Weihnachten

Der bunten Kette schwaches Licht hält meinen Blick gefangen. Sonst ist es draußen dunkel.
Ein letztes Mal atme ich die kühle Nachtluft. Ich fühle, wie sie durch meine Nase strömt, suche nach dem letzten bisschen Duft des Meeres, das zwar seit heute morgen verschwunden ist, doch der Ostwind trägt weiterhin sein salziges Parfum.
Ich gehe nach drinnen und setze mich. Mein Spiegelbild stört den Schein der Lichterkette. Empört rücke ich meine rote Zipfelmütze zurecht, die geschickt meine ungewaschenen Haare kaschiert. Ein bengalisches Liebeslied verlangt nach Aufmerksamkeit und bekommt diese auch. Die Mütze ist zu klein, Zurechtrücken zwecklos. Obwohl der Sänger voller Inbrunst beteuert, er sei unsterblich verliebt und wolle sie unbedingt auf seinem Kuhwagen zur Hochzeit fahren, nehme ich den Anruf an.
„Hallo? Ja das ist ja eine schöne Überraschung!“
Meine Eltern wollen mal wieder beruhigt und auf dem Laufenden gehalten werden, doch ich drehe den Spieß um und verbreite Weihnachtsstimmung: „Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum / Wie grün sind deine Blätter?“
Die indische Oma neben mir schmunzelt, meine Schwester am Telefon lacht und irgendwo fängt ein Kind an zu schreien. Zufrieden garniere ich den eben servierten Curd-Reis mit etwas Salz und beobachte wieder die Lichter.
Es ist 23:19 IST an diesem 24.12. In drei Stunden muss ich umsteigen.

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