Busfahren ist ja so stressig, aber eben leider auch viel zu spannend um es vermeiden zu wollen.
Wenn ich unsere schwere Eingangstür aufgedrückt habe, einen Blick links die Straße entlang werfe und die 40 sehe, heißt es rennen. Ich lasse die Tür hinter mir ins Schloss fallen. Es sind vielleicht 40m bis zur Bushaltestelle und der Bus hat seine Türen schon/noch offen. Ich gebe mir jede Mühe schnell zu sein. Denn es gibt nichts ärgerliches als den Wunschbus gerade noch so verschwinden zu sehen. Und verpasse ich die 40 muss ich entweder 8-15min warten oder 50sentime(~70cent) für einen anderen Bus zahlen, da ich das Monatsticket nur für diesen einen Bus habe. Der Bus steht schon ungewöhnlich lange an der Haltestelle. Er wartet auf mich. Lässt die Türen noch offen oder schließt sie und öffnet sie noch einmal, wenn ich dann keuchend davor stehe. Ich könnte dem Busfahrer tausend rote Rosen schenken, wenn er – mal wieder- für mich gewartet hat.
Also quetsche ich mich in den Bus. Manchmal kann man froh sein, wenn man sich schmal genug machen kann, dass die Türen noch zu gehen. Manchmal bekommt man einen bequemen Stehplatz. Und manchmal hat niemand die Absicht sich hinzusetzen. Alle stehen und viele Sitzplätze sind frei.
Bustickets sind irgendwie auch überall verschieden. In Lettland werden die Monats- und Streifentickets elektronisch abgelesen an dafür im Bus verteilten Geräten. Wenn man es gut anstellt, muss man noch nicht mal das Ticket herausnehmen, sondern nur seine Tasche an das Lesegerät halten und es piept grün auf. Wenn die Karte abgelaufen ist, leuchtet es rot auf und macht ein lautes Geräusch. Dann drehen sich nicht selten viele Köpfe zu einem hin. Unangenehm unangenehm!
Ich schaukel also im Bus durch die 5/4-spurige Straße(Achtung immer wieder akute Umfallgefahr!). Stop Tallinas iela: Hier ist ein Viertel namens „Mieriela“, wo es viele Secondhandläden, die große Laima-Schokoladenfabrik und vor allem eins meiner Lieblingscafés gibt, in dem man super lecker vegetarisch essen kann.
Um mich herum wird mal kollektiv geschwiegen, Telefonatgespräche geführt und beendet („давай давай!“), mit dem Busfahrer laut diskutiert oder einfach nur so gequatscht. Und der Bus ist eigentlich immer bilingual, selten hört man zudem auch mal ein englisches(/deutsches) Wort. Stattdessen hier lettisch, dort russisch. Diese sprachliche Zweigleisigkeit ist kompliziert, nicht konfliktfrei, mit (komplexen)Problemen verbunden, aber auch etwas ganz besonderes. Es macht Riga besonders.
„Nākamā pietura Matīsa iela“: Hier ist mein Fitnessstudio, hier steige ich oft aus.
Dann kommt die Ģertrūdes iela. Hier steige ich noch viel öfter aus. Das ist die nächste Haltestelle zu meiner lettisch Sprachschule und von hier hat man auch schon einen bezaubernden Blick auf die goldene orthodoxe Kirche.
Wenn ich nicht zum Bahnhof will(was auch nicht all zu selten vorkommt), dann steige ich an der Inženieru iela aus. Direkt vor der lettischen Universität und der deutschen Botschaft. Durch den grünen Gürtel und schon ist man in der Altstadt. Das ganze in vielleicht 15min. Aber da Fahrradfahren durch begrenzt eine Alternative ist, ist diese kleine Fahrt stetiger Bestandteil meines Alltages. Wenn ich zu meiner Schule fahre, dann allerdings mit dem gleichen Bus direkt in die gegengesetzte Richtung mit doppelt so langer Fahrzeit. Allerdings gibt es hier kein „Ich renne zum Bus“, denn leider ist das überqueren der fünfspurigen Straßen dann doch ein etwas aufwendigerer Act.
Ich vermisse es nicht wie in meiner Heimatstadt in Deutschland alles mit dem Rad machen zu können, aber da ich nur so semilebensmüde bin, bleibt mein umständlich erstandenes Fahrrad leider viel zu oft im Treppenhaus. Aber nach einer kurzen Annährungszeit sind die 40 und ich ganz gute Bekannte geworden – denn sie erzählt mir nicht selten spannende Geschichten.
Hihi, also ich kann dich nur wieder ermutigen, das Rad zu benutzen. Ich hab’s auch getan (auch bei Schnee) und hatte in den sechs Monaten Riga nur einen kleineren Unfall. Also alles kein Thema. Um größeren Stress zu vermeiden, vielleicht einfach den Radweg nehmen, der an „unserem“ Haus rechts abbiegt und dann auf der Krisjana Valdemara und später in der Skolas iela weiterführt. Das war immer sehr lässig, vor allem dann im Frühjahr und Sommer. Auch wenn es ein kleiner Umweg ist. Die Brivibas iela bin ich auch nur im äußersten Notfall gefahren… 😉 Viele Grüße aus Deutschland, Laura