Am Samstagabend lande ich in Kūnmíng (昆明). Es ist frühlingshaft. Das Hostel, wo ich meine Mitfreiwilligen Fanny und Ruth treffe, ist zum
Hof hin offen. Viele Leute sind noch draußen. Nachdem wir am nächsten Morgen ausschlafen konnten, treffen wir noch Jeanne und Philipp, die in der Nacht auch im Hostel angekommen waren. Wir gehen zusammen frühstücken bzw. Mittag essen, fahren zu einem See (滇池 Diānchí ) und gehen abends nocheinmal Essen und kaufen Proviant für die Weiterreise. Denn nachdem auch Anika
abends in Kunming angekommen ist, wollen Fanny, Philipp, Ruth und ich mit dem Nachtbus nach Lijiang fahren. Am Busbahnhof erfahren wir jedoch, dass am diesen Tag kein Bus nach Lijiang fährt. Darum kaufen wir Fahrkarten nach Dàlǐ (大理). Die Fahrt mit dem Nachtbus verläuft ohne Zwischenfälle, wir konnten sogar schlafen, auf wenn die Betten so klein waren, dass man sich kaum umdrehen konnte und es kalt war. In Dali angekommen steigen wir in einen kleineren Bus um, der uns zum Hostel bringt, das wir uns ausgeguckt hatten.
Den Tag nutzen wir noch um einen Markt in Shāpíng (沙坪), einem Dorf in der Nähe Dalis zu besuchen, im Bus bestaunen wir die Landschaft mit Bergen und einem großen See, dem Ěrhǎi hú (洱海湖). Der Name bedeutet Ohr-See (Ěr 耳 heißt Ohr und die drei Striche vor 耳 im Schriftzeichen 洱 stehen für Wasser).

Abends wollen wir an einem wie es im Lonely Planet heißt „Buddist-inspired, all-vegetarian buffet“ essen, wo man für fünf Yuan eine Schale Reis plus Gemüse oder was auch immer an dem Tag gekocht wurde essen kann. Weil jemand an diesem Abend bereits für alle bezahlt hat, bekommen wir unser Essen umsonst. Es ist lecker. Am Ende bestehen die Leute in der Küche aber darauf, dass jede Schale komplett leer gegessen wird. Kein Reiskorn soll weggeschmissen werden. Abends feiern die anderen in Anikas Geburtstag rein, mir ging es leider nicht so gut, darum konnte ich nicht mitkommen.

Dorf in der Nähe von Dali, durch das wir während unserer Fahrradtour gefahren sind. Links ist renoviert und rechts sieht es noch mehr nach Baustelle aus.
Dafür war ich am nächsten Tag dann aber dabei, als wir Anika am See, wo wir auf unserer Fahrradtour, die wir an diesem Tag gemacht haben eine Pause eingelegt haben, einen Geburtstagskuchen überreicht und anschließend zusammen gegessen haben. Fahrrad zu fahren, war sehr schön. Ich habe dabei wieder gemerkt, wie ich es in Qingdao vermisse und mir vorgenommen es auf meine „Worauf ich mich in Deutschland freue“-Liste zu setzen.
Am nächsten morgen haben wir einen Bus nach Shangri-La genommen. Der Ort hieß früher Zhōng diàn (中甸) hieß wurde dann aber um den Tourismus anzukurbeln in Shangri-La (auf Chinesisch 香格里拉 Xiānggélǐlā) umbenannt. Nach dem Shangri-La aus Jame Hiltons Bestseller „Lost Horizon“ (auf Deutsch „Der verlorene Horizont“ oder auch „Irgendwo in Tibet“). Nicht das ich das Buch vorher gekannt oder gar gelesen hätte. Ich hab ein bisschen recherchiert. Shangri-La liegt 3200 m hoch, dementsprechend kalt war es auch. Die Straßen waren relativ leer, viele Läden geschlossen. Es war eben keine Hauptsaison. In unserem Hostel war es uns fast allen zu kalt zum Duschen. Darum sind wir nur einen Tag geblieben.
Genung um ein bisschen „Tibet“ zu schnuppern. Wir haben einen Temple der besucht, der Chicken-Temple genannt wurde (es gab wirklich Hühner dort) und viele bunte Gebetsfahnen gesehen.
Am Donnerstag, den 31.1. sind wir nach Qiáotóu (桥头) gefahren, vor wo wir am nächsten Tag eine Wanderung durch die Tigersprungschlucht (Tiger Leaping Gorge) begonnen haben. Unser Gepäck haben wir im Hostel gelassen. Nach einer neun-stündigen Wanderung (auf dem Weg haben wir eine Stunde Mittagspause gemacht und in einem Gasthaus etwas gegessen) durch eine sehr schöne, beeindruckende Landschaft wurden wir mit einem kleinen Bus abgeholt, haben unser Gepäck im Hostel abgeholt und sind dann weiter nach Lijiang gefahren.
Abends im Hostel in Lijiang angekommen, waren wir sehr müde, hungrig und haben uns alle auf eine Dusche gefreut (denn endlich gab es wieder angenehme Außentemperaturen und heißes Wasser). In Lijiang waren wir auf einmal wieder unter vielen Leuten, es gab viele Läden in denen überall in etwa das gleiche verkauft wurde und aus verschiedenen Richtungen kam Musik. In einem Restaurant, in dem es dem Namen nach „Naxi-Snacks“ (die Naxi sind eine Volksgruppe) geben sollte haben wir zu Abendgegessen und tibetischen Buttertee getrunken. Das ist Tee mit Yak-Butter. Ich habe mich daran erinnert, wie ich in der fünften oder sechsten Klasse mal eine Projektarbeit gemacht habe, in der auch der Buttertee vorkam, darum habe ich mich sehr gefreut den Tee mal probieren zu können. Abgesehen davon fand ich ihn sehr lecker und er tat gut, weil ich so hungrig war.
