Ein Spaziergang durch eine sterbende Straße

Der Stadtumbau der Eriwaner Innenstadt folgt zweifelhaften Prioritäten: Beton statt Tuffstein. Bausünden statt Belle Époque. Investoren statt Anwohner.

In ihrem Urteil über die als Stadtumbau getarnte Zerstörung der historischen Altstadt Eriwans stimmen die meisten Beobachter schnell überein. Die zentrale Northern Avenue, die die Oper und den Republikplatz verbindet ist in den Augen von Einheimischen wie Touristen eine ästhetische Katastrophe. Die nur scheinbatr naheliegende Frage, wer in den gigantischen Betongerippen einmal wohnen und einkaufen soll, hat wahrscheinlich tatsächlich niemand für entscheidend gehalten. Manchmal geben für Städteplaner eben andere Argumente den Ausschlag; und so genau will man das hier besser gar nicht wissen.

Quadratisch, praktisch, unsozial

NeubauAber nur einen Steinwurf entfernt von der augenscheinlichsten Bausünde der Stadt geht der Wahnsinn weiter. Die Buzand-Straße ist eine eher unauffällige Seitenstraße im Zentrum. Hinter einem Bauzaun entsteht auf der rechten Seite ein zehnstöckiger Betonturm. Wenn man den Blick etwas schweifen lässt, kann man sich vorstellen, wie der phantasielose Kasten aussehen wird, sobald er gelb angestrichen und mit Doppelglasscheiben ausgestattet ist. Irgendwann gewöhnt man sich vielleicht auch an großflächiges Apricot. Kaum erträglich sind allerdings all die menschenleeren Fensterhöhlen.

Die hölzernen Balkone sind alle verschwunden

Die gegenüberliegende Straßensteite erzählt eine ganz andere Geschichte. Gemauerte zweistöckige Wohnhäuser. Viel schwarzer Tuff. Die meisten Häuser schwer zugerichtet. Oft steht nur noch die Fassade. Ohne die Touristen-Informationstafel am Ende der Straße, würde man nur schwer erahnen, wo man sich befindet: „A main feature of 19th century Yerevan was the creation of the Astafi District. […] The streets were flanked by beautiful stone houses with elaborate carvings […]. The houses madeof finely hewn tufa stone and had wooden balconies on the upper floors“.

Und dann der entscheidende Satz: „This and other houses, from Yerevan’s ‚Belle Époque‘ face demolition to make way for a shopping mall that will complete the replacement of the historic district begun in the 1960s“.

Auch für die Buzand-Straße tickt die Uhr

Tuff-VillaEin Spaziergang durch die kurze Buzand-Straße offenbart eine Altstadt in den letzten Atemzügen. Ein paar Häuser sind noch bewohnt. Manche Familien haben sogar Protest-Banner aus dem Fenster gehängt. Einige gut erhaltene Fassaden werden den Umbau so wie in anderen Straßen möglicherweise überstehen. Aber all das täuscht nicht darüber hinweg, dass das Stadtbild längst von Neubauten geprägt ist. Die Buzand-Straße hatte einfach eine längere Gnadenfrist.

Der Journalist Rainer Schulze hatte sich dieses Themas bereits am 04.01.2011 in der FAZ angenommen und den Text „Eriwan 21“ veröffentlicht, in dem er sich vor allem für die engagierten Anwohner interessiert. Auf den Artikel sei an dieser Stelle ausdrücklich verwiesen.

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Auf der Jagd nach dem Wind

Warum Kameramann kein Beruf aus dem Märchen ist.

Alik will heute den Wind einfangen. Aber der Wind will nicht so wie er soll. Alik ist 21 und arbeitet an seiner Diplomarbeit an der Filmhochschule. Jetzt renne ich mit ihm, seinem besten Freund David und einem geliehenen Camcorder durch die Innenstatdt. „Heute morgen war der Wind so gut. Ich dachte, da finden ich bestimmt etwas Interessantes“, meint er zu mir. Irgendwie hatte ich mir das mit dem Drehtag anders vorgestellt.

KameramannIn einem kleinen Grünstreifen bei der Oper entdecken wir dann schließlich ein paar Platanenzweige, die sich im Wind wiegen. Alik zoomt ganz nah heran, schraubt minutenlang am Stativ und den optischen Einstellungen herum und freut sich dann kindisch: „Seht mal, seht mal, wie eine Zeichnung“. Langsam beginne ich zu verstehen, was für einen Kameramann an einem mittelmäßig windigen Tag so interessant sein soll.

