könnten ja mal wieder nach Alrabweh fahren. Kurz dazu: Alrabweh ist ein Stadtteil von Damaskus. Dort gibt es vor allem Gelegenheiten zum weggehen, feiern etc. also Restaurants, Cafés usw. Dort befindet sich auch ein Internetcafé, in dem man nicht nur leckere Sandwiches und Limonade bekommt, sondern sich auch mit Kartenspielen und Backgammon die Zeit vertreiben kann. Natürlich ist dort alles ganz muslimisch, also n Bier sollte man dort nicht bestellen, dann wird man nämlich schief angeguckt J. Ich fahre also mit einem Taxi dorthin, der Taxifahrer ist sehr sonderbar, aber auch lustig, er erzählt mir auf englisch wie toll doch die Syrischen Frauen seien und immer wenn wir an gutaussehenden Frauen vorbeifahren hupt er und winkt ihnen zu und lacht mich danach an „Beautyful Beautyful“, sagt er. Dort angekommen treffe ich meinen besagten Freund Wael, der sich gerade an der Imbissbude 2 sandwiches bestellt hat. Ich hab auch etwas hunger und besstelle zwei. In die sandwiches kommen in diesem fall Oliven, etwas Lammfleisch, saure Gürkchen und noch etwas gewürz, alles in allem sehr lecker. Zwei waren aber doch etwas zu viel, ich bin nach den beiden Röllchen echt voll. Doch mit der hausgemachten Limonade aus frischen Orangen lässt sich alles gut runterspülen. Wael und ich bestellen uns zwei Argileh, das sind die arabischen Wasserpfeifen. Ich klappe meinen Laptop auf. Einen Laptop zu besitzen ist hier doch schon etwas mehr besonders als in Syrien, also kann man sich beim aufklappen auch getrost mal den coolen Blick aufsetzen. Ich logge mich im Netz ein und alles klappt supi. Nur ist es manchmal etwas langsam, weil so viele Leute gleichzeitig im WLan sind. Im Laufe des Abends füllt sich das Café, neben interessanten Gesprächen mit meinen Freunden, wird fleißig Geskyped und Backgammon gezockt. Die Damaszener scheinen darin besonders gut zu sein, an fast allen Tischen wird dieses Spiel gespielt und das mit einer horrenden Geschwindigkeit. Nebenbei packt neben mir ab und zu mal einer seinen Gebetsteppich richtung Mekka aus und betet ne runde. Achso was noch dazu zu sagen ist… das Café in dem wir meist verkehren ist ein „men only“ Café, wer also nach schönen Frauen sucht, sollte nach Malki oder Bab Tuma gehen. Spät erst komme ich mit dem Taxi wieder nach Hause und lege mich schlafen. Der Samstag wird zum absoluten chilltag deklariert. Was sollte man auch tun? Eine unserer Praktikantinnen ist mit ihren Freundinnen unterwegs und schaut sich Syrien an, Wael hat mit seiner Englischklausur zu tun, Amer (mein Gastbruder) muss arbeiten und die andere Praktikantin ist krank… TOLL! Also hilft alles nichts: Schlafen ist angesagt. Ich schlafe erstmal bis um 14:30 Uhr durch. Dann bleibe ich direkt liegen…vielleicht schlaf ich ja direkt wieder ein J, aber nee: Der Körper ist zu energiegeladen nach dem Schlafen, also entscheide ich mich, mich anzuziehen und meine Kontaktlinsen reinzuschmeissen und in die Altstadt zu gehen, vielleicht n paar von diesen leckeren mit Käse gefüllten Croissants zu kaufen, die der Bäcker in Richtung Umayyadenmoschee backt. Auch hiervon werde ich vom Zufall abgehalten: Meine Gastmutter kommt gerade die Treppe herunter und fragt mich, ob ich was essen will. Okay, da sage ich nicht nein, und folge ihr die Treppen hoch. Es gibt so gekochte Kartoffeln und Fleisch in Tomatensoße und dazu Reis und Brot. Ich weiß nicht ob ich schonmal erzählt habe, wie man hier isst. Man macht sich sein Essen auf das Fladenbrot und rollt sich ein kleines Röllchen, das man dann verzehrt. Das hat zur Folge, dass man JEDES gericht mit Brot isst, aber bisher fand ichs trotzdem immer lecker….vor allem weil ich auf das doch meist frische Fladenbrot stehe J . Dann kommt noch ein ganz guter Film im TV mit Eddie Murphy. Danach gehe ich runter und schreibe diesen Eintrag. Tjoar so viel zu meinem Wochenende und jetzt noch ein Paar interessante Sachen über Syrien und den Nahen Osten:
Erstens: Die Begrüßung unter Männern und Männerfreundschaften allgemein
Männer, sofern sie Freunde sind, begrüßen sich folgendermaßen: Erst die Hand geben, dann den Partner zu sich ziehen,ein küsschen links, drei küsschen rechts, sich vom Partner entfernen, Hand loslassen, die eigene Hand küssen. Tja so is dat hier. Und Männer laufen hier auch gerne mal Arm in Arm oder Hand in Hand rum, das is hier aber ganz normal und alltäglich, man fasst sich im allgemeinen hier auch mehr an, man muss sich an sowas als Europäer erst gewöhnen aber die sind hier nicht alle schwul oder so .
