Ein kleines bisschen Abschied

25 11 2011

Hola,

gerade angekommen, so scheint es. Und doch muss ich schon wieder weg. Noch gut eine Woche bleibe ich in Posadas. Dann geht es nach Villa General Belgrano ins Pasch-Theatercamp. Das wird toll, da bin ich mir sicher. Und trotzdem schaue ich mit gemischten Gefühlen nach vorn. Schließich werde ich erst in ca. einem Monat wieder zurückkommen und das nur für kurze Zeit. Denn ab 15. Januar werde ich in Eldorado arbeiten, ein Dorf noch weiter im Norden bei Iguazu. Also ist das schon so ein bisschen ein Abschied für mich. Nur noch eine Woche ins Instituto Gutenberg, nur noch ein paar Mal in die EPET, nur noch einmal meine fünf Nachhilfeschüler (die mich übrigens dafür bezahlen wollen, dass ich ihnen mehr Haribos aus Deutschland schicke), vielleicht nie wieder in den Kindergarten? Wirklich schade, denn gerade hat doch erst die Routine begonnen. Und doch freue ich mich darauf, mehr von Argentinien zu sehen, die anderen Freiwilligen wieder zu treffen und dann auch in Eldorado einer etwas anderen Arbeit nachzugehen, nämlich in einer Ferienbetreuung für Kinder aus sozial schwachen Familien.

In den letzten zwei Wochen habe ich mit der fünften Klasse Flüsterpost gespielt, mit der vierten Klasse Weihnachtsbäume gemalt, mit dem Kindergarten für eine Vorstellung geübt, mit einigen Schülern „Stille Nacht“ für das Radioprojekt aufgenommen, auf der Exposicion Tecnica in der EPET Haribos, Hotdogs und Kuchen verkauft, mit Vogel Otto die Schüler besucht (www.wirhabeneinenvogel.com), uvm. .. Außerdem habe ich für ein Hotel bzw. Reiseveranstalter gearbeitet. Ich begleite Touristen, die kein Spanisch können, auf ihrem Weg z.B. nach Iguazu* oder war im Hotel und habe Safaris in die Sümpfe (ja, wo ich mit meinem Papa war) gemacht und dabei übersetzt. Reich wird man davon nicht, der Tageslohn beträgt ca. 15 Euro, aber es macht Spaß 🙂

Auch hier weihnachtet es langsam sehr, die Straßenbeleuchtung wurde aufgehängt: Sternschnuppen, Engelchen & Co… Ganz wie in der Heimat. Doch ansonsten scheinen die Argentinier auf Kitsch zu stehen: Hauptsache viel, bunt und aus Plastik. Es gibt inzwischen Weihnachtsbäume (aus Plastik) zu sehen, die über und über mit knalligen Kugeln und viel Glitzerlametta- und Girlanden behängt sind. In der EPET gab es kurzzeitig einen Weihnachtsmann in kurzen Hosen zu bestaunen – klar, bei fast 40°C wird’s auch dem Weihnachtsmann zu heiß. Doch vom Bart konnte er sich anscheinend nicht trennen. Insgesamt eher irreal. Ich fühle mich absolut nicht weihnachtlich. Aber wie denn auch, wenn ich jeden Tag im T-Shirt rumlaufen kann und sich keiner Gedanken über eine „Weiße Weihnacht“ macht? Obwohl manche Weihnachtsbäumchen weiß angezuckert sind…

So mal gucken wie mein erstes Weihnachten außer Haus und in der Hitze so wird. Ich melde mich demnächst mal wieder, doch jetzt heißt es erstmal Theatercamp, Zwischenseminar und viel reisen 🙂

Bis bald!

Katha

 

*in Iguazu gibt es große Wasserfälle im Dreiländereck Argentinien-Paraguay-Brasilien zu sehen. Schon immer DAS Reiseziel der Region. Doch jetzt wurden die „Cataratas del Iguazu“ auch noch zu einem der 7 neuen Naturweltwunder gewählt“. Was für ein Jubel in der Region! Schon länger hingen überall die Plakate, die zur Wahl aufrufen sollten: „Sende eine SMS an 5656, gewinne ein Auto und mach so unsere Wasserfälle zu einem der 7 Naturweltwunder!“ Scheint gewirkt zu haben. Der Schwarzwald (der einzige deutsche Finalist) dagegen hat kläglich versagt…





Viel zu tun

15 11 2011

Hallihallo,

 

lange nichts mehr geschrieben. Aber ich habe inzwischen viel zu tun und nicht mehr so viel Freizeit wie zu Beginn.

