Schule Teil 2
An der Schule hat sich eigentlich nicht wirklich viel getan. Der Unterricht läuft immer noch nach dem gleichen Schema ab (Text vorlesen und wiederholen lassen) und wird gelegentlich durch ein Lied oder Spiel aufgelockert. Im Dezember war ich wegen des Zwischenseminars, meines Visums und einigen Reisen längere Zeit nicht da. Deswegen konnte ich mit den Schülern leider nur wenig zu Weihnachten machen. Kurz bevor ich die Grenze nach Hongkong überqueren wollte und mein chinesisches Handy in die Nutzlosigkeit verabschiedet hätte, erhielt ich eine SMS von der Deutschlehrerin Xu Ya, die mich informierte, dass sie krank sei und ich, sobald ich wieder da bin, den Unterricht alleine gestalten müssen.
Ich beschloss die Gelegenheit zu nutzen und endlich mal ein paar andere Sachen auszuprobieren. Leider habe ich am Montag gleich die größte und lauteste Klasse. Der Unterricht lief erwartungsgemäß chaotisch ab und die Grammatik konnte ich in keiner Sprache wirklich vermitteln. Also zeigte ich einen Kurzfilm, den wir am Deutschlehrertag kennen gelernt hatten und der bei Jan Luis‘ Schülern sehr gut angekommen sei. In den Film namens Onomatopoetikum imitieren Menschen aus unterschiedlichen Ländern Tierlaute. Dabei soll klar werden, dass es in verschiedenen Sprachen unterschiedliche Lautmalereien gibt, obwohl die Tiere überall gleich klingen. Einige Schüler fanden den Film zwar anscheinend ganz witzig, aber so richtig gut kam er auch nicht an. Eine anschließende Diskussion, wie am Deutschlehrertag angeregt, war natürlich auch nicht möglich. Zum Schluss spielte ich einfach Galgenmännchen mit den Schülern. Anstatt aber ernsthaft zu raten, zählten ein paar, die besonders clever sein wollten, einfach die Buchstaben und verglichen mit den geschätzten 30 Wörtern in ihrem Buch, die sie schon gelernt hatten. Also schrieb ich ein unbekanntes Wort an, woraufhin mir nur noch „x, y, q, z“ etc. entgegen gerufen wurde. Jedes Mal, wenn ich einen weiteren Strich machte freuten sich die (12 jährigen!) Schüler wie verrückt und jubelten schließlich als das Männchen endlich tot war. Im Vorfeld hatte ich überlegt, ob man das Galgenmännchen nicht durch ein weniger grausames Bild ersetzen müsse, weil uns gesagt wurde, dass Gewalt und Sex an chinesischen Schulen tabu seien…
Am Dienstag ließ ich eine Klasse, die vor kurzem erst angefangen hat, ein Spiel spielen lassen, das Jan Luis auch schon ausprobieren konnte. Dabei sitzen alle Schüler im Kreis und erhalten ein Kärtchen auf dem „der“, „die“ oder „das“ steht. Ich stand in der Mitte und habe ein Nomen gesagt. Diejenigen mit dem richtigen Kärtchen mussten dann aufstehen und Plätze tauschen. Ich habe mitgespielt, sodass wieder jemand übrig blieb, der dann wiederum ein Wort sagen musste. Auf diese Weise sollten die Schüler spielerisch die willkürlichen Artikel der deutschen Sprache lernen. Um das Spiel zu erleichtern habe ich vorher mit den Schülern Wörter gesammelt und an die Tafel geschrieben. Es hat relativ lang gedauert das Spiel zu erklären und die ersten Runden liefen eher schleppend, weil einige Schüler einfach nicht wussten, dass sie aufstehen mussten. Nach einer Weile lief es dann aber besser und die Schüler arbeiten mal wieder an einem System um zu schummeln. Sie tauschten sich untereinander aus und schafften es so häufig Plätze in der Nähe zu ergattern. Derjenige in der Mitte konnte nur hilflos zusehen wie immer wieder zwei Nachbarn hin und her tauschten und keiner durch den Raum lief. Um solche Absprachen zu unterbinden, ließ ich regelmäßig die Kärtchen tauschen. Auf diese Weise musste auch jeder jeden Artikel lernen. Ursprünglich wollte ich das Spiel nur als kurzen Energizer spielen und dann etwas anderes machen, aber die Schüler haben mich förmlich angefleht weiterzumachen und so spielten wir die gesamte Doppelstunde lang.