Zweitens: Der Verkehr
Warum die im Nahen Osten so viel hupen? Ganz einfach, das ist das Zeichen für: „Ey, aufpassen, ich überhol dich jetzt“, die Hupe gehört also zum täglichen Verkehr dazu und wird daher auch häufiger benötigt. Auch lustig: Im nahöstlichen Kreisverkehr hat immer das Fahrzeug vorfahrt, das von AUSSEN in den Kreisverkehr REINKOMMT nicht das was schon DRIN ist. Klingt doof, isses auch, aber ich hab die Regeln nicht gemacht ^^. Ausserdem haben viele Ampeln hier einen Countdown, der anzeigt, wie lange es noch rot bzw grün ist. Das ist manchmal sehr hilfreich, oft beobachtet man aber auch dass die Leute schon bei „3“ losfahren, obwohl noch rot ist.
Drittens: Das Rauchen
Syrer rauchen immer und überall, die Zigarette ist hier nicht nur sehr günstig sondern auch sehr beliebt. Mir wurde sogar schon zwei mal eine im Taxi angeboten, ich lehne immer mit den Worten „La, La Shukran“ (zu Deutsch: Nein, Nein Danke) ab. Kulturell interessanter ist das Argileh rauchen. Argileh wird hierzulande von einigen Leuten so viel geraucht, wie andererorts Zigaretten. Mein Freund Wael rauchte einst 14 Köpfe am Tag. Ich selbst sehe in der Wasserpfeife das einzige, was ich überhaupt rauchen kann. Rauchen mag zwar ungesund sein, es stellt aber irgendwo doch für mich ein kulturell gewachsenes, gesellschaftliches Phänomen dar. Rauchen gehört zu einer jeden Kultur. Die Indianer rauchten einst Friedenspfeife, wir klauten ihnen den Tabak und entwickelten die Zigarette, die in den unterschiedlichsten Formen zu finden ist. Einige Formen sind sogar Statussymbole gesellschaftlicher Schichten. So stellt z.B. die Zigarre weithin ein Zeichen des Wohlstands dar. Auch das Zigarillo gilt vor allem bei weiblichen Personen mit Samthandschühchen als edel. Die Araber haben die Wasserpfeife. Sie ist ebenfalls eine Art statussymbol. So gibt es z.B. besonders gut verzierte Pfeifen, mit Mosaiken geschmückt, einige Scheichs sollen sogar Rauchsäulen aus Elfenbein besitzen. Die Argilehs die es hier gibt sind größtenteils aus Metall, und relativ einfach, aber dennoch schön anzusehen. In meiner Jugend habe ich schon oft versucht zu rauchen, erst die Zigarette, nicht um cool zu sein, sondern aus gemütlichkeit, doch es schmeckte mir widerlich und der Rauch kratzte in der Lunge und im Hals. Ich erinnerte mich an meinen Großonkel Jochen, dessen Wohnung immer sehr gut nach Vanilletabak roch, den er in einer Pfeife rauchte. Auch damit versuchte ich es, denn die Pfeife, wenn auch schwerer zu Stopfen und zu Pflegen als die Zigarette, schien mir noch gemütlicher zu sein. Doch auch hier die enttäuschung: Der Pfeifentabak riecht zwar nach Vanille, schmeckt aber genauso scheusslich nach Nikotin wie die Zigarette. Die Wasserpfeife musste also her. Das erste Mal habe ich sie in Magdeburg geraucht und war fasziniert. Der Tabak schmeckt tatsächlich so wie er riecht, mit unterschiedlichsten Geschmacksrichtungen von Mango über Apfel bis Kirsche, er kratzt nicht im Hals, schmeckt kein bisschen nach Nikotin und hat eine immense Rauchentwicklung, mit der man, mit entsprechenden motorischen Fähigkeiten versehen, sogar Ringe machen kann. Ich war begeistert. Der Tabak hier in Syrien ist sogar noch besser als der in Deutschland. Wenn man den Argilehschlauch angeboten bekommt, dann muss man erst die Hand des anderen anschlagen und dann darf man den Schlauch nehmen (keine Ahnung warum…is so). Wenn man fertig ist muss man dem „Argileh-Mann“, der einem immer neue Kohle auf den Kopf legt und für alle Argilehs im Café verantwortlich ist, einen Bakshish, ein Trinkgeld geben (meist so 50 Lira also 90 cent). Die Preise sind aber doch sehr gut. Ich habe für den Internetzugang, eine Argileh, 2 sandwiches, eine Cola, einen Tee und eine Limonade gerade mal 300 Lira bezahlt, also etwas weniger als 5 € … so lässt es sich leben ( in Magdeburg bezahlt man allein für die Argileh 5€ 🙂 ).
Jo also soviel erstmal dazu, vielen dank für die aufmerksamkeit und bis zum nächsten Mal…..
Tobias
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