Ban sani ba!
Vorweg: Ich darf bleiben. Bis zum 22. Februar, exakt mein Ausreisedatum. Wie ich mir das Visum zusammen mit Martin in Abuja erkämpft habe, dazu später. Seit meinem letzten Eintrag ist unglaublich viel geschehen und ich strotze zurzeit vor Energie. Ich bin so aufgekratzt, dass ich kaum eine Minute ruhig auf meinem Bürostuhl sitzen kann. Am liebsten würde ich gleich aufstehen und wieder verreisen. Aber nun von Beginn an. Heute versuch ich es mal chronologisch.
Nachdem mein Weihnachtsfest nicht gerade das Weihnachtsfest schlechthin war – ich stand an Heiligabend über Tag stundenlang mit Nora in der Küche und am Abend habe ich mich mehr um die betrunkenen Gäste gekümmert als um alles andere – blieb mir wenigstens die große Vorfreude auf meinen deutschen Besuch.
An Silvester sind Martin und ich spontan zusammen mit Heike, eine Bekannte aus dem deutschen Konsulat, und ihrem Freund Obi, halb Nigerianer/halb Rumäne und in Israel aufgewachsen (ich finde seine Herkunft exotisch genug, um sie zu erwähnen), für einige Tage in den Osten Nigerias gereist. Zunächst ging es mit dem Flieger nach Calabar, von dort aus sieben Stunden per Auto nach Obudu bis wir nach einer echten Höllenfahrt endlich auf der Obudu Cattle Ranch angekommen sind. Da die Reise einiges an Nerven gekostet hat, gibts vom Silvesterabend nichts Besonderes zu berichten. Ausgenommen dem großflächige Brand, der durch eine fehlgeschlagene Rakete und dem staubtrockenem Gras ausgelöst wurde – das Osterfeuer gabs also obendrein.
Dafür waren die nächsten Tage umso schöner: Das Klima war angenehm (warm und trocken), der Himmel blau und die Landschaft ein Traum aus Bergen, Wasserfällen und Wiesen. Das Schönste: Es gab ein funktionierendes Stromnetz und mir ist in dieser Zeit klar geworden, was meine Ohren in Lagos tagein tagaus ertragen müssen. 20 Stunden Generatorenlärm kann kein Mensch auf Dauer aushalten. Auch deshalb war Obudu eine wunderbare Abwechslung zum stressigen Lagos.
Die Tage haben wir mit unserem Tourguide Clifford verbracht, der uns durch die Obudu Mountains geführt hat. Weil es uns so gut gefallen hat, haben wir unseren Aufenthalt um einen Tag verlängert. Und hier beginnt die abenteuerliche Geschichte meines Visums. Da ich ja in Lagos trotz unzähliger Besuche im Immigration Service erfolglos geblieben bin, musste ich mich persönlich um die Sache kümme
rn und in die Hauptstadt Abuja fliegen.
Am letzten Abend in Obudu haben wir Colonel Auda kennen gelernt, der am Folgetag ebenfalls nach Abuja wollte. Der ehemalige Militäroberst hat angeboten, uns mitzunehmen. Also sind wir am nächsten Morgen mit dem guten Herrn nach Abuja gefahren und konnten uns glücklicherweise das Flugticket sparen. Zwischendurch gabs einen Zwischenstopp in einer Militärschule im Nirgendwo. Der Colonel ist frühstücken gegangen, wir sind im Auto sitzen geblieben und haben uns von den verdutzten Blicken der umherlaufenden Generäle nichts anmerken lassen (auch wenn wir uns mehr als fehl am Platz gefühlt haben).
Als hätten wir uns nicht schon genug nigerianisches Militär für den Tag angetan, haben wir uns kurz vor Abuja ein günstiges Hotel vom Colonel empfehlen lassen. Was wir nicht wussten: Dass es sich um ein Guest House auf dem Militärgelände handelte. Egal, wir waren zu müde um nach einer Alternative zu suchen. Da Colonel Auda ein bekannter Mann ist, gabs auch für uns „Oyibos“ einen Zimmer-Discount, der sich wirklich sehen lassen konnte. Als der Colonel nach dem Grund unseres Abuja-Besuches fragte, war nach wenigen Sekunden klar: Auch in Sachen Visum kann uns dieser Mann weiterhelfen. Und er hat mein Problem als seine persönliche Mission angesehen. Warum, wissen wir bis heute nicht!
