Die kleine Ricarda in der großen Metropole …

Ein »kulturweit« Blog

paraguas = Regenschirm 28. September 2010

Filed under: Allgemein — Ricarda Reinsch @ 23:15

Ich hab ein neues Wort gelernt, dank des ersten Regens in Buenos Aires, den ich erlebe. Erst hatte ich mich gewundert, warum ein Mann, der vor meiner Schule stand, irgendwas von „para agua“ (wörtlich: für Wasser) redete – er kann doch gleich das richtige Wort für „Regenschirm“ sagen, damit ich es lerne – bis ich verstand, dass „paraguas“ tatsächlich „Regenschirm“ bedeutet… =) Er erklärte mir, wo ich den nächsten Laden mit Regenschirmen finden konnte und 2 Minuten später stolzierte ich Stolz mit meiner neuen Errungenschaft herum (ein schwarzer Knirps mit einem süßen gebogenen Holzgriff).

Na gut, es gibt aber noch spannendere Dinge zu berichten…

Beispielsweise von Freitag, wo ich mir das erste Mal etwas Sehenswertes von der Stadt angeschaut habe. Als ich von der U-Bahn-Station „Plaza de Mayo“ aufstieg, um mich mit ein paar Leuten zu treffen, merkte ich plötzlich „Wow, hier sieht es ja ganz anders aus!“ Ja, der Plaza de Mayo ist wirklich schön: Er ist riesig, in seiner Mitte kleinere Grünflächen und Palmen, um ihn herum (außer dem Verkehr, der hier nicht mehr wegzudenken ist) große antike Gebäude und an seiner „Stirnseite“ natürlich das „Casa Rosada“ – das rosafarbene Regierungsgebäude von Buenos Aires. Von ihm aus sind wir durch das hübsche und nicht ganz so laute San Telmo mit seinen süßen Kopfstein gepflasterten Straßen nach La Boca gegangen. La Boca ist wirklich ein sehr armes Viertel mit ziemlich heruntergekommenen Häusern und einer Aura, die einem sagt, dass man hier nachts lieber nicht alleine sein sollte. Aber die berühmten niedlichen Straßen mit den knallbunten Häusern sind wirklich schön, wenn auch sehr touristisch. Ein Café nach dem anderen säumt die Straßen, in denen es von Tangotänzern, die ihr Können zum Besten geben, nur so wimmelt.

Samstag meinte meine Zimmer-Mitbewohnerin Paoloa, wir können doch etwas zusammen unternehmen, zum Beispiel zum Plaza de Francia gehen…? Also schlenderten wir los, doch auf dem Weg hatte sie plötzlich eine „viel bessere“ Idee: Bingo! (Im wahrsten Sinne des Wortes…) Also hielten wir kurz darauf mit dem Taxi (sie hatte keine Lust den Weg zu suchen) vor einer Halle mit den Mega-Lettern BINGO. Ich muss sagen, ich war schon sehr amüsiert! Wir betraten bei strahlendem Sonnenschein eine riesige Spielhölle äh -halle mit 1000 bunten Lichtern und alten Leuten. Wir setzten uns an einen Tisch mit 4 netten qualmenden alten Damen und kauften uns Zettelchen mit Zahlen in Kästchen – und schon ging der Spaß los: Eine hallende Männerstimme füllte den Raum mit Zahlwörtern und ich musste mich anstrengen hinterherzukommen, da ich 1. nicht mehr genau wusste, wie das Spiel funktionierte und 2. die Zahlen natürlich auf Spanisch gesagt wurden und diese mir noch nicht ganz so gängig wie die deutschen sind. Es ging dann aber ganz gut und ich bin zweimal nur sehr knapp an dem Jackpot von etwa 48o Peso (ca. 100 Euro) vorbeigerauscht. Lustig war es so oder so, besonders wenn ich mir Paola ansah, die das ganze relativ ernst zu nehmen schien… =) Auf dem Rückweg hatte sie aber etwas zu lachen, als ich in voller „Fahrt“ mit dem Kopf gegen die Glasscheibe der Tür knallte, von der ich dachte sie sei offen…

