Lebenszeichen

Ich hab einfach kein Händchen für die Technik. Das weiß ich eigentlich schon seit längerem, aber damit ich es auch nicht vergesse, habe ich es mir selbst einmal mehr bewiesen. Nachdem ich meinen Laptop das letzte Mal vor gut einem Jahr am Abend vor der Seminararbeitsabgabe geschrottet habe, dachte ich eigentlich den schlechtmöglichsten Zeitpunkt für einen defekten Rechner entdeckt zu haben. Doch ich muss mich korrigieren: Ein kaputter Laptop während des Auslandsjahres ist noch schlimmer.

Mithilfe einer Lehrerin oder besser gesagt ihrem Mann haben wir es geschafft den Laptop erstmal wiederherzustellen, aber damit er auch wieder einwandfrei läuft brauche ich jetzt noch eine Recovery-Betriebs-CD oder so ähnlich – und die liegt natürlich in Deutschland!
Aber das Leben läuft natürlich trotzdem weiter und in den vergangenen Wochen durfte ich einiges erleben: Ich habe Sarah in Košice besucht. Mit ihr und den Lehrern ihrer Schule bin ich ein zweites Mal nach Krakau gefahren, wo ich diesmal auch den wunderschönen Weihnachtsmarkt sehen konnte. Auch in Žilina war einiges los. Wiebke und Anita haben mich besucht und außerdem habe ich viel Zeit mit meiner Mitbewohnerin Anna verbracht. Und dann war da noch das Lampionfest, von dem ihr unten ein Bild findet.
Mittlerweile weihnachtet es natürlich auch in der Slowakei schon sehr. Heute wurde beispielsweise der Weihnachtsmarkt in Žilina eröffnet und jeden Morgen öffne ich ein Türchen am Adventskalender den mir meine Mitfreiwillige Lisa geschenkt hat. Dank dem Adventspäckchen meiner Mama gehe ich auch am morgigen Nikolaustag nicht leer aus – Vielen Dank nochmal, ihr Lieben zuhause!
Fürs Erste war’s das mal von mir! Nur eine Bitte hab ich noch an Euch: Drückt mir die Daumen, damit der Laptop noch möglichst lange durchhält und es in Zukunft wieder öfter mal ein Lebenszeichen gibt.

 

 

Von rumänischen Abenteuern – und dem Heimkommen

Žilina – Bratislava – Wien – Sibiu –  Făgăraş – Seligstadt – und das ganze nochmal rückwärts. Die letzten eineinhalb Wochen hatten es in sich!

Ja, bei mir war tatsächlich einiges los. Das Zwischenseminar in Rumänien stand an. Mit den anderen slowakischen Freiwilligen bin ich von Wien aus nach Sibiu geflogen – beziehungsweise nach Hermannstadt, wie der deutsche Name der Stadt lautet. Sie wurde um 1150 von Deutschen gegründet und bis Ende der 1930er Jahre zum Großteil von deutschen Siedlern, den Sachsen, bewohnt. Noch heute leben viele Sachsen in Siebenbürgen oder auch Transilvanien, wie das Gebiet im Zentrum von Rumänien genannt wird. Diese deutsche Minderheit und ihre Geschichte sollte uns auch während des Seminars begleiten, etwa beim Besuch der Stadt Sighişoara/Schässburg oder einem Treffen mit dem Pfarrer und Schriftsteller Walther Gottfried Seidner, der aus Siebenbürgen stammt.
Doch nicht nur, weil ich so viel Neues und Interessantes mitnehmen konnte werden mir die Seminartage in positiver Erinnerung bleiben. Es tat auch einfach mal wieder richtig gut, sich mit anderen auszutauschen, die im Moment in der gleichen Situation wie ich stecken. Und nebenbei war es natürlich auch spannend von den „Ungarn“ und den „Rumänen“ über die Eigenheiten des jeweiligen Gastlandes aufgeklärt zu werden. Ganz besonders war auch der Ort, an dem unser Seminar stattgefunden hat: In einem kleinen Bergdorf, das nur über eine Schotterpiste zu erreichen ist. Ohne Handyempfang. Ohne Internet. Dafür in traumhaft schöner Umgebung – ich fand es wundervoll!
Fast noch schöner als die Zeit in Rumänien war für mich aber das nach Hause kommen. Zum ersten Mal habe ich nämlich gemerkt, dass ich mich hier in der Slowakei, in Žilina heimisch fühle. Und nach einer Woche voller rumänischer Abenteuer habe ich mich fast schon nach der Arbeit an der Schule, den lieben Menschen hier und ja, sogar nach dem Wohnheim gesehnt. Ich denk das ist ein ganz gutes Zeichen!

