Eigentlich braucht man nicht unbedingt einen chinesischen Namen. Als wir im Chineischunterricht Namen bekommen haben, habe ich mich aber gefreut. Irgenwie ist es schön, man kann sich einen Stempel damit machen lassen oder was auch immer. Außerdem gibt es noch einen praktischen Vorteil: Chinesen können sich den Namen einfacher merken.
Anderseits kann man auch einfach den „englischen“ oder „deutschen“ Namen benutzen. Von der Computeransage im Krankenhaus zum Beispiel wird der Name dann halt buchstabiert: M-I-L-E-N-A-H (Platz für mehr Zeichen war leider nicht). „Milena“ ist für Chinesen meiner Erfahrung nach auch nicht so schwer auszusprechen. Meine Gastfamilie ruft mich zum Beispiel auch bei meinem „richtigen Namen“. Wenn sie meinen Namen schreiben, benutzen sie chinesische Zeichen, die ein bisschen ähnlich klingen: 美丽娜 oder 美力娜 (Meilina). Die Silbe „mi“ gibt es im Chineischen zwar auch, aber weil mein chineischer Vorname „美娜“ ist, benutzen sie einfach das gleiche Zeichen. Sie könnten aber auch einfach die lateinischen Buchstaben benutzen.
Wenn Ausländer einen chinesichen Namen bekommen sollen, dann werden oft ähnlich klingende chinesische Silben mit schönen Schriftzeichen und Bedeutungen dazu gesucht. Der Vorname besteht meistens aus zwei oder einem Zeichen (ein Zeichen ist immer eine Silbe). Für den Nachnamen nimmt man oft einen von etwas mehr als hundert gängigen chinesichen Nachnamen.
Ansonsten werden Namen von Personen und Städten mit ähnlichen Schriftzeichen geschrieben, dabei wird sich nicht an die gängige Silbenzahl bei chineischen Namen gehalten, Vor- und Nachnamen werden durch einen dicken Punkt getrennt und die Zeichen haben auch nicht unbedingt eine schöne Bedeutung (einige Zeichen tauchen sehr oft in lautmalerischen Übersetzungen auf). Zum Beispiel: 安格拉•默克尔 (Ān gélā•mò kè ěr)
Aus den ähnlichen Gründen, wie Deutsche einen chinesichen Namen haben wollen, möchten viele Chinesen einen englischen oder deutschen Namen haben. Manche Eltern geben ihrem Kind direkt einen englischen Namen. Die Kinder in den beiden Gastfamilien hier wurden mir beide zuerst nur mit ihrem englischen Namen vorgestellt. Sonst bekommen viele Kinder im Englischunterricht einen englischen Namen.
In letzter Zeit wurde ich einige Male gefragt, ob ich helfen kann einen deutschen Namen zu finden. Zuerst habe ich abgelehnt, denn ich finde es schöner, wenn Chinesen einfach ihren chinesischen, ihren „richtigen Namen“ benutzen. Wenn sich mir ein Chinese mit „Hans“ vorstellt, dann finde ich das ein bisschen komisch und denke „Das ist bestimmt nicht dein Name!“. Einen chinesischen Namen werden sich die Deutschen ja wohl merken können! Wenn es zu schwierig auszusprechen ist, kann immer noch ein Spitzname benutzt werden. Man benutzt in Deutschland dann einfach nur die Umschrift des Namens und keine Schriftzeichen.
Weil ich jetzt aber überlegt habe, dass diese Argumente auch fast auch alle dagegen sprechen, dass Ausländer einen chinesischen Namen bekommen und ich mich aber trotzdem über meinen chinesischen Namen gefreut habe, habe ich jetzt angefangen nach deutschen Namen für einige Leute zu suchen. Dabei habe ich festgestellt: Das ist ganz schön schwierig!
Warum? Wenn man für einen Ausländer einen chinesischen Namen sucht, kann man gucken, welche chinesischen Silben ähnlich klingen und dann schöne Schriftzeichen dazu heraussuchen. Von vielen Namen, die in Deutschland üblich sind, muss ich die Bedeutung aber erst nachgucken (kennt jemand einen Jungennamen, der ungefähr etwas wie „klar“, „freundlich“, „heiter“ oder „sonnig“ bedeutet?) und ich finde es auch schwierig Namen zu finden, die ähnlich klingen. Bei Namen, für die man ganz leicht einen ähnlich klingenden deutschen Namen finden kann, braucht man eigentlich keinen deutschen Namen zu finden, weil das heißt, das Deutsche mit der Aussprache sowieso keine Probleme haben. Zum Beispiel kenne ich eine „Limei“, ihr deutscher Name ist „Amelie“.
Eine andere Möglichkeit ist es einfach irgendeinen Namen zu geben. Einfach nachzugucken, welcher Namen bei Personen im gleichen Alter üblich sind und dann einen Namen der der Person gefällt oder der meiner Meinung nach zu der Person passt zu nehmen.
Vielleicht ist das aber auch zu einfach? Oder ich nehme es zu ernst. Jemand hat mich letztens gefragt, ob es schwierig wäre einen Namen zu finden, weil es eine zu ernsthafte, zu wichtige Angelegenheit sei…
Ein total interessanter Artikel! Ich hätte nie gedacht, dass Chinesen sich selbst englische oder deutsche Namen geben, weil ich sie doch für sehr traditionsbewusst gehalten habe (trotz des ganzen technischen Fortschritts). Auf der anderen Seite habe ich mir auch vorgenommen, meinen Kindern internationale Namen zu geben, damit sie später keine Probleme damit haben. Ich stelle mir das aber generell echt schwer vor, einen passenden Namen zu finden, da deutsche Namen ja kaum eine Bedeutung haben und die Silben auch relativ unähnlich sind. Ich finde, du solltest das ruhig so beibehalten, dass du ihnen altersgemäße Namen vorschlägst und sie sich dann selber einen aussuchen. zum einen ist der neue Name nichts besonderes, wenn er fast so klingt, wie der „alte“ und auch wenn du einen findest, der die gleiche Bedeutung hat, kann er doch total doof klingen. Stell dir mal einen 15-jährigen Chinesen vor, der sich mit Helmut vorstellt, nur weil die Bedeutung kompatibel ist. Wäre doch irgendwie schräg, oder!? Und würde auch mehr schaden als nützen.