Am liebsten würde Alik später Tierfilme drehen und interessante Landschaften fotografieren. Dass er das in Armenien nicht tun kann, davon ist er überzeugt. Das Fernsehen bezahlt schlecht und die meisten Kameramänner filmen am Wochenende Hochzeiten. Große, verschwenderische Hochzeiten in einer kaputten Stadt voller falscher Pracht. Ein trauriger Job für jemanden, der eigentlich Kunst machen möchte.

Drei Stunden später. Der Wind hat inzwischen völlig nachgelassen und ist strömendem Regen gewichen. Wir haben Luftballons, Baumrinde und eine verspiegelte Häuserfassade gefilmt und dabei hundertmal die Ausstattung der Universitäten zur Hölle gewünscht: „Ja, das Stativ wackelt, das ist scheiße, aber scheiße ist bei uns normal“. Am Ende des ersten von vielleicht fünfzehn Drehtagen wünsche ich mir, Alik möge es schaffen, den Wind zu fangen an und darauf fort zu reiten – ganz so wie in den orientalischen Märchen.

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Sonntags im Zoo

Ein Wochenendausflug in den Eriwaner Zoo zeigt, was in diesem Land noch nicht in Ordnung ist.

Tiger

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe/ so müd geworden, dass er nichts mehr hält./ Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe/ und hinter tausend Stäben keine Welt. Als Rainer Maria Rilke im November 1902 im Jardin des Plantes in Paris einen Panther beobachtete, über den er später diese traurigen Zeilen schrieb, hatten Tiergärten wohl andere Prioritäten als Tierschutz und artgerechte Haltung. Heute müssen Zoos sich gute Antworten auf kritische Fragen nach dem wie und warum der Käfighaltung von Wildtieren einfallen lassen. Das verlangt in jedem Fall Einsicht, Fachkenntnisse und nicht zuletzt Geld. Weil all das im Armenien der 2010er Jahre aber an vielen Stellen des öffentlichen Lebens fehlt, sieht der Eriwaner Zoo so aus, wie ich ihn heute gesehen habe.

Blick über das Zoogelände

Blick über das Zoogelände

Der Eintritt am anachronistisch monumentalen Eingang des Parks kostet umgerechnet weniger als einen Euro. Der Zustand der Käfige und Gehege erscheint schon auf den ersten Blick heruntergekommen. Die Tiere leben fast alle in dunklen, engen Verschlägen. Manche streifen wie Rilkes Panther unablässing an den Gittern entlang, andere hocken lethargisch da. Zu den Bewohnern der Anlage gehören ein Löwe, ein alter Tiger und ein paar Bären. Außerdem gibt es Kamele, Pferde, Ziegen und einen Bullen. Natürlich geht es nicht allen Tieren schlecht, und sicher bin ich kein Experte; aber es gibt Probleme, die erkennt leider jeder einmalige Besucher.

AffeTrotz des Winterwetters sind ein paar Familien unterwegs. Der Eisstand ist geschlossen. Karussell fahren macht zu dieser Jahreszeit keinen Spaß. Nur der Tierpfleger singt, während er die Tiere füttert. Ich bin früher liebend gerne in den Zoo gegangen. Ich erinnere mich gut an das Eisbärengehege, an das Affenhaus und eine Brutstation für Hühnereier. Es ist schwierig, sich vorzustellen, woran sich armenische Kinder in 10 Jahren erinnern werden.

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„Völkerrechtlich nicht anerkannt“

Weil es nur ein bisschen gefährlich ist, war ich Ende Januar für drei Tage in Bergkarabach. Dort traf ich auf Winterwetter, Geschichtsvergessenheit und viele freundliche Menschen.

Karabach im WinterDie Republik Bergkarabach ist eigentlich gar kein Land, nicht so richtig zumindest. Die zwischen Armenien und Aserbaidschan gelegene Region hat zwar eine eine eigene Flagge, ein eigene Regierung und auch sonst fast alles, was ein richtiger Staat so braucht. Aber weil kein anderes Land der Welt den mehrheitlich von Armeniern bewohnten Landstrich anerkennt, ist das mit der Unabhängigkeitserklärung von 1991 so eine Sache.

Schön ist es in der Hauptstadt Stepanakert trotzdem. Knapp 60 000 Menschen leben in dem verschlafenen Ort. Touristen gibt es außer mir keine an diesem verschneiten Samstagmorgen im Januar. Als ich im Außenministerium mein Visum beantrage, warte ich eine halbe Stunde beim Pförtner, der Zeichentrikserien für Kinder schaut und nicht glauben kann, wie hoch die Mieten im sechs Kleinbusstunden entfernten Yerevan sind.