Mit den anderen Klassen habe ich diese Spiele dann mal mehr mal weniger erfolgreich wiederholt. In der letzten Klasse trauten sich sogar einige Schüler, etwas zu dem Film zu sagen, leider auf Englisch und nicht auf Deutsch versteht sich.
Inzwischen ist der ominöse Direktor, der die letzten Monate in Hainan verbracht hat, wieder da. Shi Shi, eine andere Lehrerin, hat versprochen, ihn mal wegen einer Deutsch-AG anzusprechen. Allerdings muss ich vermutlich nochmal selbst nachfragen, weil ich bisher keine Antwort bekommen habe.
Diese Woche haben wir die Schüler mündlich geprüft, um ihnen eine Halbjahresnote geben zu können. Sie mussten einen Text vorlesen und danach ein paar Fragen beantworten. Zunächst half ich Xu Ya nur ein bisschen, aber als wir merkten, dass die Zeit knapp wird, haben wir die Klasse aufgeteilt. Eine Hälfte wurde von ihr geprüft, die andere von mir. Ich musste dabei auch Noten verteilen. Das ist gar nicht so einfach. Am Anfang wusste ich nicht genau, was ich als Maßstab anlegen sollte, aber Xu Ya wusste auch nicht so recht, welche Noten angemessen sind. In China kriegt man Noten von 0 bis 100, wobei (grob) alles über 90 als sehr gut, alles über 80 als gut, alles über 70 als noch in Ordnung und alles über 60 als gerade so bestanden gilt. Darunter fällt man durch. (keine Garantie auf diese Angaben, die Lehrerin war sich selbst nicht sicher) Wir ließen aber keinen Schüler durchfallen und verteilten Noten zwischen 70 und 100. Wenn ein Schüler flüssig vorlesen konnte, eine gute Aussprache hatte, die Frage verstand und grammatikalisch und inhaltlich korrekt beantworten konnte, bekam er eine Note im 90er Bereich. Gelegentlich korrigierte Xu Ya die Note auch nach oben oder unten, wenn ein Schüler im Unterricht positiv bzw. negativ aufgefallen war. Ich bin froh, dass die Noten jetzt verteilt sind. Es ist unheimlich schwer, gerechte Noten zu geben, weil man gerade in großen Klassen die Leistung eines Einzelnen nur schwer evaluieren kann und man stets darauf achten muss, das Verhältnis zu wahren. Außerdem haben unterschiedliche Klassen auch unterschiedliche Niveaustufen und man muss daher die Anforderungen entsprechend anpassen.
Nächste Woche sind Prüfungen und Deutsch fällt aus, um Zeit für die „echten“ Fächer Mathe, Englisch und Chinesisch zu machen. Danach sind dann erst mal Ferien. In dieser Zeit habe ich einige Reisen geplant, möchte aber auch das Frühlingsfest mit einer chinesischen Freundin, die ein Jahr an meiner Schule in Deutschland war und in Shanghai lebt, feiern. Die meisten, die das hier lesen kennen Yilei eh, also schreibe ich diese Erläuterung gerade nur für meinen eventuellen Nachfolger (falls er nicht schon aufgegeben hat und nach den ersten Beiträgen festgestellt hat, dass dieser Blog keine nützlichen Informationen enthält xD)
Dieses Wochenende kommen aber erst mal meine Eltern mit meiner Schwester zu Besuch. Leider sind sie nur kurz hier, aber dazu schreibe ich in einem anderen Eintrag mehr.
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du nicht wirklich eine doppelstunde lang mit denen artikelsalat gespielt xD…
doch wollten die so, die sind voll drauf abgegangen. am ende sind die so wild durch die gegend gerannt, dass ich ernsthaft angst hatte, einer könnte sich verletzen xD