Manchmal verwirrt mich Riga. Dann wenn die verschiedenen Bilder, die ich von dieser Stadt habe, gar nicht zusammen passen. Wenn mir das manchmal doch so „europäische“, moderne Riga Facetten zeigt, die sich nur mit viel Widerstand zu einer einzigen Stadt vereinigen lassen.
Heute hatte ich das dringende Bedürfnis schwimmen zu gehen. Zum einen, weil ich es unheimlich entspannend finde – und Entspannung hatte ich nach der vergangenen Aufbruchswoche (meine lieben Mitfreiwilligen Jule und Claudi sind zurück nach Deutschland gereist) durchaus nötig – und zum anderen weil Bewegung! Also Sachen gepackt und Richtung VEF, einem großen ehemalige Fabrikgelände, wo ich auch schon mal ein Basein erspäht hatte. Nicht sicher, ob ich am richtigen Eingang bin, betrete ich also das etwas versteckte und leicht heruntergekommen Gebäude. Wie soll ich den Eingangsbereich beschreiben, er erinnerte mich spontan an eins meiner ehemaligen Klassenzimmer in der 6.?Klasse in einem Schulgebäude, welches dann abgerissen wurde. An den Wänden stehen Holzbänke und rechts befindet sich eine auf Russisch telefonierende ältere Dame vor einer Art Garderobe. Manchmal hat man spontan so ein Gefühl, ob jemand Englisch kann oder nicht. Bei der Dame hatte ich es nicht. Sie telefoniert noch ein bisschen weiter bis sie mir schließlich Aufmerksamkeit schenkt. Meine Frage, ob sie Englisch kann wird verneint, also frage ich sie auf Lettisch, wie viel es kostet. Sie nennt mir den sehr teuren Preis von 4,5Lats (ca 6€), den ich allerdings schon aus dem Internet wusste. Aber irgendwie musste ich unsere Dienstleistungsbeziehung ja einleiten und bei meinem beschränkten Wortschatz gibt es da nicht all zu viele Möglichkeiten. Mit dem lettischen Wort für Kopf, – nach einigem Überlegen- dem deutschen Wort „obligatorisch“ und einigen Gesten „frage“ ich sie, ob ich eine Bademütze brauche. Sie sagt ja und verkauft mir eine. Dann vertraue ich ihr Jacke und Wertsachen an und folge ihrer Wegbeschreibung (rechts!) in den Nebenraum Noch kann ich mir nicht vorstellen, wo sich hier ein Wasserbecken verbergen soll, denn alles erinnert eher an ein Wohnzimmer. Niedrige Decken, kleine Räume, Teppichboden, zwei hölzerne Kommoden. Ein Symbol weist mir die Frauenumkleide. Der Raum ist leer und er verunsichert mich. Jedoch nicht halb so sehr wie der Duschraum in den ich kurz danach weitergehe. Meine Sachen habe ich in der Umkleide liegen lassen – was soll´s! Die Duschen, die Fließen, die Vorhänge – machen mir Angst. Ich überwinde mich und finde es stattdessen nur noch interessant und amüsant. Dann geht es weiter in die Badehalle. Ich bin der einzige weibliche Mensch unter der überschaubaren Anzahl an Besuchern. Das Wasser ist angenehm warm und es riecht nur dezent nach Chlor. Ich beschließe, die Verfärbungen an Beckenwänden und Boden zu ignorieren, finde es ok, von einem älteren Herren auf Russisch angequatscht zu werden und ziehe seelenruhig meine Bahnen. Ob ich dem verstörenden Bad wohl nochmal einen Besuch abstatten werde, weiß ich nicht, aber für heute hat es mir getaugt!