Überraschungen.

Liebe Menschen, auf Grund von unbeschreiblicher Faulheit lag dieser Text bereits seit zwei Wochen in der metaphorischen Schublade dieses Blogs und findet erst jetzt seinen Weg in die unendlichen Weiten des Internets. Der innere Schweinehund und ich bitten vielmals um Vergebung.


 

„Der Kern der Überraschung ist die Absicherung der Schnelligkeit mit Geheimhaltung.“

– Carl Philipp Gottfried von Clausewitz

An Überraschungen scheiden sich ja häufig die Geister. Entweder man liebt oder man hasst sie. Ich gehöre zu letzteren und lege keinen großen Wert darauf dass Dinge, welche mich betreffen (oder auch nicht), ohne mein Wissen geplant werden, habe dafür aber helle Freude daran eben diese zu planen und durchzuführen.
Und so stand ich pünktlich* zu Gründonnerstag (müde und nur mit Sandalen an den Füßen) im Schneeregen am Flughafen Berlin-Tegel. Und mit einem breiten Grinsen im Gesicht, denn ich war zum Überraschungsbesuch nach Berlin gereist.
Unter größter Anstrengungen hatten mein Vater und ich diesen Plan ausbaldowert und geheim gehalten. Es ist keine Übertreibung zu sagen dass daraus im Prinzip ein viertägiges Überraschungs-Fest gewesen ist.
Sowohl meine Schwestern, Mutter, Großmutter als auch viele Freunde sahen zunächst aus als hätten sie einen Geist gesehen, wenn ich bei Geburtstagspartys aufkreuzte oder einfach an der Haustür klingelte obwohl doch eigentlich zeitgleich ein Skype-Date angestande hätte. Glücklicherweise scheinen sich recht wenige Überraschungshasser in meinem Umfeld zu befinden, so dass wir meist alle erst in ein lautes Gekreische, dann in ein recht albernes auf-und-ab hüpfen und anschließen in Tränen ausgebrochen sind.

Im Hinblick auf die Nachhaltigkeit war Berlin wohl nicht das umweltfreundlichste Ziel, dennoch das erfrischenste das ich mir vorstellen könnte.

Ein entspanntes Osterwochenende in Hessen war genau das richtige um einfach mal abzuschalten. Sogar das Spazierengehen habe ich für mich entdeckt – welch erfreuliche Abwechslung war es mal wieder frische Luft einzuatmen, etwas draußen zu laufen ohne in Schweiß auszubrechen und generell das Leben im Freien zu leben.
Wenn man das so liest glaubt man wohl dass es in Malaysia ja furchtbar sein muss – wenn sie kurz vor Ende ihres Jahres noch mal nach Deutschland kommt?
Alles Quatsch, ich neige ja zeitweise zu Übertreibungen, dies ist jedoch keine: ich freue mich sehr wieder zurück nach KL zu kommen, habe die Stadt, mein Zuhause, das Wetter, die Schule und in erster Linie meine Freunde während der letzten Tage vermisst. Warum dann Deutschland?
Einfach so. Weil es sich richtig angefühlt hat, weil es schön ist anderen eine solche Freude zu machen, weil es noch viele Dinge zu erledigen gab und ich im Sommer und auch danach voraussichtlich auch nicht mehr viel Zeit dort verbringen werde. Während ich diese Zeilen tippe sitze ich also im Flieger, auf dem Weg zurück und habe dieses besondere Kribbeln im Bauch, das nur Aufregung und Vorfreude auslösen. Es ist so schön-schlimm, dass ich mich weder auf das Boardprogramm noch auf Kanye West konzentrieren kann, obwohl er mir doch so schön über die Kopfhörer seine Lebensweisheiten ins Ohr brüllt. Da hilft es wohl nur noch sich die dicken Socken anzuziehen, sich in Decke und Pulli zu verkriechen, die Augen zu schließen und erst in KL wieder zu öffnen.

Kletterpartien und Inselwelten.

Mir ist aufgefallen, dass auf den letzten, recht negativen, Blogeintrag schon lange kein geschriebenes Wort von mir gefolgt ist. Schade und ich entschuldige mich bei denen daheim, die auf meine Einträge mehr oder weniger gespannt warten.
Diese erneute Funkstille ist keineswegs ein schlechtes, sondern – ganz im Gegenteil – ein hervorragendes Zeichen. Gefühlt bin ich rund um die Uhr unterwegs, bei der Arbeit, in der Stadt, auf Bergen (wen diese Information verwirrt, der möge bitte weiterlesen), auf Klassenfahrt oder an südostasiatischen Traumstränden.
Tatsächlich ist das noch besser als es klingt, lässt aber leider recht wenig Raum für diesen Blog.