Zuhause angekommen meinte ich, ich hätte Lust einen leckeren Kuchen aus der Heimat zu backen – was damit endete, dass wir eine Fertigmischung und 3 Eier mit einer Gabel verührten (der Mixer war kaputt). Das Ergebnis goss sie in einen flachen Topf und stellte diesen auf den Herd, da es etwas kompliziert ist den Gas-Backofen anzuschmeißen und sie meinte, dass das so schon funktionieren würde… Und wieder meiner Erwarten ist der Kuchen wirklich etwas geworden! Durch die 2 großzügig dicken Schichten „dulce de leche“ ist er für meinen Geschmack nur etwas süß geraten… Dieses karamellartige Zeug ist zwar eigentlich lecker, nur wird es ständig in allen Formen und Varianten gegessen: In „Alfajores“ (Kekse), als Pudding, zu etwas (dessen Namen ich vergessen habe), das so ähnlich ist wie Eierkuchen, in Torten, sogar pur! Obwohl (oder gerade weil?) ich noch nicht so lange hier bin, könnte ich auch mal einen Tag ohne ihm auskommen… =)

Sonntagfrüh wurde ich von wunderbaren argentinischen Schlagern geweckt, die dank meiner Mitbewohnerin lauthals durch den Fernseher in mein Ohr drangen – wer wünscht sich schon nicht solch süßes Erwachen? Es folgten das „Dschungelbuch“ und „La Mujer Gato“ („CatWoman“) – und ich floh nach draußen in einen wunderschönen Frühlingstag. Ich ging in eine süße Kirche zum Gottesdienst, bei dem ich zwar nicht viel verstand, der aber trotzdem sehr schön war. Den Rest des Vormittages lag ich in einem nahen Park und genoss die warmen Sonnenstrahlen unter Palmen.

Am späten Nachmittag war ich beim „Festival de Jazz“, das in verschiedenen U-Bahn-Stationen statt fand. Es war total cool, das Ambiente, die Musik, die Leute… Am Ende kam richtige Stimmung auf und hunderte Menschen tanzten in einer niedrigen, dreckigen U-Bahn-Station mit Neonlicht – echt witzig! Auf dem Rückweg trafen wir eine überaus extrovertierte junge Frau und kamen auf dem Weg zu einem Club (in dem wir aus Paltzgründen nicht reinkamen) auf die Idee, eine kleine Jazz-/Swing-/?-Musikgruppe zu gründen: Gesang, Klavier und Cello – fehlt nur noch ein Cello für mich =) Naja, mal sehen, ob etwas daraus wird… Toll wär´s auf jeden Fall!

Hui, jetzt ist das Ganze doch wieder etwas lang geworden. Dabei habe ich diesmal nicht einmal etwas über meine Arbeit in der Schule geschrieben! Das folgt dann beim nächsten Bericht… Jetzt freue ich mich erstmal darüber, dass die Sonne wieder rausgekommen ist und ich meinen neuen Regenschirm vorerst in die Ecke legen kann…

 

Meine ersten Tage in Buenos Aires 24. September 2010

Filed under: Allgemein — Ricarda Reinsch @ 00:59

Juhu, ich habe durchgehend Internet in meinem Zimmer – eine kleine Sensation!

Aber nun von vorne, das ist ja schließlich mein erster Bericht aus BUENOS AIRES!

Angefangen hat alles mit Verspätung – mein Flugzeug letzten Freitag ist fast 1,5 Stunden zu spät von Berlin abgehoben (gegen 20.45 Uhr). Das wäre ja nicht so schlimm gewesen, wenn ich in Madrid nicht hätte umsteigen müssen. So hatte ich auf diesem riesigen Flughafen nur 45 Minuten Zeit, um mein Gate zu finden aber zum Glück ist nach etwas Stress alles gut gegangen. Im Flugzeug selbst wurden beim Gespräch mit meinem argentinischen Sitznachbar meine Spanischkenntnisse auf eine erste Probe gestellt. Es ging sogar ganz gut! 🙂 Samstagfrüh hat mich dann meine Mentorin Monika vom Flughafen abgeholt und zu der WG gefahren, in der ich in einem Doppelzimmer wohnen sollte. Dummerweise öffneten uns aber beim Klingeln nur fragende Augen – es war gar kein Bett für mich frei! Beim Telefonat von Monika und meinem Vermieter kam heraus, dass ich erst einmal in eine andere WG von ihm ziehen kann, bis die erste zum Monatsende frei wird.