Das kleine historische Museum zeigt die Geschichte der jahrhundertelang von Armeniern und Aserbaidschanern bewohnten Region so plump einseitig, dass es mir fast ein bisschen peinlich ist für die junge Frau, die mir in perfektem Englisch erklärt, dass im Grunde schon die Neandertaler hier Armenier gewesen seien. Die verlassene Moschee im Nachbarort Shushi ist ein kaum zu übersehender Beleg für die im Museum eventuell vergessenen Aspekte der Geschichte KarabachsKarussell.

Zwischen 1988 und 1994, als gerade die Sowjetunion auseinander brach, führten die Nachbarländer Aserbaidschan und Armenien Krieg um das kleine gebirgige Land. Seither herrscht Waffenstillstand; der Konflikt ist seit mehr als 15 Jahren ungelöst. Und so ganz kann ich all das nicht vergessen an diesem Wochenende. Vielleicht fallen mir auch deshalb die jungen Männer in Uniform und die Panzer im Fernsehen besonders auf.

NardiWirklich gefreut habe ich mich über aufrichtige Gastfreundschaft allerorts. Gleich am ersten Abend lande ich in einem Billardclub namens „Senyores“, in dem ein gutes Dutzend Männer jeden Alters Tee trinkend die Zeit totschlägt. Alle kennen sich und nach den ersten fünf Minuten der Verwunderung über den Fremden behandelt man auch mich wie einen alten Freund. Später, als man für mich dann auch noch den Cognac öffnet, fühlt sich das an wie ein Ritterschlag.

Und auch am zweiten Tag werde ich von einer ähnlich bunt zusammengesetzten Männerrunde zum Schachspiel eingeladen.

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Filmfestival für Kinder und Jugendliche

Filmfestival Header

Geschichten über Freundschaft und andere Abenteuer. – Unter diesem Motto werden in den nächsten beiden Wochen in der Chnko-Aper-Kinderbibliothek in Eriwan sechs deutschsprachige Filme für Kinder und Jugendliche verschiedenen Alters zu sehen sein.

Organisiert wird die Veranstaltung von den sieben „kulturweit“-Freiwilligen an DSD-Schulen in Armenien in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut Tiflis und dem Deutschen Lesesaal Eriwan.

Aktuelle Berichte zu allen Veranstaltungstagen sowie – von Schülern erstellt – eine Festivalzeitung und einen Podcast wird es nach und nach auf unserer Internetseite geben.

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Top 100 International Exchange & Experience Blogs 2011

The results for the IX11 are in. Out of the 220 participating blogs you made the top 100 list. Congratulations on behalf of the bab.la team and Lexiophiles! You have managed to captivate a large number of people which enjoy your stories and experiences.

IX11 - Top 100 International Exchange and Experience Blogs 2011

Viele spannende Blogs über Auslandsaufenthalte junger Menschen überall auf der Welt hier.

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Essen, Essen, überall Essen!

Nach zwei Wochen enden die armenischen Feiern zum Jahreswechsel

Wenn sich in der Nacht vom 31. Dezember zum 1. Januar um Schlag zwölf Uhr wildfremde Menschen um den Hals fallen, Feuerwerk den Himmel erleuchtet und fast alle schwer betrunken sind, sind die Feiertage in Deutschland schon fast vorbei. In Armenien geht es dann erst richtig los.

Neujahrsessen

Schnorhavor nor dari – Frohes neues Jahr

Die letzten Tage des Jahres nutzen Hausfrauen für einen Kochmarathon und Familienväter für Hamsterkäufe im Supermarkt. Es scheint, als könne man gar nicht genug gefüllte Weinblätter und Wodkaflaschen im Haus haben, um gerüstet zu sein für das, was nun folgt. In der Neujahrsnacht werden nicht nur die weitläufige Familie, sondern auch Nachbarn und Bekannte über den stets reich gedeckten und immer wieder neu beladenen Tisch herfallen. Man gratuliert sich und stößt wieder und wieder auf das neue Jahr an.

