Dunkel war’s, der Mond schien helle…

Es wehte ein warmer Abendwind über Dhaka. Die Sonne hatte ihre Reise hinter den Horizont bereits angetreten, war jedoch bisher nicht weiter als hinter die Baustelle in Straße 9 (neu) gekommen. Zu diesem Zeitpunkt befand ich mich gerade im ersten Stock, im Verwaltungstrakt unseres Instituts, mit dem Hörer des organenen Telefons am Ohr fieberhaft auf der Suche nach dem klingelnden Mobiltelefon in meiner Hosentasche. Mit einem sanften, aber bestimmten Druck auf eine Taste beendete ich das wütende summen und widmete mich wieder meinem Auslandsgespräch nach Indien. „Der Michael springt im Dreieck, im Dreieck..“ der so rüde abgewiesene Anrufer hatte sich anscheinend nicht davon abbringen lassen mich zu erreichen und so erhielt ich eine SMS: „Hast du heut abend Zeit? Wir müssen für ein Freund Alkohol kaufen“
Alkohol. In einem muslimischen Land eine ganz spezielle Angelegenheit. In Bangladesch nur in speziellen Läden und Bars erhältlich und dort auch nur für Ausländer.
So machte ich mich, nachdem das Auslandstelefonat zu keinem befriedigenden Ergebnis gekommen war, auf den Weg nach Hause, meinen Pass zu holen.
Am Fuße unseres Wohnhauses, warteten auch schon ein Lehrer des Goethe-Institutes und besagter Freund auf mich. Die Fahrt im CNG dauerte wie gewohnt eine halbe Ewigkeit, wenn ich bisher auch noch nie einen „Duty Paid Shop“ besucht oder sonst irgendwie je mit dem Viertel zu tun hatte, in das uns unser eifrig schepperndes Gefährt nun fuhr. Mittlerweile war es dunkel geworden und die unbefestigten Straßen Mohakalis wirkten düster. Um unseren Chauffeur nicht unnötiger Gefahren auszusetzen, ließen wir ihn an einer vielbefahrenen Straße zurück, natürlich mitsamt seinem grünen Fahrzeug. In einem Hinterhof sahen wir schließlich unser Ziel hinter hohen Zaun verborgen. Doch leider erwies sich ebendieser als unüberwindbar, schließlich war er mit Metallspitzen gekrönt und das stählerne Tor wies uns drei einsame Wanderer mit stummem Hinweis auf die längst verstrichene Öffnungszeit (es war 18 Uhr) den Weg zurück zur Hauptstraße. Dort angekommen verbrachten wir eine geraume Zeit auf der Suche nach einem geeigneten Fortbewegungsmittel. Seltsamerweise wollte uns kein Taxi- oder CNG-Fahrer haben. Einer nach dem anderen meinte entweder er habe gerade Pause, er müsse noch mindestens einen Tee trinken, er habe keine Lust oder die Premierministerin sei gerade durch einen anderen Teil der Stadt gefahren, deswegen die Straßen abgesperrt und Durchkommen sowieso unmöglich. Nach langem flehen erbarmte sich schließlich der Fahrer eines CNG, so klein, wie wir es nie zuvor gesehen hatten. Es war aber groß genug für uns drei, nur quälte sich der Rasenmähermotor schrecklich ob der ihm aufgebürdeten Last.
Nun fuhren wir die Straße entlang, vorbei an mehreren geschlossenen Läden für Alkohol und fanden schließlich ein „Restaurant“. Vom Sicherheitspersonal am Eingang kritisch geprüft umfing uns nach dem Eintreten nicht nur die gewohnte Eiseskälte, sondern dazu noch totale Finsternis. Nur ein Fernseher und eine halbgeöffnete Tür an zwei verschiedenen Enden des Raumes beleuchteten, wie wir nach einiger Gewöhnungszeit erkannten, Menschen, die in Grüppchen zusammen saßen und Wasser tranken.
Max: „Hey warum ist es hier drin denn so dunkel?“ – „Das ist eine Bar, die ist doch dunkel!“
Wenigstens bekam der vor lauter Liebeskummer unbedingt Alkohol benötigende Freund hier nach Vorzeigen meines Gesichts eine Flasche Whiskey und ich als Dank zwei Dosen Bier.
Unheil angerichtet, konnten wir uns endlich auf den Heimweg begeben. Aus der angekündigten halben Stunde waren längst zweieinhalb geworden und wieder ließen frei verfügbare fahrbare Untersätze auf sich warten. Um uns die Zeit zu vertreiben aßen wir Erdnüsse, leckere Süßigkeiten (Honig-Sesam-knusprig-klebrig-seltsam?), zählten vorbeifahrende BMWs (zwei) und bewarfen diese dann mit Erdnussschalen.

Das ist also der Grund dafür, warum jetzt zwei Bierdosen in unserem Kühlschrank stehen.

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