Auf den Schrecken sind Monika, Ylva (eine andere Freiwillige, die auch in Buenos Aires ist) und ich erst einmal durch die Stadt gegangen und haben Kaffee getrunken. Buenos Aires ist echt der Wahnsinn! Die Straßen und Bürgersteige sind so voll, die Autos hupen und die Menschen hetzten durch die in „quadras“ (quadratische Blöcke aus meist hohen Gebäuden) aufgeteilten Viertel. Aber irgendwie finde ich genau das total faszinierend, obwohl ich gar nicht so ein „Großstadt-Typ“ bin. Es gibt so viele Läden, Kioske, (peruanische) Straßenhändler und, und, und… Ach und natürlich die schwarz-gelben Taxis, die in Scharen durch die Straßen fahren (reimt sich sogar 🙂 ). Ich bin auch schon in den Genuss einer solchen Fahrt mit einem sehr interessierten Taxifahrer gekommen. Allgemein sind die Menschen hier sehr aufgeschlossen und erstaunt, wenn ich ihnen erzähle, warum und wie lange ich hier bin. Es herrscht eine ganz andere Atmosphäre: Die Leute sind viel freundlicher und persönlicher als in Deutschland. An meinem ersten Abeitstag in der Schule zum Beispiel, war es selbstverständlich, dass mir alle Kollegen zur Begrüßung ein Küsschen gaben mit den Worten „Hola! Cómo andás?“ (Hey, wie geht´s?).

Und da bin ich auch schon bei der Schule. Abgesehen davon, dass das Gebäude für mich bisher noch ein riesiges Labyrinth darstellt, macht es echt Spaß! Am Montag wurde ich erstmal durch die Räume geführt und den Lehrern und Klassen vorgestellt. Dienstag hatte ich dann gleich erstmal frei, da es der „Tag der Studenten“ war. Als ich an der philosophischen Fakultät (die in meinem Viertel ist) vorbeigekommen bin, wurde ich von einer Studentenmenge überrascht, die es sich mitten auf der Straße mit ihren „Tisch-Stühlen“ bequem gemacht hatten. Das war so eine Art Streik – echt witzig!

Später, als ich zu einem Treffen mit anderen Freiwilligen gegangen bin, hab ich mich gewundert, warum so viele Leute mit Blumen durch die Straßen laufen. In der Bar wurde ich dann aufgeklärt, als ein Mann mir einen „Feliz Primavera“ (Fröhlichen Frühling) wünschte – es war Frühlingsanfang!! Von meiner Zimmernachbarin habe ich am nächsten Tag auch eine wunderschön blinkende Plastikblume geschenkt bekommen… 🙂

Gestern war dann mein erster „richtiger“ Arbeitstag. Meine Aufgaben sehen so aus: Die meisten Klassen (ab 8. Klasse aufwärts) soll ich auf die jeweilige mündliche Deutsch-Prüfung vorbereiten, in dem ich mit einzelnen Schülern während des Unterrichts rausgehe und ein bisschen mit ihnen über ihren Alltag, ihre Familie, Hobbies, etc. spreche. Mit der 12. Klasse versuche ich eine moderne und kömidiantische Fassung von „Aschenbrödel“ für den „Tag der Familie“ (so etwas wie der Tag der Offenen Tür) einzustudieren. Mal sehen was daraus wird 🙂 Heute Nachmittag hab ich in Kleingruppen angefangen, die 11. Klassen auf ihre Deutschlandreise im Januar vorzubereiten, in dem ich mit ihnen über Höflichkeitsfloskeln, knifflige Situationen und Alltagsgewohnheiten in ihren deutschen Gastfamilien gesprochen habe. Die Mädels und Jungs waren total süß und schon voller Vorfreude auf ihre Fahrt nach Stuttgart, das hat echt Spaß gemacht!

Wenn ich dann „zu Hause“ ankomme, schaue ich meistens erstmal nach geeigneten Sprachkursen – das argentinische Spanisch ist doch ein ganzes Stück schwerer zu verstehen als das klassische „Castellano“. Besonders mein Vermieter redet so wahnsinnig schnell und „argentinisch“, dass ich meistens nur sagen kann: „No caso una“, was so viel bedeutet wie: „Ich versteh überhaupt gar nichts.“ 🙂 Aber ich hab das Gefühl, dass ich langsam wenigstens ein bisschen in die Sprache reinkomme, auch wenn es bis zur flüssigen Verständigung noch ein sehr sehr sehr langer Weg sein wird…

Gut, das war´s fürs erste – ich freu mich schon auf morgen, wenn ich wieder mit den Schülern ein bisschen deutsch sprechen kann 🙂

 

 
Zur Werkzeugleiste springen