17 – viel Kultur und ein kultivierter Kurzhaarschnitt

In Weihnachtsferienwoche zwei treibe ich mich mit Annabell in der Stadt herum. Wir flüchteten vor der beißenden Kälte ins Nationalmuseum und sahen eine Menge Totenköpfe aus den weit zurückreichenden Besiedlungsphasen des Landes. Außerdem Schmuck aus verschiedenen Epochen, ein bisschen verspielt schnörkelig und minimalistisch, wunderschön. Die Halle mit einer temporären Ausstellung zur Geschichte der Sowjetischen Besetzung, vermittelt heftige Eindrücke und spricht so viel mehr Details, Daten und Personen an, als ich bisher dazu gefunden oder aufgeschnappt habe. Dann ins Kunstmuseum, zu einer Ausstellung vom Realisten Gigo Gabashvili mit Bildern, wie ‚Basar in Samarkand‘, was einem*r gleich Lust gibt in den nächsten Zug zu steigen.

Irgendwann Philosophieren um Mitternacht im Schneidersitz auf dem WG-Boden.

Ich mache einen Friseurbesuch und muss Surab, seines Zeichens Gewinner zahlreicher Scherenpreise, erst überreden mir eine Kurzhaarfrisur zu schneiden. Und er hat wirklich ziemlich viel abgeschnitten!

Am Sonntag fahren wir zu dritt nach Gori, in die Geburtsstadt Stalins und sehen uns dessen Museum an. Sehr eindrucksvoll, erdrückende Propaganda, sein original Eisenbahnwaggon und ein bisschen skurril, unter der Treppe, eine kleine Kammer zur kritischen Betrachtung.

In der Stadt folgen uns die Straßenhunde, wer weiß – vielleicht Stalins Geist? Dann noch eine Festung, wieder mal genialste Aussicht, verrückte Wolken und Bergrücken mit Wald und Schnee.

 

 

 

 

Das lustigste war die Fahrt. In eine sehr kleinen Marschrutka gezwängt, machten wir Bekanntschaft mit ein paar Georgier*innen, von denen zwei verheiratet waren. Sie stellten sich als genauso alt wie wir heraus. Vor der Verlobung mit dem Dritten und einer von uns, mussten wir leider aussteigen.

Zurück in Tbilissi gönnten wir uns ein Abendessen in der Fabrika und kamen hinterher schon wieder so ins Ratschen, bis irgendwann draußen das Feuerwerk los ging und der Kerl an der Bar erklärte: ‚jetzt haben wir Neues Altes Jahr!‘.

Ich begann meine nächste Woche wie die erste, während meine beiden Mitbewohnerinnen wieder arbeiten mussten. Unausgelastet, wie ich war, erschien mir das kommenden langen Wochenende wie gemacht für einen Kurztrip nach Jerewan. Meine Mitbewohnerinnen waren schnell dabei, auch weil es die letzte Chance auf einen größeren gemeinsamen Ausflug war und die Fahrt dahin, mit dem „Nachtzug nach Jerewan“ so verheißungsvoll klang.

1 Comment

  1. Sigrid Ehrmann

    Liebe Carla,
    dein Blog ist wirklich sehr, sehr lesenswert. Ich habe letztes Jahr ein Buch von Nina Haratischwilli gelesen, http://www.spiegel.de/kultur/literatur/nino-haratischwili-das-achte-leben-fuer-brilka-a-994979.html
    das in Georgien spielt und habe seitdem Lust auch mal dort hin zu reisen – dein Blog tut sein übriges 🙂
    Sag mal, dürfen wir Deinen Blog auf unserer Facebook Seite, als Beispiel für ein tolles Freiwilligenjahr, posten?
    Oder ist Dir das eher unangenehm und es soll intern bleiben?
    Liebe Grüße
    Sigrid und auch von Anke, die derzeit mit dem kleinen Simon (geboren 4.10.17) in Elternzeit ist

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