Und hier noch ein paar Eindrücke für Euch:

   
   
   

Halušky, die [ɦaluʃki]

Schon lang vor meiner Abreise haben mir Bekannte, Freunde und Verwandte vom Nationalgericht der Slowaken, den bryndzové halušky, erzählt. Die Kartoffelnockerl, die mich ein wenig an deutsche Spätzle erinnern, werden meist mit Brimsen, einem speziellen Schafskäse, und Speck zubereitet. Manchmal isst man die Nockerl aber auch mit Kraut.

Ob ich sie denn nun endlich probiert habe, die leckeren halušky, das wurde ich in den vergangenen Wochen oft gefragt. Wenn ich dann erzählt habe, dass ich die Nockerl, die hier in der Slowakei so beliebt sind, zum ersten Mal in Bratislava gegessen habe, dann löste ich damit bei meinem Gegenüber ungläubiges Kopfschütteln aus. Die müsse man doch hier essen, im Norden der Slowakei! Dort wurde das Gericht erfunden und soll auch heute noch besser schmecken, als in den übrigen Teilen der Slowakei.
Den Slowaken ist ihre Nationalspeise scheinbar heilig. Aber ich hab mich an den Rat gehalten und bei meinem Ausflug in die Region Orava vor einigen Wochen tatsächlich die nordslowakischen halušky gekostet. Ich müsste lügen, wenn ich jetzt sagen würde, dass ich einen geschmacklichen Unterschied zu meinen ersten Nockerln bemerkt habe – denn lecker waren die bryndzové halušky beide Male.

 

 

Krakau

Ja, auch Lehrer haben ab und an ganz gern mal Ferien! Obwohl die Herbstferien hier eigentlich nur ein verlängertes Wochenende rund um den Allerheiligenfeiertag sind, bin ich mit zwei der anderen Freiwilligen, Lisa und Anita, weggefahren. Raus aus Žilina, raus aus der Slowakei. Das Ziel unserer Reise war Krakau.
Wir hatten viele schöne Momente, zum Beispiel während einer kostenlosen Führung durch die Altstadt, beim Stöbern in den kleinen Läden und in der Markthalle, bei unserem Spaziergang durch das jüdische Viertel und dem Ausflug ins polnische Nachtleben, beim gemeinsamen Nudeln- und Puddingkochen und dem Besuch des Schlosses Wawel, in dem im November alle Ausstellunge kostenlos besucht werden können.
Natürlich hatten wir auch manche nicht ganz so schöne Momente. Solche die nachdenklich gemacht haben. Damit meine ich nicht unbedingt die nächtlichen Störungen im Hostel, sondern den Besuch des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau, das sich rund eine Stunde westlich von Krakau befindet.

Am schönsten am Reisen finde ich immer, dass man so viele neue, interessante Menschen kennenlernen kann. Das war auch diesmal so. Da war zum Beispiel Amir, der Holländer mit pakistanischen Wurzeln, der von sich selbst sagt: „It’s like an obsession – I have to see everything!“ und deshalb kreuz und quer durch die Welt reist. Ihm hat unser Deutsch so gut gefallen, dass er sich entschieden hat, auf der Heimreise in die Niederlande noch einen Stopp in Berlin einzulegen.
Und die junge Polin, die kostenlose Stadtführungen durch ihre Heimatstadt Krakau anbietet und erzählt hat, dass sie sich als Touristin immer auf die Suche nach Wäscheleinen macht – weil sie dann weiß, dass sie sich dann nicht mehr auf der Touristenroute befindet, sondern das einheimische Leben mitbekommt.
Oder Grzegorz aus Warschau, der bereits um zweiten Mal in Krakau war und es beim ersten Mal „nicht richtig gefühlt hat“. Der sich eine Auszeit von seinem streßigen Job nehmen wollte und uns großartige Bilder von seinen Reisen durch Südamerika gezeigt hat.

