Wenn das mal gut geht…

Erwartungen – Hoffnungen und Ideen vom Vorbereitungsseminar

Alle lachen in die Kamera und überall scheint die Sonne auf die vielen Freiwilligen herab, irgendwo in einem fernen Land. Der kulturweit-Imagefilm soll Vorfreude auf ein (halbes) Jahr in der Ferne verbreiten. Die über 200 jungen Menschen, die ein bisschen erschöpft von der Anreise bei brandenburgischem Septemberwetter im überfüllten Kinosaal dem Gute-Laune-Video zuschauen, wissen selbst, dass in den nächsten Monaten auch Schwieriges auf sie zukommt; und nicht alles ist so leicht wie es nachher in so einem Filmchen aussieht. Aber wie sehen die Erwartungen vor dem Einsatz aus? Was wissen wir über unsere Einsatzländer und unsere Arbeit? Wie sähe mein persönlicher Imagefilm aus? Und was machen zehn Seminartage am Werbellinsee aus den bisherigen Hoffnungen und Befürchtungen?

Sprung in den Werbellinsee

Die Rahmendaten kennen alle. Aber was mache ich ich zwischen den vielen? 242 Freiwillige im Alter zwischen 18 und 26 Jahren verreisen im Auftrag von fünf Partnerorganisationen in 60 Länder. Vielfältiger kann ein Freiwilligenprogramm kaum sein. Dennoch oder gerade deshalb versammelt kulturweit zehn Tage lang junge Menschen mit ganz unterschiedlichen Vorkenntnissen, Motivationen und Erwartungen an einem Ort, provoziert Begegnungen, konzentriert Erfahrungen und lässt Sich-Ergänzendes aufeinanderprallen. Das Seminar als gemeinsamer Ausgangspunkt, bevor am Ende dann doch jeder die Herausforderungen für sich selbst bewältigen muss.

Im Flur des Seminarhauses hängt eine große Papierfläche, die überschrieben ist mit: „Ich suche/ Ich biete“. Und irgendwie funktioniert das ganze Seminar nach einem ähnlichen Prinzip. Natürlich mag auch eine PowerPoint-Präsentation über die Strukturen des deutschen Bildungsföderalismus oder das russischen Schulwesen ihren Reiz haben. Aber die wirklich brennenden Fragen über den Wohnungsmarkt in Buenos Aires oder das Taxifahren in Georgien klären sich dann doch erst im persönlichen Gespräch mit den Experten und Mitfreiwilligen. Letzte Gelegenheit alle hard facts und konkreten Probleme festzuzurren.

Pinnwand

Pinnwand: Ich suche/ Ich biete

Auch große Flipcharts, Karteikarten und Gespräche im Stuhlkreis bleiben bei einem pädagogischen Begleitprogramm natürlich nicht aus. Da wird dann über die Rolle als Freiwilliger, diskriminierende Sprache, Kommunikationsprobleme oder ganz allgemein über Identität gequatscht. Nochmal das ganze Pflegeprogramm für die Psyche, bevor es dann so richtig losgeht.

Wer von hier mit mehr offenen Fragen aufbricht, als er mitgebracht hat, hat schon was dazugelernt.

Dieser Text wurde zuvor bereits in leicht abgeänderter Form in der Seminarzeitschrift „freisprung“ (09/2010) veröffentlicht. Wer dort mehr von mir und anderen lesen will, findet hier einen Link dazu.

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