Berge? Berge!
Der Plural mag dabei ein klitzekleines bisschen übertrieben sein, die Anzahl der von mir erklommenen Berge in den letzten 19 Jahren meines Lebens ist verschwindend gering, spontan erinnere ich mich auch nur an eben diesen einen.

Kürzlich ereignete sich also etwas ungewöhnliches, im sonst so beschaulichen Kuala Lumpur. Es war ein Sonntag, 04.00 Uhr in der Früh. Mit gepacktem Rucksack und festem Schuhwerk stand ich vor meinem Condo und wartete auf Sophie, Julian und Natascha.
Denen, die mich nun schon etwas länger kennen, stellt sich nun vermutlich die naheliegende Frage: „Warum?“.
Die ebenso naheliegende Antwort: wir waren Wandern.
Für einen eingefleischten Wandersmann ist diese Strecke vermutlich lachhaft und eher eine Aufwärmübung, für eine kniegeschädigte, ungeübte und bisweilen etwas übermütige Laiin wie mich, war es dann aber doch eine kleine Herausforderung.
Mitten in der Nacht, nach einer knappen Stunde Autofahrt, trafen wir also Gloria und Christoph am Fuße des BrogaHills. Mit Taschenlampen leuchteten wir uns, begleitet von ein paar Dutzend Einheimischen, in der folgenden Stunde unseren Aufstieg. Es hat viel Spaß gemacht, es war anstregend doch um die Uhrzeit war es für malaysische Verhältnisse fast kalt und der kräftige Wind an der Spitze des Gipfels sorgte dafür dass ich endlich einmal Gelegenheit hatte, einen meiner vielen Pullover (die ich in einer unüberlegten, Kofferpack-Panikreaktion einfach mal mit in die Tropen genommen habe und für die es logischerweise keinerlei Verwendung gibt..) tragen konnte. Der Sonnenaufgang war nicht so spektakulär wie erhofft, doch einige schöne Fotos konnten wir knipsen und lustig ist es als Gruppe sowieso immer und überall.

Nach den Strapazen unserer Bergbesteigung waren wir auch wieder Urlaubsreif. Glücklicherweise fiel das Chinesische Neujahr auf diesen Zeitraum und wir hatten einige Tage frei um das „Jahr der Ziege“ begrüßen zu können. Natascha und ich nutzten die Zeit um an unserer Bräune und Entspannung zu arbeiten, was ihr in beiden Punkten gelang, während ich mir den wohl schlimmsten Sonnenbrand meines Lebens zuzog. Während ich also im Schatten, am Rande des Dschungels, vor mich hin döste, hatte ich eine „Wildlife-Experience“.
Ein possierlicher, 2-Meter langer Leguan (vergleichbar mit diesem Exemplar), tapste nur wenige Schritte von mir entfernt aus dem Wald und kam mit Vollgas* auf mich zu. Eine Mischung aus Faszination und Panik hielt mich davon ab um meinen Schattenplatz zu kämpfen und/oder Fotos zu machen. Sein Besuch war auch nur von kurzer Dauer, erinnerte mich aber wieder einmal kurz daran dass ich in den Tropen lebe. Hin und wieder vergesse ich das noch immer.

*es war eher ein gemütliches Trotten, welches mir aber im ersten Moment unglaublich bedrohlich vorkam

Da es ohnehin unmöglich ist all die alltäglichen Freuden festzuhalten, fasse ich schnell die Highlights zusammen:
Onkel und Tante haben sich auf die weite Reise begeben und mir in meiner neuen Heimat einen Besuch abzustatten. Während ihrer Rundreise durch das schöne Malaysia legten sie also einen Wochenendsstop in Kuala Lumpur ein und wir konnten einige sehr schöne Tage miteinander genießen.
Kurz darauf ging es für die 3.+4. Klasse für drei Tage nach Port Dickson, wo  wir auf der Eagle Ranch nachts durch den Dschungel gewandert sind, Schätze gesucht haben und eine Straußenfarm besuchten. So erledigt wie nach diesen drei Tagen war ich lange nicht mehr, 24h Dauer-Verantwortung für 32 Halbwüchsige schlaucht, macht aber auch ziemlich viel Spaß.
Kaum zu fassen, dass am Freitag bereits die Osterferien losgehen – Samstag früh geht es für ein Wochenende mit Hannah nach Bangkok, ich bin gespannt. Vorher kommt für zwei Tage noch eine kulturweit-Mitfreiwillige zu Besuch und wir werden uns sicher viel zu erzählen haben.
FullSizeRender (54) FullSizeRender (56) Zwei Engel beim Grundschulfasching! BrogaHill Schild Good Morning, Broga Hill. Oh, du schönes Perhentian! FullSizeRender IMG_5219 Wild West - the Malaysian Way. Klassenfahrt! Onkel, Nichte, Tante <3 Chinese New Year Tradition

Kleine Ewigkeiten.

