Das war mal ne Achterbahnfahrt!

La Paz, 22. Juni 2024

Lange Zeit blieb es ruhig auf diesem Blog. Die letzten Monate waren allerdings alles andere als das. In Bolivien passiere die Dinge eben, nur nicht so, wie sie geplant sind.

Der bolivianische Sommer geht zu Ende und somit auch die Ferien. Der Herbst beginnt und somit auch wieder die Schule. Um mich wenigstens schon wieder etwas mit der Arbeit vertraut zu machen, fragte ich bei meinen Lehrerkolleginnen an, wie es ab Montag wieder losginge, ob alles so bleibt oder was sich vielleicht ändert. Und Veränderung gab es definitiv genug. Denn ich bekam als Antwort zurück, alle drei Lehrerinnen haben die Schule verlassen. Es sollen dafür zwar neue Lehrer kommen, aber keiner wüsste, wer diese seien. Ich sollte aber gerne berichten, wie der erste Montag nach den Ferien so verlief.

Anscheinend war auch in der Schule keiner auf meine erneute Anwesenheit vorbereitet. Von dem Direktor wurde ich mit den Worten „Sigues enseñando?“ (Du unterrichtest hier immer noch?) empfangen. Da auch der Kapitän (oberster Direktor) ein neuer ist, wurde ich ebenfalls kurz vorgestellt. Es folgten zwei Tage, in denen mit mir Flipper gespielt wurde und ich von einem Büro ins nächste geschoben wurde und mich mehr oder weniger hier „erklären“ musste, mir die Hausregeln angehört habe und mir eine Schuluniform verpasst wurde. Die neuen Deutschlehrer konnten mich dabei aber gut unterstützen.

Nach ein paar Wochen kehrte dann Normalität in meinen Alltag zurück. Schule, Sport und Spaß am Leben (vor allem das Kochen habe ich hier nochmal mehr für mich entdeckt). Außerdem habe ich zwei Mal pro Woche Volleyballtraining, oder wie es hier in Bolivien gespielt wird: Wally. Mit den „Hijas“ (wörtlich „Tochter“, verwendet aber unter männlichen Freunden) und „Primas“ (wörtlich „Cousine“, verwendet für weibliche Freundinnen) ist auf jeden Fall immer für genügend Spaß gesorgt. Und mein Spanischwortschatz erweitert sich in jeder Hinsicht um die bolivianischen Jugendwörter.

Fast verlierte ich mich in einem Gefühl des bolivianischen Spätsommers. Naja, fast.. Eine ziemlich starke Bronchitis-Infektion legte mich für gut zwei Wochen flach. Und wie schon vorher erwähnt, sind das die ungemütlichen Momente hier in Bolivien. Aber auch das überstand ich. Kopf hoch, Krone richten, weitermachen (so hätten es die Hamburger jetzt gesagt). So einfach sollte es aber nicht sein. Kaum war ich wieder zurück in der Schule, fand ich mich mal wieder allein vor. Nur dieses Mal ganz allein, ganz ohne Deutschlehrer. Denn die drei neuen Deutschlehrer durften nach circa 2,5 Monaten gleich wieder gehen. Die Gründe dafür würden an dieser Stelle den Ramen sprengen. Fest stand allerdings, dass die Lehrer nicht mehr kommen sollten. Fest stand dafür noch nicht, wer die leeren Stellen füllen sollte. Denn ich allein kann und darf ich das gar nicht stemmen.

Es folgten für mich einige Wochen eines „Arbeitsvakuums“. Konnte ich ans Goethe Institut, um meinen Freiwilligendienst dort zu beenden? Sollte ich warten, bis sich neue Lehrer gefunden haben? Und wann geht es dann weiter? Da ich in dieser Zeit regen Kontakt zu meiner Partnerorganisation pflegte, wurde ich glücklicherweise erneut nicht ganz allein gelassen. Und da mit Ostern sowieso ein paar Feiertage vor der Tür standen, entschied ich mich erstmal für ein langes Wochenende nach Chile zu fahren. Und mit der Entscheidung habe wirklich ins schwarze getroffen. Denn in Chile traf ich auf Sommer, Sonne, Strand und Meer. Das erste Mal am Pazifik. Und dann gleich im Sonnenuntergang surfen gewesen, mit den Hostelmitbewohnern am Strand ein Bier getrunken und bei einem Strandspaziergang den rauschenden Wellen gelauscht.

Das Wochenende verging nur leider viel zu schnell, dafür hat sich inzwischen in der Arbeitsfrage eine Lösung gefunden: Die „alten“ Lehrerinnen aus dem vergangenen Jahr sollen an die Schule zurückkehren (nur eine Lehrerin wird durch eine neue ausgewechselt). Und so konnte es auch für mich wieder in der Schule losgehen, in ganz altbekannter Manier. Und tatsächlich war ich mit der Option auch zufrieden. Kräftig erholt trat ich also wieder den Dienst an. Diesmal hoffentlich ohne weitere Hindernisse.

Rückblickend denke ich trotzdem positiv auf die Zeit zurück. „Bolivien wollte mich da einfach mal testen“. Sicherlich war es manchmal nicht einfach, war ich ratlos, energielos. Aber alles in allem, würde ich mal sagen, dass ich den Test bestanden habe. Und die Belohnung? Neben einiges an Durchhaltevermögen und Stressresistenz, viele einzigartige Momente, die mir das Land schon gegeben hat.

Wie und wo ich den bolivianischen Winter verbringe, werde ich im nächsten Post aufdecken.

Hasta pronto

Nico

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