Surb znund – Die heilige Geburt

Am Abend vor dem 6. Januar tragen Gläubige eine brennende Kerze aus der Kirche nach Hause und bringen somit (meistens windgeschützt durch eine aufgeschnittenen Plastikflasche) ein Licht in ihre Familie. Am folgenden Tag drängeln sich zum Gottesdienst in Etchmiadzin, dem Sitz der armenischen Kirche, noch mehr Besucher als an einem gewöhnlichen Sonntag, um einen guten Blick auf die Priester zu erhaschen oder eine Kerze anzuzünden. Das ganze Ereignis wird im Fernsehen übertragen, vielleicht auch damit sich noch einmal alle erinnern, dass da neben dem nicht-religiösen Neujahr auch noch dieser andere Feiertag war…

Von Neujahr bis Neujahr

Weihnachtlicher Tuffbalkon

Weihnachtlicher Tuffbalkon in Gyumri

Zwischen dem „neuen“ gregorianischen und dem „alten“ julianischen Neujahrstag liegen gut zwei Wochen, in denen man das neue Jahr nach allen Regeln der Kunst einläuten kann. Das kompliziert anmutendes Zeremoniell von Besuchen und Gegenbesuchen aller Bekannten dauert einige Tage an, bis dann die große Völlerei langsam abflaut. Nur langsam kommt das öffentliche Leben in Geschäften und staatlichen Einrichtungen anschließend wieder in Gang. Das Leben einer ganzen Stadt verschiebt sich zehn Tage lang in die Behaglichkeit warmer Wohnzimmer, bevor der Tannenbaum dann endlich vor der Tür landet und das Jahr 2011 endlich anfangen kann.

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Auf halbem Weg nach Europa

Eine Georgien-Reise mit der armenischen Brille

„Wenn einer Schnabelschuhe anhat, dann weiß man, dass der gerade erst vom Dorf gekommen ist oder Armenier oder Aserbaidschaner ist“, sagt Nana, die 25 Jahre alt, Georgierin und bestimmt nicht vom Dorf ist. Tbilisi ist zu chic für den Macho-Look der glänzend-schwarzen Herrenschuhe, die in Yerevan en vogue sind. Tatsächlich ist kaum zu leugnen, dass Tbilisi sich für jemanden, der gerade aus Armenien kommt lebhaft, progressiv und westlich anfühlt.

Englisch statt Russisch

Georgische Cola-Werbung

Georgische Cola-Werbung

Und eigentlich sähe Georgien sich – wenn man den englischsprachigen Plakaten vor dem Außenministerium glauben will – ohnehin am liebsten in der NATO. Es liegt ja schließlich in Europa, fast zumindest. All zu viele andere Möglichkeiten hat das größte Land im Südkaukasus auch gar nicht mehr. Die Grenze zu Russland ist nach den Auseinandersetzungen um Abchasien und Südossetien 2008 dicht und in die GUS führt wohl kein Weg mehr zurück. Also ist die Reise für EU-Bürger visafrei. Alle Beschriftungen sind nun statt auf Russisch, auf Englisch übersetzt. Eine unerlässliche Hilfe, denn die sehr geschwungene georgische Schrift gibt selbst Armeniern (!) Anlass zu allerlei Witzeleien über das georgische Spaghetti-Alphabet.

Erinnerungen an Armenien

Am Grab des armenischen Dichters Sayat Nova

Am Grab des armenischen Dichters Sayat Nova

Auf das Grab von Sayat Nova deutet nur eine unauffällige Steinplatte hin. Rechts vom Eingang der armenischen Kirche in Tbilisi liegt der größte Dichter des armenischen Mittelalters begraben. Die Gottesdienstbesucher strömen gut gelaunt aus dem Gebäude, das sich äußerlich kaum von den georgisch-orthodoxen Gotteshäusern der Hauptstadt unterscheidet. Ein paar Jugendliche verkaufen den Gemeindemitgliedern eine armenischsprachige Zeitung und von einem älteren Herrn hören wir die gleichen Klagen über den georgischen Präsidenten und seinen protzigen Palast am Ufer des Mtkawari wie überall sonst in der Stadt. Mindestens zwei weitere verfallene armenische Kirchen erzählen die Geschichte einer Stadt, in der früher die armenische Intelligenz gelebt hat, und in der – zumindest die Eingeweihten – auch heute noch vieles an das Nachbarland erinnert.

Echte Altstadt

Modernes Tbilisi vor historischer Kulisse

Modernes Tbilisi vor historischer Kulisse

Hoch über Tbilisi liegt die Festung Narikala, in der Altstadt gibt es unzählige Kirchen, eine Moschee und zwei Synagogen. Spaziergänge auf der Rustaveli-Straße und in den Gassen der Altstadt erfüllen alle touristischen Erwartungen nach orientalischem Flair. Kurz: Tbilisi ist auf den ersten Blick eine schöne Stadt. Chadschapuri und georgischer Wein sind ohnehin unschlagbare Argumente. Am Abend gibt es in irgendwo im Keller ein Rockkonzert und danach zieht das Publikum weiter in den Irish Pub mit Live-Musik. Georgien ist auf der Reise nach Europa schon ein großes Stück vorangekommen.

