Zur Deutscholympiade in die Moskauer Vorstadt

Seit Freitagnacht beglückt mich eine kontinuierlich anhaltende dezente Müdigkeit. Aber warum, weil sich das Leben gerade wieder besonders intensiv erfahren lässt. Nach einem nicht zu unterschätzenden Wochenende, haben wir gestern, Montagabend, dann in der WG noch den 25. einer meiner Mitbewohnerinnen gefeiert. Als ich dann heute Morgen wider Erwarten aus dem Bett gekommen war, fuhr ich mit dem Bus zur Staatsoper, um dort in die Tram umzusteigen, mit der ich tief in die Moskauer Vorstadt hineinfahren sollte. Heute würde ich den ganzen Tag in der Bewertungskommission für die Deutscholympiade sitzen.

Ich traf meine Deutschlehrerkollegin von meiner Schule an der Haltestelle, um mit ihr gemeinsam zu dem Schulgebäude zu laufen, in der die Olympiade stattfinden sollte. Als wir aus der Ferne das Gebäude bereits sahen, erzählte sie mir, dass es dem übliche Format entspreche und somit identisch aussehe wie ein ganzer Haufen anderer Schulen in Lettland und ehemaligen Sowjetunion-Staaten. Dass nicht alle, aber sehr viele Schulen (meine Jugla Schule mit eingeschlossen) exakt gleich aussehen, war mir auch schon des öfteren aufgefallen. Dann erzählte sie mir von der  Komödie „Ирония судьбы или С лёгким паром!“ (deutsch: „Ironie des Schicksals oder Herzlichen Glückwunsch zur Banja!“), die an Silvester gezeigt wird und Kultstatus genießt. In dieser feiern vier Männer Silvester in einer Moskauer Banja. Nachdem sie reichliche Bier und Wodka getrunken haben, fahren die Männer später zum Flughafen, weil einer von ihnen am selben Tag noch nach ‚Leningrad‘ fliegen soll. Weil sie aber zu betrunken sind, um sich zu erinnern, wer von ihnen fliegen sollte, schicken sie den Betrunkensten in das Flugzeug. Als dieser in ‚Leningrad‘ erwacht, denkt er, er sei noch immer in Moskau. Er nimmt ein Taxi, um nach Hause zu fahren. Weder Straßennamen noch Stadtbild unterscheiden sich von dem in Moskau, so bemerkt er nicht, dass er in einer fremden Stadt ist. Schließlich kommt er zu seiner vermeintliche Wohnung – sein Schlüssel passt – und auch dort sind Möbel und Einrichtung so wie er es von seinem Zuhause gewohnt ist. Allein als die eigentliche Bewohnerin auftaucht, klärt sich die Verwechslung auf. Die Komödie ist eine Parodie auf die Uniformität von Bauten und Straßennamen in der ehemaligen Sowjetunion.

Gerade hab ich den Film schon auf youtube entdeckt und werde mir ihn gleich (zumindest teilweise, weil auf Russisch!) anschauen.

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Schließlich waren wir um kurz vor 9Uhr pünktlich mit Deutschlehrerinnen von anderen Schulen versammelt um einige letzte Instruktionen zu erhalten. Meine Kollegin und ich stellten eine von fünf Stationen dar. Unsere war „Einkaufen und Lieblingsessen“. Irgendwie ging alles ein bisschen schleppend und erst nach ca einer Stunde Warten kam dann der erste Schüler zu uns. Nach einem 3-minütigen Monolog, ließen wir uns noch ca 2 Minuten Fragen beantworten und dann folgte noch ein Verkaufsgespräch zwischen uns, als Verkäuferinnen, und dem/der Schüler(in), der/die Produkte für einen Wanderausflug kaufen sollte. Nach jedem/r Schüler(in) gaben wir nach verschiedenen Kriterien für unterschiedliche Bereiche Punkte von 0 bis 4.

Das Ganze war super interessant. Noch gar nicht zu lange ist es her, dass ich in der SchülerInnenposition gesteckt habe und heute war es umgekehrt. Nicht selten habe ich mir gedacht, dass ich mir als Schülerin in solchen Situationen oft um für die Prüfer irrelevante Dinge viel zu viele Gedanken gemacht hatte. Bemerkenswert waren auch die Unterschiede zwischen den Jugendlichen deren Muttersprache Lettisch oder eben Russisch war. An den Füllwörtern, dem Dialekt und aber auch am Redeverhalten konnte man die Muttersprache schnell heraushören. Alles in allem richtig spannende Erfahrung! Wobei es auch mega anstrengend war. Nach ca 2h und somit etwa der Hälfte der 20 zu Prüfenden waren wir heilfroh, als wir 10min Pause machen konnten, denn wir beide waren kurz vor dem Verhungern (wir hatten nebenbei bemerkt ununterbrochen übers Essen geredet) und meine geforderte Stimme verlangte akut nach Flüssigkeit. Weiter ging es und mal stellten wir die selbe Frage zum x-ten Mal, mal entwickelten wir neue Fragen, immer in der Hoffnung den/die Schüler(in) nicht zu überfordern.

Als wir schließlich die letzte Schülerin bewertet hatten, waren wir beide ziemlich erschöpft, aber zufrieden. Im Anschluss an den Arbeitstag gönnte ich mir noch einen Spaziergang in der Sonne entlang der zugefrorenen Daugava.IMG01961-20130319-1420IMG01962-20130319-1421