Dieser Eintrag passt nicht zum heutigen Tag, siehe http://www.un.org/events/rwanda/ und http://www.un.org/ecosocdev/geninfo/afrec/newrels/rwanda.htm und http://de.wikipedia.org/wiki/V%C3%B6lkermord_in_Ruanda
Ich bitte um Vergebung, dass ich der Welt heute von „Belanglosigkeiten“ berichte. Aber für alles andere fehlen mir die Worte…
Vor ein paar Tagen habe ich schon mal über meinen kleinen nächtlichen Brand-Unfall mit einem Moto berichtet. Verständlicherweise hatte ich danach erst mal genug vom „Reiten“. Die Wunde ist jedoch schnell verheilt und ich erfreue mich wieder jeder Gelegenheit, bei der ich ein Moped nehmen kann.
An dieser Stelle zitiere ich gerne Andrea Jeska (DIE ZEIT, Nr. 13/2010, S. 67):
„Die schönste Art, Kigali zu sehen, ist auf dem Beifahrersitz eines Mopedtaxis. Tausende, wahrscheinlich Zehntausende düsen durch die Stadt und für ein paar Hundert ruandische Franc, meist nicht mehr als einen Euro, kann man von Hügel zu Hügel fahren […] mit Herzrasen durch den Feierabendverkehr, zwischen Autos und Lastwagen gequetscht, ein Flehen um heiles Ankommen auf den Lippen.“
Um das Moped fahren hier in Ruanda genießen zu können, gilt es zwei große Hürden überwinden: erstens die Angst und zweitens die Abzocke.
Die ANGST:
Mit der ersten Hürde kämpft man vor allem auf seinem ersten, zweiten und dritten Ritt. Wenn es steil bergab geht, der Reiter so richtig Gas gibt und man noch nicht weiß, dass „buhoro“ langsam heißt. Wenn der knöchellange Rock hoch weht und man verzweifelt versucht, a
ndere Motoreiter von sich fern zu halten, die unhöflich immer näher kommen. Wenn scharf links abgebogen wird, obwohl der Gegenverkehr auf einen zubraust… abruptes Bremsen bei Straßenschwellen, wildes Schlenkern um Schlaglöcher herum und holperndes CrissCross auf pfützengesäumten „Dirty Roads“. Festhalten (wo auch immer) ist ratsam. Oder wenn einem fast der Helm wegfliegt, weil er nicht für einen kleinen Muzungu-Kopf gemacht ist und es auch keine Verstellvorrichtung gibt. Wenn man realisiert, dass das Visier zerbrochen und notdürftig geflickt ist, so dass man im Falle des Unfalls wahrscheinlich einige schöne Schnittwunden im Gesicht davontrüge.. Wem das zu heavy ist, der kann sich im vollen Bus zerquetschen lassen. Und verpasst das Beste!!
Jede Moto-Fahrt ist ein Erlebnis aufs Neue. Und jede Fahrt ist auch ein Gradmesser dafür, wie „heimisch“ man schon ist. Das ergibt sich daraus, wie man die zweite Hürde meistert.
Die ABZOCKE:
oder auch „Feilschen für Fortgeschrittene“
Eines ist klar. Ohne Kinyarwanda-Kenntnisse kommt man beim Feilschen nicht weit. Das Minimum an Kenntnissen sind die Worte zur Begrüßung, die Frage nach dem Preis, die Hunderterzahlen und – je nach Auskunft – die Antwort, „NEIN, das ist zu teuer.
„Waramutse“/ nach 12:00 „Wiriwe“ oder einfach „Muraho“ oder „Bite“ (Hi).
(beliebiger Ort, exp. in town) „Mu mugi“ – n’angahe?“
„Oya, ni menshi cyane.“
Danach nennt man den Preis, den man bezahlen will (natürlich niedriger als der normale Preis). Man einigt sich auf den Preis in der Mitte oder aber sagt „Oya“/“Wapi“, macht übertrieben wütende Handgesten und läuft einfach weiter. Wenn man überzeugend genug war, pfeift einem der Moto-Fahrer hinterhe
r und winkt. Herzlichen Glückwunsch! Geschafft! Dann passiert es dem Fahrer nicht selten, dass ihn die anderen heranbrausenden Kollegen ausschimpfen oder auslachen: „Was? Ein Muzungu hat dich runtergehandelt?“ „ Ja, sie spricht Kinyawanda“. Ich: „YEGO KABISA“ (ganz genau, du sagst es). Und mit einem strahlenden Lachen düse ich nach Hause, trällere ein Liedchen und sage leise „vuba, vuba, Pferdchen“. Im Galopp.
Es gibt aber auch Tage, an denen ich einfach keine Lust habe zu feilschen. Wenn mir der Fahrer einen Preis nennt, der nur um 100 Franc (13 Cent) zu hoch ist, sage ich manchmal „Sawa, tu gende“. (Okay, wir gehen). Feilschen kann ja so ermüdend sein!!!
Feilschen für Fortgeschrittene: Heute habe ich wieder einen Schritt nach vorne gewagt. Ich wollte mit einem Freund per Moto reisen, außerhalb von Kigali. Heute ist der 7. April, ein besonderer Gedenktag, und es waren weit und breit keine anderen Motos zu sehen. Das treibt den Preis natürlich in die Höhe. 1000 Franc pro Person wollten die Fahrer haben. Mein ruandischer Freund hat versucht zu handeln. Ich hielt meinen Mund und habe nur naiv gelächelt. Der Fahrer meinte, nein, das sei ein fester Preis. Ich habe ihn angeguckt und gesagt: „Uri umubeshyi”: Du bist ein Lügner. So wurden es 800 Franc für jeden, 50 Cent gespart. Aber das war nicht das Entscheidende. Auf der Fahrt hatte ich meinen ersten Kinyarwanda-Smalltalk mit einem Moto-Fahrer. Das Übliche: Wie heißt du? Wo kommst du her? Und zum Abschied sagte ich : „Bye, umunsi mwiza“: Einen schönen Tag.
Kannst du denn die Moto-Fahrer einfach so auf der Straße als Lügner bezeichnen ohne dabei rassistisch oder als eingebildete Weiße rüberzukommen?
Wieso denn rassistisch? Ich habe doch nicht „du dunkelhäutiger, klein gewachsener, männlicher Lügner“ gesagt, sondern nur bewiesen, dass ich sehr wohl weiß, dass die Preise nicht fest sind. Und das dann auf Kinyarwanda simple ausgedrückt. Das zeigt doch Respekt. Und den hat er mir dann auch zurückgegeben. Außerdem war ich ja mit einem ruandischen Freund da.