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Weihnachtszeit

Fast echter Tannenbaum

Fast echter Tannenbaum

In der Weihnachtsbäckerei gibt es manche Leckerei…“. – Ich weiß nicht, wie oft ich dieses Lied nun schon gehört habe. Aber die achte Klasse ist auch fünf Minuten vor ihrem Einsatz bei der Weihnachtsfeier der Schule alles andere als textsicher. Also Hals und Beinbruch! „Toi, toi, toi“ ist kulturübergreifend verbreitet.

Am Ende läuft die kleine Vorstellung doch ohne größere Katastrophe und trifft bei Lehrern und Mitschülern auf wohlwollendes Publikum. Viel wichtiger ist ohnehin: Kinderdisko und Süßigkeiten zum letzten Schultag sind auch für 15-Jährige noch der Hit.Weihnachtsfeier

Krippen und andere Zweifelsfälle

Von „Weihnachten in Deutschland“ zu erzählen, ist gar nicht so einfach. Dass es neben dem Weihnachtsmann noch ein Christkind geben soll, habe ich auch lange nicht gewusst.Und gibt es wirklich noch Familien, die eine Krippe aufstellen? Nur mit den Geschichten der anderen Freiwilligen zusammen ergibt sich ein halbwegs repräsentatives Bild der winterlichen Bräuche in Deutschland.

Chinesische Glücksbringer und Schnee-Granulat

Advent in Yerevan ist auf jeden Fall eine wenig besinnliche Angelegenheit. In den Metro-Unterführungen kann man saisonalen Plastikplunder kaufen: Eine globalisierte Mischung aus roten Christmas-Stockings und Devotionalien zum chinesischen Jahr des Hasen. Und wer sich konfessionell noch nicht so ganz festlegen will, nimmt einfach Luftballons.

Weihnachtseinkäufe

Weihnachtseinkäufe

Weil echte Nadelbäume Mangelware sind, leihen wir uns zu acht eine Tanne im Topf, die später wieder eingepflanzt werden soll. Für die Plastikvariante aus dem Supermarkt wollte sich niemand begeistern lassen. Im Stadtzentrum und auf den teuren Einkaufsstraßen wurde die protzige Beleuchtung verdoppelt und viel schneeweißes Granulat in die Schaufenster gekippt. Aber die authentischen armenischen Feiertage werden erst an Neujahr und am 6. Januar begangen.

Bis dahin muss ich noch ein paar Mal Rolf Zuckowski laufen lassen.

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Ehrgeiziges Gestotter gegen die Hilflosigkeit

Sie sprechen aber gut Armenisch“, sagt mir der Taxifahrer, nachdem ich ihm im Verlaufe der Fahrt erzählt habe, wo ich herkomme, was ich in seinem Land mache und dass ich wirklich jetzt noch nicht heiraten möchte, auch wenn die armenischen Mädchen ganz unbestritten wunderschön sind. Nach den ersten drei Monaten stellen sich im Alltag die ersten kleinen Erfolgserlebnisse ein. Ich lese noch immer wie ein Erstklässler und muss nach jedem zweiten Satz nachfragen, weil ich wieder nur die Hälfte verstanden habe; aber ich bin nicht mehr ganz so hilflos wie am Anfang.

Plätzchenbacken mit armenischen Buchstaben

Plätzchenbacken mit armenischen Buchstaben

Spracherwerb ist Selbstermächtigung. Je besser ich erklären kann, was ich möchte und was nicht, desto einfacher ist es, meine Bedürfnisse zu erfüllen. Dafür ist es um so frustrierender einzusehen, dass diesem Prozess Grenzen gesetzt sind. Wie viel Vokabeln pro Zeiteinheit verträgt das Gehirn? Wie gut kann ich eine Sprache in einem Jahr von Null an lernen – quasi zusätzlich zu meiner Arbeit und meinem Leben?

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Inschrift in Geghard

Inschrift in Geghard

Am Ende bin ich ja doch nur zu Besuch. So lange man jemandem sagt, dass er diese oder jene Sprache „aber wirklich gut“ beherrsche, ist klar, dass genau das nicht stimmt: Man hört meinen Akzent, bemerkt meine Fehler oder versteht mich erst gar nicht. Ich bin und bleibe ein Fremder, der sich mehr noch als durch sein Aussehen durch seine Sprache verrät. Oft honoriert man meine Bemühungen, viele freuen sich über mein ehrgeiziges Gestotter, aber es bleibt die immer auch etwas distanzierte
Herzlichkeit gegenüber einem, der nicht so ganz dazu gehört.

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