   

   

   

   

    

   

 

Wie ich in der Slowakei die Helden meiner Kindheit traf…

Ich bin es mittlerweile gewohnt, im Schulhaus so manches Mal auf interessante Gestalten zu treffen. Wenn dir auf den Gängen des Gymnasiums allerdings erst eine Gruppe Schlümpfe, direkt dahinter Dornröschen samt Hofstaat entgegenkommt und sich rund um dich Vampire, eine kleine Pippi Langstrumpf, Cowboys und außerdem Asterix mit seinem dickbäuchigen Freund Obelix scharen, dann ist am Gymnázium Hlinská schon etwas besonderes los. In beschriebenem Fall war es der Europatag, denn die Schule jedes Jahr im Herbst veranstaltet. Jede Klasse durfte sich ein europäisches Land wählen und passend zum diesjährigen Leitthema „Film“ etwas vorbereiten. Dabei gaben sich die Schüler größte Mühe -wahrscheinlich auch, weil alle Lehrer, Schüler und die Eltern am Ende des Tages über die besten Projekt abstimmen durften.
Deutschland wurde übrigens von der Klasse 4A vertreten, die sich für das Thema „Winnetou“ entschieden hatte. Leider konnten sie sich damit nicht gegen die das Gruselkabinett der 4D durchsetzen, die sich als Preis nun über einen schulfreien Tag freuen darf.
Außer diesen beiden Projekten gab es natürlich noch viele andere interessante Ideen. Die besten Bilder von meiner Reise durch die europäische Filmlandschaft könnt ihr hier sehen!

   

  Zwischen den "deutschen" Indianern 

Oh, wie schön ist Žilina…

Nach den letzten, eher negativen Nachrichten, möchte ich jetzt wieder einige schöne Eindrücke mit euch teilen. Die Bilder zeigen das herbstliche Žilina und die Burg Orava, die ich letztes Wochenende mit Lisa, meiner Ansprechpartnerin Zuzana und ihrem Vater besucht habe!

   
   
   

Land unter!

Manchmal überraschen die Slowaken mich. Manchmal sogar sehr.
Gerade eben hat der, mittlerweile nicht mehr ganz so fremde, bärtige Mann mein Bad verlassen. Nachdem ich ihn schon in meiner allerersten Woche im Wohnheim nach einem Wasserrohrbruch kennenlernen durfte, hab ich eigentlich gehofft, ihn so schnell nicht mehr wiederzusehen. Allerdings hat es dann doch nur sechs Wochen gedauert, denn heute morgen habe ich entdeckt, dass in meinem Bad „was tropft“. Genauer gesagt  war es der Spülkasten. Scheinbar war er über Nacht plötzlich undicht geworden und nun auf dem besten Weg, mein Bad zu überfluten. Nachdem mir Zuzana geholfen hatte, den Damen an der Rezeption des Wohnheims vom Problem zu erzählen, versicherten mir diese, dass es bald möglichst behoben werde. So recht wollte ich ihnen das nicht glauben, wenn ich ehrlich sein soll, denn immerhin ist heute ja ein Samstag. In Gedanken sah ich mich also schon das restliche Wochenende über im Bad sitzen und alle paar Stunden einen Wassereimer auskippen.
Doch tatsächlich kam vor einer guten Stunde, also um 21 Uhr, noch ein Handwerker, um sich um das Problem zu kümmern. Jetzt tropft der Spülkasten nicht mehr und ich habe keine Angst mehr vor einem bevorstehenden Hochwasser. Gerade nochmal Glück gehabt – übrigens nicht nur ich, sondern auch Lisa, eine andere kulturweit-Freiwillige, die das Wochenende bei mir in Žilina verbringt! Und auch wenn ich jetzt weiß, dass auf die slowakischen Handwerker sogar am Samstagabend Verlass ist – allzu bald möchte ich auf keinen Klempner mehr treffen.