Ewig und drei Tage sind vergangen seit dem letzten, wirklichen Blogeintrag hier. Es scheint, als würde ich langsam die Disziplin verlieren, so auf der Hälfte meiner Zeit hier.
Ja, tatsächlich, irgendwann in den nächsten Tagen ist die erste Hälfte meines Freiwilligendienstes vorbei. Meine Gefühle dazu sind gemischt – einerseits weiß ich, wie viel ich in den vergangenen Monaten schon gelernt, gesehen und erlebt habe und wie viel mehr da noch auf mich wartet , andererseits fühle ich mich so pudelwohl dass alleine der Gedanke an meine Abreise mich traurig macht. Ja, auch schon sechs Monate zuvor.

Sehr glücklich hat mich hingegen der Besuch von Louisa gemacht – nach acht(!) langen Monaten der Trennung hat sie ihre aktuelle SüdOstAsien-Rundreise-Station in Kambotscha für 4 Tage verlassen und einen Abstecher nach KL gemacht.
Während ich am Morgen noch schnell mit 2 gigantischen Koffern, einem 55l Rucksack, zwei prallgefüllten Handtaschen und 12 (!!) Tüten in meine neue WG umgezogen bin, saß sie schon im Flieger und nur eine knappe Stunde nachdem all das Gepäck dekorativ im Flur aufgestellt wurde, stand sie schon vor der Tür.
Was für eine Freude, obwohl die Situation sich für uns beide absolut unrealistisch angefühlt hat. Das war schnell überwunden – einige Stunden Gequatsche am Pool, ein Abschiedsessen mit Kai unten im Haus. (Leider war die Freude des Tages etwas getrübt von der Tatsache das Kai nun Svenja nach Deutschland folgte und beide endgültig Kuala Lumpur verlassen haben. Ihr halbes Jahr an der Schule ist vorbei und egal dass ich mir die ganze Zeit darüber bewusst war, vermisse ich sie schon jetzt.)

Eine Stunde lang packten wir beide unser Hab und Gut aus und bezogen mein neues Zimmer, Fotos folgen mal bei Gelegenheit. Da auch Gloria&Christoph Besuch aus ihrer östereichischen Heimat hatten, ging es für die ganze Clique am Abend erst zum Höckerchen-Thai und anschließend stürzten wir uns ins Nachtleben der Changkat. Nachdem der Freitagabend für Natascha und mich dort sehr entäuschend war, wurde es eine unglaublich lustige Samstagnacht und ein träger Sonntag.
Am Nachmittag trafen Lulu, Natascha und ich uns zum Brunch in unserer Lieblingsmall, stöberten ein wenig durch Antiquitätenläden und legten einen Abendessenstop in unserem Lieblings-Sushi Restaurant ein. Glücklich und vollgefuttert ließen Lulu und ich den Abend auf dem Dach der neuen Wohnung ausklingen, genossen den Blick auf PJ/KL und sogar die Spitzen der TwinTower um todmüde ins Bett zu fallen.
Am Montag mussten wir früh raus, wir sind zusammen zur Schule gegangen – fast wie früher. Es war witzig meinen Alltag mit ihr zu teilen und dass es ihr gut gefallen hat macht mich natürlich ein wenig stolz. Zur Schule gehört natürlich auch der CobraClub (für nicht eingeweihte, dass ist die Kneipe die direkt an der Schule liegt und wo auf unregelmäßiger Basis inoffizielle Treffen des Kollegiums stattfinden.) und von dort fuhren wir heim. Der Tag versprach noch spannend und vorallem lang zu werden, darum legten wir einen kurze Pause ein und fuhren gegen 21.00 Uhr nach Bangsar, wo wir auf den Rest der Gruppe stießen und meinen absoluten Lieblingstermin des Monats wahrnahmen: Eine Jam-Session, jeden erste Montag im Monat finden sich alle möglichen verschiedenen Künstler zusammen und singen, spielen, jammen zusammen. Obwohl keinerlei musikalisches Talent in mir steckt liebe ich es zuzuhören und freue mich schon Tage vorher drauf. Vor einigen Wochen haben Natascha und ich einige der Musiker kennengelernt und dadurch ist es doppelt so schön zuzuhören.