In der Schule habe ich mich um das „Zeig mir deine Stadt“- und das Otto-Projekt gekümmert. Otto ist ein Vogel, der von Schule zu Schule „fliegt“ und möglichst viel erleben sollte 😉 Bei „Zeig mir deine Stadt“ erstellen die Schüler einen Stadtplan mit ihren persönlichen Lieblingsorten. Außerdem habe ich imme rnoch meine Nachhilfeschüler und gehe in den Kindergarten. In der EPET hatte ich die Woche noch mehrere Stunden mit einer ehemaligen Schülerin, die weiterhin Deutsch lernen will. Diese Woche wurde in der EPET ein paar Tage gestreikt, deswegen gabs selten Unterricht. Und am Freitag wurde dann gefeiert und es gab auch keinen Unterricht, weil die Schüler bei der Estudiantina mit ihrer Musikgruppe gewonnen haben. Die Estudiantina ist ein Fest, das hier in Posadas immer Ende September/Anfang Oktober stattfindet. Dabei präsentiert sich jede Schule mit Tanz, Musik, schönen Kostümen und einem Wagen, der von den Schülern geschmückt wurde. Jetzt wurden die Sieger in verschiedenen Kategorien gekürt und die EPET eben auch 😉

Auch meine Freizeit besteht immer weniger aus Rumsitzen, da ich jetzt mehr Leute kenne und mehr unternehme 🙂

Letztes Wochenende waren am Freitag Abend Freundinnen meiner Mitbewohnerin da. Am nächsten Morgen haben wir alle zusammen einen Mate getrunken und deutsche Musik angehört. Am Nachmittag hatte ich eine Reitstunde geplant, aber keine Ahnung wie ich hinkommen sollte. Es hat sich aber rausgestellt, dass die eine Freundin auch unbedingt mal reiten will. So sind wir zusammen ans Ende der Stadt gefahren und haben eine gratis Reitstunde bekommen. Am nächsten Morgen bin ich dann nach kurzem Zögern wegen des Wetters nach San Ignacio gefahren und habe dort eine andere Freiwillige aus Capiovi getroffen. In San Ignacio ist eine der ehemaligen Jesuitenmissionen. Davon gibt es hier in der Region sehr viele. Anfang des 17. Jh. kamen die Jesuiten in die Region, um die dort lebenden Guaraníes, die Ureinwohner, zu missionieren. Sie bauten richtige Städtchen, in denen sie mit den Guaraníes lebten. Durch Handwerksarbeit wurde Geld verdient und die Missionen finanziert. Immer wieder gab es Angriffe von portugiesischen Sklavenhändlern, die die Guaraníes gefangen nehmen wollten. Anfang des 19. Jh. wurden die Jesuitenmissionen vom spanischen König verboten und lösten ich auf. Heute sieht man nur die Ruinen dieser ehemaligen Mission, die damals mitten im Urwald stand. Auch heute leben in dieser Region und Paraguay und Brasilien Guaraníes, aber ihr Leben verändert sich natürlich immer mehr, da sie nicht mehr einfach im unberührten Urwald wohnen und keiner von ihnen weiß.

Am Freitag Abend gabs dann erstmal ein typisches Asado, also viel Fleisch vom Grill. Dazu wurde ich von der Gastfamilie von der Freiwilligen aus Capiovi eingeladen, die für dieses Wochenende nach Posadas kam. Am nächsten Tag habe ich ihr etwas das Stadtzentrum gezeigt. Viel Stadtleben gab es für sie aber nicht zu sehen, von ca. 12-16 Uhr ist Mittagspause und wir waren fast die einzigen Menschen auf der Straße. Wir sind auch auf „La Placita“. Das ist der offizielle Schwarzmarkt, auf dem Waren aus Paraguay verkauft werden. Da dort alles nochmal billiger ist, kauft man sich gerne seinen Ventilator in Paraguay oder eben auf der Placita, falls man selbst nicht nach Paraguay will. Auf der Placita gibt es alles von Thermoskannen über Mate-Gefäße über PCs über Unterwäsche bis hin zu DVDs und Playstationspielen. Alle original, versteht sich 😉 Auch kleine Apothekenstände gibt es mit allenmöglichen Kräutern und Pülverchen, die wir nicht identifizieren konnten. Am Abend sind wir dann auf eine Firmung im Villa Cabello. Das Villa Cabello ist eines der ärmeren Viertel Posadas. Zwei andere Deutsche arbeiten hier in einer Armenspeisung und einem Kindergarten und haben uns eingeladen. So hatten wir Gelegenheit uns ein Bild vom ärmeren Argentinien zu machen und auf der Firmung Land&Leute kennenzulernen.Am Ende des Gottesdienst in dem Gebäude, das als Kirche hergerichtet wurde, wurde kräftig für den Priester geklatscht ;)Danach mussten wir uns überlegen, ob wir am nächsten Tag nach Encarnación gehen oder am Abend noch auf eine Verkleidungsgeburtstagsparty. Encarnación ist die paraguayanische Stadt, die direkt auf der anderen Seite des Flusses gegenüber von Posadas liegt. Aber sonntags haben da die Geschäfte nur bis mittags offen. D.h. Wir hätten früh aufstehen müssen. Also haben wir uns dann doch für die Party entschieden 😀 In einem schönen großen Haus mit Pool und DJ. Gespielt wurde natürlich hauptsächlich wieder Cumbia und auch Standardfiguren waren gefragt, wo wir als Deutsche natürlich wieder eher alt aussahen 😉 In den frühen Morgenstunden gings dann heim.Am Sonntag Abend bin ich dann noch mit argentinischen Freunden auf ein kostenloses Konzert an der Costanera gegangen, ein volles Wochenende also 🙂