Ich versteh nur stanica…

Mein Zimmer, meine Jacke, mein Buch, meine Bonbons, mein Schlüssel, meine Tasse, mein Stift, mein Teller, mein Wörterbuch, meine Schere, mein Flasche – wer jetzt meint ich sei eigensinnig, der irrt sich! Heute habe ich in meinem Sprachkurs das Possesivpronomen behandelt und ab jetzt kann ich ganz fleißig von „moje veci“ also meinen Sachen sprechen. Und natürlich auch von deinen, seinen, euren oder ihren Sachen, wenn ich will! Die Sprachstunden machen mir ziemlich viel Spaß – und ich bin ganz zuversichtlich, dass ich hier bald nicht mehr nur Bahnhof versteh. Seit heute kann ich mich übrigens auch dort verständigen, denn mit meiner Slowakischlehrerin Anka habe ich vereinbart, dass wir in der ersten Hälfte unserer Stunde jedes Mal ein wenig Grammatik behandeln und dann anschließend ein neues Wortfeld besprechen. Heute war es „Am Bahnhof“. Letzterer heißt auf Slowakisch „stanica“. Ob die Slowaken auch das bereits erwähnte Sprichwort verwenden, um zu zeigen, dass sie gerade gar nichts kapieren, weiß ich leider nicht – aber danach sollte ich in meiner nächsten Sprachstunde mal fragen!

Hauptstadtabenteuer, die Zweite

Es gibt Tage, da geht einfach alles schief. Diese Tage gibt es in Deutschland, aber leider gibt es solche auch in der Slowakei. Glücklicherweise passiert es aber auch hier, dass Tage, die so holprig beginnen, ein schönes Ende nehmen!

Das beste Beispiel dafür ist der vergangene Samstag. Ganz spontan hatte ich mich am Vorabend dazu entschlossen, noch einmal nach Bratislava zu fahren, um mich mit Wiebke, Christina und Eva zu treffen. Schon morgens um 7:17 wollte ich in Žilina in den Zug steigen, um möglichst viel vom Tag zu haben. Trotzdem sollte der Tag ganz ruhig, gemütlich starten – doch daraus wurde leider nichts, ich hab nämlich katastrophal verschlafen, musste innerhalb von zehn Minuten meinen Koffer packen, mich anziehen und zur Bushaltestelle hetzen. Dann hatte leider auch noch mein Bus Verspätung und am Bahnhof musste ich feststellen, dass außer mir scheinbar auch die gesamte Bevölkerung Žilinas einen Wochenendausflug geplant hatte, denn es war brechend voll. In letzter Minute hab ich es dann doch noch geschafft, mein Ticket „do Bratislavy“ zu kaufen und an den richtigen Bahnsteig zu flitzen. Als mein Zug dann losgefahren ist und ich Žilina langsam hinter mir gelassen hab war ich eigentlich auch schon fertig mit meinen Nerven und dem Samstag. Doch gut, dass auf einen so missglückten Morgen wenigstens ein klasse Tag folgte! Zusammen haben wir auf einem Retromarkt im KC Dunaj, dem Kulturzentrum Bratislavas, nach Andenken gestöbert, in Slavín, dem Heldenfriedhof und höchsten Punkt der Stadt, die Aussicht und die letzten Sonnenstahlen genossen, bei IKEA Schönes und Nützliches für unsere Wohnungen gekauft und außerdem das beste Rataouille allerzeiten gekocht!
Und auch wenn meine Heimreise wieder mindestens genauso chaotisch war, wie der ganze Ausflug angefangen hat, war es doch ein sehr schönes Wochenende. Meine lieben Mitfreiwilligen, ich bin froh, dass ich euch hier hab!

Briefe für Tine

Liebe Leser!

Post zu bekommen ist ja eigentlich immer etwas Schönes! Hier in Žilina ist es übrigens besonders schön. Ich fange schon unten an der Rezeption des Studentenwohnheims an, mich zu freuen, wenn mir die lieben Damen, die hier arbeiten einen Brief oder ein Päckchen übergeben. Manchmal fragen sie mich: „Matka?“ („Mutter?“) oder zumindest „Z Nemecka?“ („Aus Deutschland?“) und wenn sie sehen, dass ich mich freue wie ein Schneekönig, dann freuen sie sich auch immer ein klein wenig mit – glaub ich zumindest!
Noch mehr freue ich mich natürlich, wenn ich die Post dann in meinem Zimmer öffnen kann und in vertrauten Handschriften lesen kann, was sich daheim so alles tut! Gestern kam zum Beispiel ein Brief von meiner Freundin Anne über den ich mich wahnsinnig gefreut hab. Dank meiner Lieben weiß ich nun wieder genau, was im schönen Plattling so passiert und bei all dem Neuen, das ich hier im Moment erlebe, tut so ein kleines Stückchen Heimat auch ganz gut!

Bis bald, eure Tine

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