Der Stadtumbau der Eriwaner Innenstadt folgt zweifelhaften Prioritäten: Beton statt Tuffstein. Bausünden statt Belle Époque. Investoren statt Anwohner.
In ihrem Urteil über die als Stadtumbau getarnte Zerstörung der historischen Altstadt Eriwans stimmen die meisten Beobachter schnell überein. Die zentrale Northern Avenue, die die Oper und den Republikplatz verbindet ist in den Augen von Einheimischen wie Touristen eine ästhetische Katastrophe. Die nur scheinbatr naheliegende Frage, wer in den gigantischen Betongerippen einmal wohnen und einkaufen soll, hat wahrscheinlich tatsächlich niemand für entscheidend gehalten. Manchmal geben für Städteplaner eben andere Argumente den Ausschlag; und so genau will man das hier besser gar nicht wissen.
Quadratisch, praktisch, unsozial
Die hölzernen Balkone sind alle verschwunden
Die gegenüberliegende Straßensteite erzählt eine ganz andere Geschichte. Gemauerte zweistöckige Wohnhäuser. Viel schwarzer Tuff. Die meisten Häuser schwer zugerichtet. Oft steht nur noch die Fassade. Ohne die Touristen-Informationstafel am Ende der Straße, würde man nur schwer erahnen, wo man sich befindet: „A main feature of 19th century Yerevan was the creation of the Astafi District. […] The streets were flanked by beautiful stone houses with elaborate carvings […]. The houses madeof finely hewn tufa stone and had wooden balconies on the upper floors“.
Und dann der entscheidende Satz: „This and other houses, from Yerevan’s ‚Belle Époque‘ face demolition to make way for a shopping mall that will complete the replacement of the historic district begun in the 1960s“.
Auch für die Buzand-Straße tickt die Uhr
Der Journalist Rainer Schulze hatte sich dieses Themas bereits am 04.01.2011 in der FAZ angenommen und den Text „Eriwan 21“ veröffentlicht, in dem er sich vor allem für die engagierten Anwohner interessiert. Auf den Artikel sei an dieser Stelle ausdrücklich verwiesen.