Bereits seit Sonntag Abend wurde das Hinduistische Fest „Thaipusam“ gefeiert, durch die große indische Bevölkerung in Malaysia und auch in Singapore, wird dieses Fest auch hier riesig groß und über mehrere Tage öffentlich gefeiert. Sonntag beginnt die  „Pilgerung“ von Chinatown  bis zu den BatuCaves (circa 15km) wo dann bis Dienstag Abend die Festlichkeiten weitergehen.  Der Höhepunkt ist in der Nacht von Montag auf Dienstag, der Einzug der Gläubigen in den Tempel in den Höhlen. Über 200, recht ungünstig angelegte Treppenstufen, führt der Weg, vorbei an der riesigen goldenen Murugan Statue zum Ziel von ZEHNTAUSENDEN Pilgerern.
Das Skurrile dabei ist die Art und Weise wie die Hindus diesen Weg zurück legen. Vreinfacht lässt es sich so sagen: je mehr Schmerz jemand fühlt, desto mehr wird seine Sünde vergeben. Daher stechen sich die Gläubigen Metallstäbe durch Wangen/Lippen/Ohren, rasieren ihre Köpfe kahl, tragen Gefäße an Metallhaken in ihrer Haut zu den Tempeln oder haben Seile mit Haken an ihren Körpern befestigt an denen dann jemand zieht. Um diese physische wie psychische Belastung durchzustehen, versetzen sie sich vorher in eine Art Trance  – angeblich auf natürlichem Wege, es ist aber recht eindeutig dass dort mehr als nur natürliche Drogen eine Rolle spielen und das Ausmaß davon ist nur eins: beängstigend.
Diese Prozession findet gegen 2.00 Uhr in der früh statt und zieht sich bis in die Morgenstunden. Wir waren so ziemlich die einzigen Touristen dort bzw. zumindest begegnete uns sonst niemand der nicht indische-Wurzeln hatte, obwohl von der Schule viele Kollegen dort gewesen sind und so friedlich der Abend auch ablief, es ist ohne Zweifel ein merkwürdiges Gefühl mitten in der Nacht in dieser Menschenmasse zu stehen und Teil dieser wichtigen, religiösen Zeremonie zu sein.
Wir selbst haben nur wenige Bilder gemacht, ich verweise zum bessern Verständnis auf Google Bilder, hier ist die Vielfalt einfach am größten.
Mein neuer Mitbewohner, Vinzent, hat ein Video des Abends zusammen gestellt, sobald ich ihn um Erlaubnis gebeten habe werde ich den Link dazu posten, es ist ihm gelungen die Stimmung dort ziemlich gut einzufangen.
Denn entgegen meiner Vorstellung ist es nicht leise, nicht bedächtig sondern es ist höllisch laut, Musik tönt aus allen Lautsprecher, Lichter leuchten, am Bahnhof ist eine Art Rummel aufgebaut und die Wanderer sprechen ihre Gebete in Megaphone.
Eine abolut einzigartige Erfahrung, die sich wohl mit nichts vergleichen lässt was ich je zuvor gesehen habe.
Völlig überwältigt fielen wir am frühen Morgen ins Bett, nach knappen 24h Stunden auf den Beinen.

Gegen Mittag krochen wir aus den Federn, kochten uns ein unglaublich leckeres Frühstück und fuhren in die Stadt. Sightseeing muss schließlich sein, wenn auch in abgespeckter Variante: Central Market, Nationalmoschee, PetronaTowers und anschließend noch eine leckere Pizza zum Abschied. Um 4.00 Uhr heute morgen hieß es dann mal wieder Abschied nehmen, etwas woran ich mich schon fast gewöhnt habe da hier nichts und niemand für immer bleibt.
Doch mit Louisa wird es ein Wiedersehen geben, auf absehbare Zeit und ich freue mich schon drauf.

Nun ist es Zeit den verpassten Schlaf der letzten Tage nachzuholen – anbei noch einige Bilder der letzten Tage.

Beim Besuch der Nationalmoschee
Beim Besuch der Nationalmoschee
Vom Winde verweht.
Vom Winde verweht.
Milchtöpfe auf Kopf.
Milchtöpfe auf Kopf.