Zwei Stunden später tauchte Dr. Hassan, ein Freund des Colonels, auf. Neben guten Kontakten nach Russland und Usbekistan hat Dr. Hassan auch hervorragende Verbindungen zum Immigration Service in Abuja. Im Hotelzimmer haben wir meinen Fall besprochen und einen Termin für den nächsten Morgen vereinbart.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt konnte ich gegen all meine Vorurteile nicht mehr ankämpfen und fühlte mich in einem ach so typischen nigerianischen Korruptionsfall verwickelt. Für mich stand nur noch die Frage im Raum, wie viel ich am Ende auf den Tisch legen müsste.
Nach dem Gespräch mit Dr. Hassan haben wir uns auf unser Zimmer verkrümelt und uns gefragt, wie wir aus dieser Sache wieder herauskommen können. Die ganze Angelegenheit wurde mir einfach zu heiß. Aber nix da. Nächster Morgen, 9 Uhr. Es klopft an unserer Tür und Dr. Hassan fragt, ob wir bereit seien. Wir fahren zunächst zu einem Kollegen, der nach meinen Pass greift und noch einmal die Schwierigkeiten analysiert. Dann gehts weiter zum Headquarter des nigerianischen Immigration Service. Dr. Hassan bleibt im Auto sitzen, der Kollege rennt mit meinem Pass durch das gesamte Gebäude. Martin und ich werden in einen Warteraum geschickt. Nach zwei Stunden ist alles gelaufen. Ich erhalte meinen Pass zurück mit dem Hinweis „It’s done“. Wir gehen zurück zum Auto, setzen den Kollegen ab und laden Dr. Hassan in ein Fast Food Restaurant ein. Um 14 Uhr nachmittags fällt jegliche Anspannung ab und ich stolziere glücklich durch Abuja.
Jetzt fragt Ihr Euch: Und, was musstest du blechen? Antwort: Nix, und nochmal nix! Nicht ein einziges Mal wurden wir nach Geld gefragt. So kann man sich täuschen und ich frage mich bis heute, warum die drei Herren eine arme Studentin aus Deutschland fünf Stunden durch die Gegend kutschieren und Kontakte springen lassen, damit sie ihre sechs Wochen Visumsverlängerung erhält. Aus reiner Nächstenliebe? Eine andere Antwort fällt mir nicht ein. Und deshalb danke ich an dieser Stelle Colonel Auda, Dr. Hassan und Herrn Tunde ganz herzlich, dass ich noch ein wenig im Land bleiben darf. Und für das kleine Abenteuer in Abuja, Danke! Einen Tag später sind wir zurück nach Lagos geflogen und haben die restliche gemeinsame Zeit vor Ort genutzt.
Mitte Januar gings nach Togo zum kulturweit-Zwischenseminar. Mit dem Bus bin ich nach Lomé, um die anderen in Westafrika stationierten Kulturweitler zu treffen und ein bisschen in der Hauptstadt zu chillen (im Gegensatz zu Lagos ist Lomé ein Dorf) bevor es mit dem Buschtaxi weiter Richtung Kpalimé ging.
Dort fand das Seminar mit anderen deutschen Freiwilligen aus Togo statt. Besonders ergiebig war das Seminar nicht, aber wir hatten eine lustige Zeit. Außerdem tat eine Woche fernab von Lagos wieder mal sehr gut: Auf Feuer kochen, Duschen mit dem Eimer, um 5 in der Früh aufstehen weil der Gockelhahn kräht, kein Internet, kein Telefonnetz und um uns herum nur Busch. Herrlich. Und nachdem ich die vielen togoschen Dörfer mit ihren gemütlichen Buschbars (Marquis) erlebt habe, bin ich schon ein wenig neidisch, dass ich in dieser zu lauten und zu gegensätzlichen Megacity lebe. Auf den Islands in Lagos gibts entweder überteuerte Chiceria-Bars oder totale Absteigen. Beides nicht das Wahre, wenn man nicht fragt.
Heute hat Nigeria gegen Ghana beim Africa-Cup 1:0 verloren. Damit hat sich der Traum von der Afrikameisterschaft ausgeträumt. Nija kann bestenfalls Dritter werden. Mr. Sunday war ziemlich traurig. Ich auch. Immerhin hat mich meine kleine neue Freundin wieder aufgemuntert!


















































