Eine mongolische Hochzeit zu erleben war eines der Dinge, die ich auf meiner „To see“-Liste hatte. Und so war ich mehr als erfreut, als meine Gastfamilie mir mitteilte, dass ein Bruder meiner Mutter in UB heiraten wuerde. Ob ich Lust haette, mitzukommen? Und wie!!!
Schon zwei Tage vorher, am Mittwoch, hatte sich meiner Gastmutter in die Hauptstadt aufgemacht, ich folgte mit dem Rest der Familie am Donnerstag. Im Gepaeck einen Deel (ein traditionelles mongolisches Mantelkleid) und ganz viel Aufregung und Vorfreude.
Der Donnerstag stand ganz im Zeichen der Essensvorbereitung: Schinken wurden zerlegt, Obst gewaschen, Fleisch tiefgefroren und Gemuese geputzt. Die ganze Familie, Schwestern, Nichten, Neffen und andere Verwandte und Bekannte des Brautpaares, war zugegen und half mit. Von Verwandten wurde Geschirr und ein Hochzeitsauto geliehen. Der Braeutigam verliess am Vorabend der Hochzeit in traditioneller Gewandung mit einer Handvoll Maenner seine Wohnung, um seine zukuenftige Frau abzuholen. In der Wohnung war mittlerweile das Wohnzimmer leergeraeumt worden und zwei Tische mit Essen beladen worden. Hier wuerden die Feierlichkeiten am naechsten Morgen starten.
Der Freitag begann fuer mich um acht Uhr, und ich glaube, ich bin von allen Beteiligten am spaetesten aufgestanden. Gegen halb zehn betrat die Hochzeitsgesellschaft die Wohnung: Das Brautpaar samt kleinem Sohn in Deel und mit Hut. Dazu die Handvoll Maenner vom gestrigen Abend sowie Verwandschaft der Braut, alle traditionell gekleidet. Als erstes wurden die Riechflaeschchen getauscht. Dann wurden Getraenke gereicht: Airag (vergorene Stutenmilch) und Stutenmilchvodka. Es wurde auf das Brautpaar gesungen und schliesslich eine kleine Zeremonie abgehalten (ich tippe mal auf Segenswunsch), bei der das Brautpaar aus einer Schale Stutenmilchvodka trank. Schliess wurde noch der Schoepfloeffel mit einem blauen Band umwickelt (ich tippe auch hier wieder auf Segenswunsch) und die Braut hat damit Milchtee gekocht und den Gaesten gereicht. Damit war der offizielle Teil zu Ende, und das Essen und Trinken begann. Immer wieder stimmten die Aelteren ein Lied an, in das alle Beteiligten einfielen, ein paar Worte wurden zum Brautpaar gesprochen. Das hatte sich mittlerweile auch umgezogen und war mit der Bewirtung der Gaeste beschaeftigt.
Nach knapp zwei Stunden verschwand die Hochzeitsgesellschaft wieder und in der Wohnung brach Betriebsamkeit aus: Das Gemuese von gestern wurde zu Salat verarbeitet, die Eier geschaelt (ich habe fast an die zwei Schock harter Eier gepellt), Tee und andere Getraenke umgefuellt, Obstschalen beladen und Kisten gepackt. Mit der tatkraeftigen Unterstuetzung der versammelten Familie wurden zwei Auros komplett mit Essen und Trinken beladen und schliesslich zum Restaurant gefahren, in dem die Feierlichkeiten stattfinden sollten. Auch hier packten alle mit an und so war nach zwei Stunden der Saal vorbereitet, die Familie festlich engekleidet und die Feier konnte starten. Beginn war um 15 Uhr, doch auch um 16 Uhr stroemten Gaeste in den Saal, der langsam aus den Naehten zu platzen schien. Doch alles kein Problem: Ein paar Stuehle hier und da gerueckt, alle sitzen ein bisschen enger, Essen und Trinken ist reichlich da. Es wird alles passend gemacht.
Unterhaltung gibt es von einem Moderator, auch zwei Saenger treten auf. Dazu immer wieder Musik, Reden und eilfertige umhereilende Kellner, die Essen servieren (beim dritten Gang habe ich aufgehoert zu zaehlen). Das Brautpaar thronte samt zwei Elternpaaren am Kopf des Saals. Zwischendurch immer wieder kleine Zeremonien: Das Tauschen der Ringe, Anschneiden der Hochzeitstorte, Ueberreichen der Geschenke. Es wird auf das und mit dem Brautpaar getrunken.
Nach knapp 5 Stunden verlassen die meisten Gaeste die Feier, gegen 21 Uhr ist dann endgueltig Schluss. Die Geschenke, ueberbleibendes Essen und Trinken, das Geschirr wird eingepackt und nach Hause gefahren, die Familie des Paares verteilt sich auf die Wohnungen der Verwandschaft aus Ulaanbaatar. Wir trinken, essen Hochzeitstorte und lassen den Abend Revue passieren.
Am naechsten Morgen sind wir wieder beim Brautpaar in der Wohnung, es gibt ein gemeinsames Resteessen/Katerfruehstueck. Und auch am Abend besuchen wir wieder das junge Glueck, diesmal gibt es ein Dankeschoenessen fuer die ganze Familie. Wieder wird viel gegessen und auf das Paar getrunken. Je spaeter es wird, desto mehr wird getrunken und dazu gesungen… mongolische Lieder ueber die Liebe, die Heimat, die Familie. Auch ich soll ein kleines Lied zum besten geben und singe eine Strophe eines irischen Segens. Gegen Mitternacht zieht die ganze Familie dann in die naheliegende Wohnung einer Schwester des Braeutigams, neue Vodka- und Colaflaschen werden geoeffnet und ein Kartenspiel ausgebreitet. Einige Hartgesottene pokern und trinken bis halb sieben am Morgen, ich verabschiede mich schon um zwei Uhr zum Schlafengehen. Am naechsten Morgen reisen wir zurueck nach Erdenet.
Am Ende des Wochenende bin ich kurz davor, vor Essen zu platzen, kann meine Augen kaum offenhalten und meine Fuesse tun vom Tanzen weh. Ich bin fertig, aber total begeistert. Es war eine sehr interessante und schoene Feier und ich werde mich noch lange daran erinnern. Ich habe so viele Menschen getroffen, die mich in ihre Mitte, ihre Wohnung und in ihrer Familie aufgenommen haben. Vielen, vielen Dank, dass ich dabei sein und eure Gastfreundschaft geniessen durfte ! 🙂




Hej Sarah!
Deshalb warst du also hier in UB und trotzdem irgendwie auch nicht.. wir haben schon gerätselt.
Woooah eine mongolische Hochzeit, ich bin neidisch!!! Wenn wir uns sehen, musst du ganz viel davon berichten. Bis spätestens in der Wüste 😉
Bayrtai!
Hey Svenja,
Ich werde dir haarklein alle Details erzählen, wenn wir durch die Wüste sausen.
Ich freu mich schon drauf! 🙂
Bajartaj!