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Völlig weggetretene, leere Blicke.
Völlig weggetretene, leere Blicke.

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Ins Fettnäpfchen getreten. Mit Sandalen.

Samstag. 6:45 Uhr, der Wecker klingelt. Ich verfluchte mich selbst dafür, unserem 1-Tages-Roadtrip nach Ipoh*
zugestimmt zu haben. Irgendwo, tief unter der Müdigkeit vergraben, schlummerte jedoch auch eine riesige Freude darüber, dass die Tante meines Mitbewohners uns zu ihr eingeladen hat und wir den Tag in Ipoh verbringen würden.
Nover, offensichtlich ein echter Kenner malayischer Straßen sagte, Ipoh sei nur etwa 90 Minuten nördlich von KL. Das überraschte mich, da auf der Karte die Entfernung doch etwas größer schien. Die Karte sollte Recht behalten: knapp drei Stunden später parkten wir, einigermaßen pünktlich, vor dem Haus und wurden von seiner Tante, drei Cousins und drei überaus bissigen Hunden in Empfang genommen. Die Verspätung wurde uns nicht übel genommen, man scheint in der Familie daran gewohnt zu sein.
Mein erster Besuch bei Einheimischen und natürlich trampelte ich gleich ins Fettnäpfchen. Im wahrsten Sinne des Wortes.  Mit Sandalen an den Füßen betrat ich die Vorhalle des Hauses. Prinzipiell wäre das kein Problem gewesen, es war eher eine Art Übergang zwischen Garten und Wohnhaus, indem auch gegessen wird, aber … Nachdem wir bereits eine halbe Stunde dort waren, die Familie sich nett unterhielt und ich, dank mangelnder Indisch-Kentnissen, freundlich lächelte und nickte wann immer es angemessen erschien, schaute mich Nadia erschrocken an: „Hast du etwa deine Schuhe noch an?“ Offensichtlich eine rethorische Frage, trotzdem nickte ich stumm, während ich nur dachte: „Oh shit, da hast du wohl richtig was falsch gemacht.“
In der Tat. Gemeinsam hatten wir bereits den kleinen Altar bewundert und ohne es zu bemerken, stand ich nun mit Schuhen im Gebetsraum der Familie und schändete die Heiligkeit des Raumes.
Dies war zwar nicht meine Absicht gewesen, änderte jedoch an der Tatsache herzlich wenig. Dankbar für die Entscheidung ein langes Kleid zu tragen, mache ich mich ein paar Zentimeter kleiner, das Kleid ein paar Zentimeter länger und schlich mich aus dem Raum. Ohne Schuhe und mit einem schlechten Gewissen kehrte ich zurück und „Aunty“ wird wohl hoffentlich nie von der Entweihung des Raumes erfahren. Grad nochmal gut gegangen.
Nach dem Mittagessen gingen wir gemeinsam einkaufen und kehrten für eine kurze Entspannungspause mit Kuchen und O-Saft zurück. Nover, verschwand „kurz“ um seinen Onkel abzuholen und ließ Nadia und mich zurück. Zwei Stunden später wurden wir etwas ungeduldig, da Nadia sich auf Bahasa zwar einigermaßen verständigen konnte, jedoch nicht genug um 120 Minuten zu überbrücken. Im Schlepptau hatte er dann keinen Onkel aber seinen Cousin, der Nadia und mir die Stadt zeigen würde, während Nover eine Hochzeit besuchte. Sein Cousin ist nicht der gesprächigste Zeitgenosse was bei Labertaschen wie Nadia und mir durchaus unangenehm werden kann. Für ihn.
Im Laufe des Abends taute er richtig auf und es stellte sich raus, dass er in KL studiert hatte und gar nicht weit von unserer Wohnung lebte.
Soweit so gut, wir stiegen also ins Auto und guckten uns Ipoh an. Eine Stadt die gefällt, viel ruhiger als Kuala Lumpur, entspannte Autofahrer und alle Gebäude sind eine Nummer kleiner. Optisch liegt die Stadt irgendwo zwischen Bruchbuden, modernen Malls und schöner Altstadt. Die Atmosphäre der Stadt hat mich fasziniert. Alles wirkt entspannt, authentisch und es gibt viel zu entdecken. Nach Einbruch der Dunkelheit fuhren wir zur „Riverfront“, einer am Fluss liegenden Promenade mit kleinen Läden, Restaurants und vorallem bunt beleuchteten Bäumen, Brücken und Lampions. Eine wunderschöne Kulisse und ebenfalls unglaublich ruhig. Würde man einen solchen Ort in Europa besuchen, wäre es brechend voll, Musik und Stimmengewirr wären deutlich zu hören. Natürlich, auch das hat seinen Charme, aber die Stille machte für mich das Besondere der Riverfront aus. Gegen Mitternacht machten wir uns auf den Heimweg, ich persönlich in der Gewissheit, dass es nicht mein letzter Besuch in Ipoh war und ich auch versuchen werde, allen Besuchern diese Stadt zu zeigen.