Alles in allem habe ich nun in den Schulen mehr zu tun und auch in der Freizeit und ich muss mich nicht mehr langweilen. Schade, dass ich nicht mal mehr drei Wochen noch in Posadas bin. Dann geht es ab nach Villa General Belgrano zum Theatercamp und Zwischenseminar. Dann wird noch etwas gereist. Dann geht’s noch zu einem anderen Projekt und -schwupps- ist das Rückflugsdatum da. Mir vergeht die Zeit hier gerade eher zu schnell, gerade eben entwickelt sich hier mein Alltag so, dass er auch noch länger als drei Wochen anhalten könnte. Aber so ist das nunmal…

 

Bis zum nächsten Mal

die ausgebuchte Katha

 

P.S. Eigentlich sollte ich vor 2 (oder waren es 3?) Wochen nun wirklich Internet bekommen…. hachja, Argentinien und die Zeitangaben 😉 Aus zwei Wochen ohne Internet sind inzwischen zwei Monate geworden. Aber ich hab mich dran gewöhnt, auch wenn es teilweise anstrengend ist. Der Müllmann auf der Plaza 9 de Julio grüßt mich auf jeden Fall schon immer freundlich, wenn ich mal wieder am Wochenende mit meinem Laptop aufkreuze 😀

 





Ein Wochenende im Nirgendwo

4 11 2011

Hola,

stellt euch vor: Ich habe jetzt dann auch meinen Stundenplan bekommen 😉 Ich war jetzt dann auch schon das erste mal in der zweiten Schule, an der ich helfe. Das ist die EPET N° 1, die größte Schule in Posadas. Dort kann man deutsch als Fremdsprache wählen, aber es ist nicht so wie im Gutenberg, dass die Kinder von Anfang an Deutsch lernen und es deutsche Feste gibt etc… Ich habe jetzt dann meine eigenen Nachhilfe- bzw. Prüfungsvorbereitungsschüler und mache jede Woche einmal die Kindergartenstunde, in denen ich „Bruder Jakob“ und „Alle meine Entchen“ singe.

