Zwiespalt
Entweder gehört es irgendwie dazu oder es ist einfach nur ein riesen Zufall, dass ich, je näher ich dem Ende meines Aufenthaltes in Prag komme, immer mehr Menschen aus Baden-Baden wiedersehe. So, als wolle irgendjemand, dass ich mich langsam wieder umgewöhnen / entwöhnen.
Nicht nur, weil ich gestern vor einer Gruppe 12.Klässler erzählen durfte, was ich als >>kulturweit<<-Freiwillige gemacht habe, sondern auch weil man sich langsam der Zeit nähert, in der man immer öfter mit der Frage nach dem Sinn, den Auswirkungen und dem, was sich durch das Jahr in Prag geändert hat, konfrontiert werden wird, kreisen die Gedanken nur noch darum. So sehr, dass ich schon vor mir selber die Augen verdrehe. Und dass ich manchmal nicht mehr weiß, was richtig und falsch, was gut und nicht gut, was meine Meinung und fremde Meinung ist und ob mich diese Zwiespalte (gibt es das überhaupt als Plural?^^) zutiefst verunsichern und mich in jeder Hinsicht schwächen oder so sehr verärgern und nerven, dass sie wiederum gewisse (konstruktive) Energien freisetzen.
Für mich selber nenne ich es dieses gewisse Baden-Baden-Denkmuster (zumindest solange, bis ich einen besseren Namen dafür gefunden habe) und genau das ist es, in das ich auf keinen Fall mehr zurückfallen will. Was unheimlich schwer ist, je mehr man wieder mit Baden-Badnern in Kontakt kommt. (was nicht heißt, dass man sich auch darüber freuen kann, bestimmte Menschen wieder zu sehen). Und wovor ich Angst habe, wenn ich in zweieinhalb Wochen wieder zuhause bin.
Der Trennungsschmerz von Prag ist jetzt schon spürbar, die Trennung von dem Prag-Spirit, der Prag-Juliane, dem Prag-Leben (zum Großteil sehr unbeschwert, vor allem gegen Ende unheimlich stressfrei und einfach wundervoll). Jedenfalls lässt er mich gerade nicht schlafen, und das obwohl ich um 6 Uhr die Metro zum Hauptbahnhof nehmen (es ist 10 vor 3) und dann eine 10stündige Reise zum Ruhr Reggae Summer hinter mich bringen werde. Lieber Mitbewohner, Entschuldigung dafür. Andererseits kann ich nichts für unser altes und lautes Parkett, die dünnen Wände und im Übrigen auch nichts dafür, dass aus dem Tiefkühlfach im Kühlschrank irgendwie Wasser ausläuft und genauso gefriert, dass man selbiges nicht mehr aufbekommt und jedes Mal, nachdem man das Eis entfernt hat (zB weil man an seine Becherovka-Eiswürfelform ranwill) noch mehr neues Eis nachwächst! Empfehle Anschaffung eines neuen Kühlschranks. Und danke, dass du mich ertragen hast, die letzten 11 Monate.