Am nächsten Tag haben wir erstmal ausgeschlafen und anschließend zwei Dörfer in der Nähe besucht. Das erste war genauso touristisch wie Lijiang, mit ungefähr den gleichen Läden. Das zweite Dorf hieß Báishā (白沙). Es war ein bisschen ruhiger, aber
es gab auch viele Läden mit Tourikram. Eine Attraktion des Dorfes war Doktor Ho, der durch Zeitungsberichte (die auch alle vor seinem Haus ausgestellt waren weltweit bekannt geworden ist, weil er viele Krankheiten geheilt haben soll. In dem Dorf haben wir einen Naxi-Sandwich gegessen. Dieser ist wohl eher wohl eher eine neuere Erfindung, der Name ist nämlich lautmalerisch übersetzt einfach Nàxī sānmíngzhì (纳西三明治). Es bestand aus verschiedenen Zutaten, die regional typisch sind: einer Art Fladenbrot mit dem Namen Bābā (粑粑), Kartoffelstreifen, Tomate und Ziegenkäse – lecker! In Báishā haben wir zufällig auch unsere Mitfreiwilligen Anton und Jeanne getroffen. Wir wussten zwar, dass die beiden auch im Norden Yunnans unterwegs sind, aber es war trotzdem lustig, sie dort zu treffen.
Meine Mitreisenden wollten alle gerne reiten. Also haben wir für Sonntag ein „Paket“ mit Reiten, Boot fahren und Mittagessen gebucht. Dafür sind wir morgens am Hostel abgeholt worden und mit einem kleinen Bus aus Lijiang rausgefahren. Als wir an den vielen Pferden vorbeigefahren sind, die alle da waren um Touristen durch die Gegend zu tragen, hatte ich immer weniger Lust, gleich auch auf so einem Pferd zu sitzen. Es war nachher aber doch netter als gedacht. Auch die Bootfahrt war ganz lustig. Das Boot war klein und hat anfangs sehr geschaukelt. Unser Bootsführer hatte aber anscheindend Spaß und hat während er uns über den wahrscheinlich See, der wahrscheinlich nicht viel tiefer als ein Meter war geschoben hat einige Lieder zum besten gegeben. Zu Essen gab es eine Art Eintopf mit Kartoffeln, Kürbis, Chinakohl und Fleisch und dazu natürlich Reis. Es war besser, als wir erwartet haben. Auf der Rückfahrt nach Lijiang hielt unser Busfahrer plötlzlich an, verkündete, dass wir nun Pause machen würden und forderte uns auf auszusteigen. Wir protestierten zuerst, wir wollten keine Pause machen. Es half aber nichts. Die Pause war eine Werbeveranstaltung. Wir wurden in einen Raum gebracht wo eine Frau verschiedene Tees gekocht hat, erklärt hat wozu sie gut seien sie uns zum probieren gegeben. Natürlich müssten wir nichts kaufen, wenn es uns nicht schmecke. Am Ende war ihr aber doch wichtig, dass wir verstehen, dass eine Dose Tee dreißig Yuan koste und wir vier Dosen zum Preis von hundert Yuan kaufen könnten. In Lijiang haben wir den gleichen Tee später für zehn Yuan gefunden. Auch wenn es eine reine Verkaufsveranstaltung war, war die Pause doch ganz lustig. Bevor wir am Abend mit dem Nachtzug nach Kunming gefahren sind, hatten wir noch etwas Zeit durch Lijiang zu schlendern. Danach mussten wir uns von Fanny verabschieden, die noch einen Tag in der Stadt bleiben wollte.
Montag Morgen um sechs Uhr waren wir wieder in Kunming. Für Ruth und mich war die Reise hier vorbei und es ging zum Flughafen. Die anderen vier wollten noch am gleichen Tag einen Bus Richtung Süden zu den Reisterrassen nehmen.
Beim Landeanflug auf Qingdao habe ich viele Orte von oben wiedererkannt und mich gefreut wieder zurück zu sein. Inzwischen habe ich mich wieder eingelebt. Leider habe ich erfahren, dass meine Heizung im Zimmer wohl noch bis März ausgeschaltet bleiben wird, darum lasse ich jetzt immer die Klimaanlage laufen, diese kann auch heizen. Im Sprachlernzentrum gibt es einiges an Papierkram zu tun. Der kleine Laden unten im Gebäude ist geschlossen, die Essensstände auf der Straße sind jetzt alle weg und nur noch ein Restaurant hat geöffnet. Ab heute machen auch die Kurse im Sprachlernzentrum Pause. Es ist also nur wirklich fast wie ausgestorben hier. Das Frühlingsfest steht an. Die Stimmung ist wie eine Mischung aus der letzen Schulwoche vor den Sommerferien und der Zeit zwischen Weihnachten und Silvester in Deutschland, finde ich. Ja, es ist im Grunde auch die „Zeit zwischen den Jahren“. Heute habe ich nochmal einen Guten Rutsch gewünscht bekommen, was ich ein bisschen komisch fand. Umgekehrt fanden viele Chinesen, die ich vor dem „westlichen Jahreswechsel“ gefragt habe, was sie an Silvester machen, den Tag gar nicht wichtig. Weil jetzt hier bald wirklich niemand mehr ist, freue ich mich umso mehr, dass auch ich zum Frühlingsfest wegfahre. Eine Freundin, die in Qingdao studiert, hat mich eingeladen, das Fest mit ihrer Familie in Shānxī (山西) zu verbringen. Also beginnt für mich am Freitag schon wieder die nächste Reise!


