Am Wochenende hat mich mein Papa besucht, weil er in Kolumbien unterwegs war und das zumindest schonmal etwas näher bei mir ist.Am Freitag sind wir in die Esteros del Iberá gefahren. Das ist ein Sumpfgebiet drei Stunden von Posadas. Da ging es durch ein Gebiet, in dem eindeutig mehr Kühe als Menschen leben. Es ist flach (kein einziger Hügel weit und breit), grasig und wenn es regnet sumpfig. Als wir ankamen, haben wir auch gleich den ersten Bootsausflug über die Lagune gemacht. Wir kamen mit der Hoffnung, vielleicht einen Kaiman zu sehen oder wenn wir Glück haben ein Riesenwassermeerschwein. Fragt mich nicht wie die wirklich auf deutsch heißen, der Einfachheit halber nenne ich sie jetzt Carpinchos. Doch schon nach wenigen Minuten auf dem Wasser sahen wir die ersten Kaimane (auch Babykaimane.. das nächste Haustier vielleicht?), Carpinchos, Adler, Sumpfhirsche und viele Vögel. Da dieses Gebiet ein Naturschutzgebiet ist, werden die Tiere nicht gejagt. Außerdem sind sie an die Boote gewohnt. Somit kann man auf wenige Meter an die Tiere fahren, die das Ganze gelassen beobachten. Kommt man ihnen dann doch mal zu nah, tauchen sie einfach ab.Am Samstag war ein Gaucho-Tag geplant. Doch es hatte die ganze Nacht geregnet und am Morgen gings weiter. Nun sah alles auch viel sumpfiger aus 😉 Zum Glück hat der Regen dann mittags doch noch aufgehört, so dass wir losziehen konnten. Es ging also ca. 45 Minuten mit dem Auto durch das flache Grasland. Dann kamen wir an einem Hof an, auf dem eine Familie lebt. Ich habe noch nie einen soo abgelegen Wohnort gesehen. Drum herum ist einfach nichts außer Gras, ein paar Bäume, Kühe und Pferde… Das nächste Haus ist 30-40 Minuten mit dem Pferd entfernt, wenn ich das richtig verstanden habe. Die Kinder fahren mit dem Rad in die 5km entfernte Schule oder reiten.Die Pferde waren schon gesattelt, also gings gleich los. In der Hälfte des mehrstündigen Ausrittes sind wir an ein Haus gekommen (wow!) und haben dort eine Mate-Pause eingelegt. Das ganze Land, über das wir geritten sind, gehört irgendwie Verwandten und ist nur alle paar Kilometer durch Zäune abgetrennt. Um 19 Uhr waren wir wieder am Ausgangsort. Unterwegs gab es eine beeindruckende Landschaft, Kühe (was sonst?), kleine Strauße, Eulen und andere Vögel zu sehen. Und man fühlt sich schon ein bisschen wie ein Gaucho, wenn man mit seinem Pferd so über die Steppe galoppiert. Der Heimweg hat etwas länger gedauert, weil auf der Straße total viele Carpinchos lagen.Und die sind die Gelassenheit in „Person“. Liegen da auf der Straße, manchmal mit Babys und gehen erst weg, wenn man bis auf einen halben Meter an sie herangefahren ist und mehrmals gehupt hat. Und die Prozedur eben mehrmals.. Und ich dachte, dass wir eventuell vielleicht wenn wir Glück haben mal ein Carpincho sehen.. 😀 Ein Autofahrer war nicht ganz so rücksichtsvoll wie wir und so sahen wir auch ein totes Carpincho am Straßenrand.Am Sonntag ging es dann nochmal mit dem Boot raus zu einem angelegten Weg durch den Wald. Dort wurden Affen wieder ausgewildert. Und auch die lassen sich von den Menschen nicht stören und tollen durch das Geäst über den Köpfen. Nachdem wir dann mit dem Boot noch einmal Kaimane, Carpinchos & Co. Bestaunt haben, gings wieder zurück. Und am Nachmittag haben wir uns nochmal aufs Pferd gesetzt. Schließlich hat man ja nicht jeden Tag dazu Gelegenheit. Diesmal sind wir direkt vom Dorf aus losgeritten und die Landschaft war anders. Mehr Palmen und mehr Wasser.

Und am Montag früh sind wir wieder nach Posadas gefahren. Zum Glück war die Straße schon wieder einigermaßen trocken. Am Sonntag hat man für die Strecke wegen des Regens noch 6 Stunden gebraucht, denn die Erdstraßen verwandeln sich ganz schnell in eine Matschbahn. Wir zum Glück nur vier. Nach einer kurzen Pause habe ich meinem Papa noch Posadas gezeigt, bevor es für ihn am Abend schon wieder nach Buenos Aires zurückging. Insgesamt aber ein tolles Wochenende!

An alle Freiwilligen in der Region: ich kann euch die Esteros nur empfehlen, wenn ihr mal Gauchos in Aktion sehen wollt, selbst wie einer übers Grasland reiten wollt oder Kaimane, Strauße und Carpinchos aus nächster Nähe sehen wollt.. 🙂

Ich habe an diesem Wochenende so viele Fotos gemacht. Als ich nämlich in der Ferne den ersten Kaiman gesehen habe, habe ich gleich viele Fotos gemacht. Wer weiß, ob ich nochmal einen sehe, dachte ich mir. Aber jedes Mal war der Kaiman näher, also musste ich jedes Mal wieder viele Fotos machen 😀

Eine Auswahl seht ihr hier und mehr gibt’s bald auf www.flickr.com/photos/wunderfuersauge

 

Jetzt heißts wieder arbeiten!

Chao,

Katha

P.S. Wenn ihr auf ein Bild klickt und das wird so ausschnitthaft riesig angezeigt, einfach nochmal klicken und ihr seht es in normaler Größe!








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