Es soll in diesem Artikel gar nicht darum gehen, dass sich das Wort „Alien“ in meinen Ohren lustig anhört, weil ich eher an grüne Marsmännchen als an Ausländer denke. Nein, es soll darum gehen, wie es mir so geht als „Alien in China“.
Eigentlich fühle ich mich nicht wie ein Alien. Meistens denke ich nicht daran, dass man mir sofort ansieht, wo ich herkomme. Nicht, dass ich einen Stempel mit Deutsch auf der Stirn hätte (okay, manchmal laufe ich mit einer Tasche vom Goethe Sprachlernzentrum rum, auf der steht „Deutsch Lernen in Qingdao“ und auf der anderen Seite – damit es auch wirklich jeder versteht – „在青岛学习德语“ ). Aber, dass ich wahrscheinlich nicht aus China komme, sondern „aus dem Westen“ sieht mir jeder auf den ersten Blick an.
Auch wenn es mir nicht immer so bewusst ist, so merke ich doch ab und zu, dass es sehr wohl eine Rolle spielt.
Oft wird davon ausgegangen, dass ich kein Chinesisch kann, aber dafür Englisch. Ich bin potentielle Englischlehrerin für Kinder. Kinder werden von ihren Eltern aufgefordert mir mit Englisch zu reden. Wer Englisch kann, spricht oft auf Englisch mit mir. Wenn ich versuche Chinesisch zu reden, löst das manchmal Erstaunen aus.
Einmal habe ich im Bus einen Mann aufgefordert sich zu setzen, als ein Platz frei wurde. Er hat mich so komisch angeguckt, dass ich danach noch eine Weile überlegt habe, ob die Art, wie ich es gesagt habe vielleicht unhöflich war (mir wurde später versichert, dass es schon richtig war).
In Qingdao passiert es mir sehr selten, aber manchmal möchten Leute ein Foto mit mir machen. Am Anfang fand ich das ein bisschen komisch, aber ich hab mich schnell dran gewöhnt: Zusammen posieren, „Yī, èr, sān: qiézi… hǎole?… Xièxiè!“ (Eins, zwei, drei – Aubergiene [so wie unser „Cheese“ und übrigens super lecker hier, aber das nur am Rande]…ok?…Danke!“).

Als ich mit vier anderen Freiwilligen in Hangzhou unterwegs war, wollte uns ein Mann fotografieren und auf einmal stand seine halbe Reisegruppe da und hat Fotos gemacht. Ich fand die Situation sehr komisch, musste irgendwann darum richtig lachen und wollte auch ein Foto machen.
Aber wie gesagt, in Qingdao kommt es eher selten vor. Ausländer sind nicht so eine Attraktion, wie für manche Menschen aus abgelegeneren Gebieten. Darum passiert es auch nicht so oft, dass jemand heimlich ein Foto macht oder mich anstarrt. Als ich mit anderen Ausländern zusammen während der „Goldenen Woche“ im Oktober, in der ganz China Ferien hatte den Taishan hinaufgelaufen bin, war das manchmal ein bissschen anders. Es kam vor, dass Leute ganz dicht gekommen sind und uns angeguckt haben.
Ich glaube Ausländerin in China zu sein, ist für mich etwas anderes, als es vielleicht für Ausländer in Deutschland ist. Deutsche genießen hier ein recht gutes Ansehen. Das habe jedenfalls so erlebt und auch in Gesprächen (zum Beispiel mit meiner Chinesischlehrerin) gesagt bekommen. Manchmal denke ich auch, dass ich mit meinem westlichen Aussehen ein bisschen das verkörpere, wo einige Menschen vielleicht hinwollen, weil es ist das, was sie im Fernsehen oft sehen, aber im „richtigen“ Leben eher selten. Vielleicht ein vergleichbar mit Prominenten: Es ist aufregend so jemanden mal zu treffen und man möchte vielleicht ein Foto machen.
Ich finde das ein bisschen komisch, weil ich für mein Aussehen nichts kann und trotzdem dadurch oft eine besondere Aufmerksamkeit bekomme. Ich glaube, dass jeder Mensch gerne in irgendeiner Weise etwas Besonderes sein möchte, darum schmeichelt es irgendwann schon ein bisschen. Die Art von Komplimenten auf mein Aussehen bezogen, die ich hier oft bekomme, sind keine Komplimente über die ich mich richtig freuen kann, weil ich wirklich nichts für etwa meine Haar- oder Augenfarbe kann. Allerdings muss ich auch ein bisschen aufpassen, dass ich mich nicht an diese Aufmerksamkeit (und so oft von verschiedenen Menschen „Du bist so hübsch!“ zu hören) gewöhne, sonst fühle ich mich irgendwann wirklich besonders und das will ich nicht. Ich möchte mir meinem Mitmenschen auf einer Ebene stehen.
Die meiste Zeit fühle ich mich aber nicht wie ein Alien, sondern einfach als Mensch und das ist schön!
Das Schild auf dem Foto hängt übrigens neben der Einfahrt durch die ich hindurchgehen muss um zu dem Gebäude, in dem meine Sprachschule ist zu kommen. Aber „Ausländer“ wird oft mit Alien übersetzt. Zum Beispiel steht auch auf den Zettel, den ich im Flugzeug vor meiner Einreise unterschreiben musste, was „Aliens“ zu tun und zu lassen haben.
Spannende Einsicht. Ich hab in Asien weniger das ‚Problem‘, dass ich als Alien auffalle, sondern eher dass viele meinen, ich wäre einheimisch. Davon bin ich weit entfernt. :) Vor allem auch der Kommunikationswege. Englisch ist nicht unbedingt weit verbreitet in MMR, schichtunabhängig.
Äh, wg der Kommunikationsmöglichkeiten. Es lebe das korrekte Deutsch. ;)
Ja, so eine Situation hab ich auch schon mal mit bekommen. Einige Leute konnten einfach nicht glauben, dass es auch Menschen gibt, die vielleicht asiatisch aussehen, aber trotzdem 1. Engländer, Deutsche oder was auch immer sind und 2. kein Chinesisch sprechen! :)