Am Sonntag begann der Tag etwas langsamer und mit Spaghetti zum Frühstück, da in unserer Küche sonst nicht besonders viel zu finden und es ohnehin schon 12Uhr30 war. Kurze Zeit später trafen wir Assistenten der DSKL uns in Asia Jaya, unserer LRT-Station und fuhren gemeinsam zum Central Market. Obwohl noch kein Monat seit meiner Ankunft vergangen ist, war ich bereits zwei mal dort und liebe diesen Ort. Der Markt befindet sich in einem hübschen, alten Gebäude und verteilt sich auf zwei Stockwerke. Es ist kein klassischer Markt, die meisten Stände sind dauerhaft dort, man kann (und sollte) jedoch handeln wie auf dem normalen Baazaar. In den indischen, chinesischen und malaisischen Teilen, taucht man in andere Welten ab, umgeben von wunderschönen Stoffen, hölzernen Masken, schlecht gefälschten Uhren und liebevoll gemalten Bildern. Gefunden haben wir, unter anderem, in Malaysia gefertigte Handtaschen zum selber bauen. Fühlen sich an wie ein harter, kratziger Teppich, sind aber irgendwie cool.
Ein ähnlich faszinierender Ort ist der wöchentliche Foodmarket um die Ecke, ein bunter Mix verschiedenster Küchen und Geschmäckern. Jedesmal wünschte ich riechen zu können, wie sich der Geruch der Gewürze mit dem von gegrilltem Huhn und frisch gebackenem Apam Balaik (Maiskuchen, mit Nüssen gefüllt) vermischt. Am Montag ist es hier von Einbruch der Dämmerung bis zum späten Abend brechend voll, viele Leute kaufen Fisch, Obst und andere Zutaten für die ganze Woche ein. Auch wir konnten einen Fisch erstehen, den wir nach allen Regeln der Kunst auseinander nehmen und zubereiten werden. (Wozu hat man schließlich sonst eine ausgebildete Köchin in der WG..)

Es gibt so viele Dinge, die ich erlebe und gerne erzählen, zeigen und teilen möchte, es ist unmöglich alles hier rein zu packen. Ich würde gerne von meinen tollen Kollegen erzählen, den anderen Assistenten der DSKL: Salome, Kai, Gloria, Svenja und Nelly. Und auch von den Lehrern und Schülern, die dafür sorgen dass ich mich hier sehr wohl fühle. Von den vielen Details die diese „andere Welt“ komplett machen und das, obwohl ich noch weit davon entfernt bin, so richtig angekommen zu sein. So geht es wohl fast allen Freiwilligen, zumindest meine ich es aus vielen Nachrichten und Blogs herauslesen zu können. Blogs, die ich wahnsinnig gerne lese und auf die ich von heute an immer mal hinweisen werde. Jakob hat dieses Gefühl von der Fremde, die trotzdem nicht so richtig fremd ist, wunderbar in diesem Blogeintrag beschrieben: https://kulturweit.blog/mongofaber/2014/09/18/alles-gleich/
Herzlich gelacht habe ich über die Berichte von Roman aus Russland (https://kulturweit.blog/russlandroman/2014/09/17/schnelldurchlauf/) , habe mich gefreut über Tonis Berichte aus Argentinien (https://kulturweit.blog/selbstgespraeche/) und Pattys Fotos aus Polen( https://kulturweit.blog/pattyinpolen/) und  Thores Bildern aus China! (https://kulturweit.blog/thore/)

Bleibt sauber.

Ein paar Schnappschüsse, eher niedrige Qualität aber für mehr reicht die Geduld nicht.

Die Kulisse kann man mit der Kamera unmöglich einfangen. Geschmackvolle und dezente Dekoration für den MalaysiaDay.

Erst essen, dann zahlen. Die Stäbchen sind mit Farben gekennzeichnet, die die Preise anzeigen.

DIY Handtasche