Rise Up Jamaica
Wie ihr bestimmt mitbekommen habt, hat Ende Oktober Hurrican Melissa in der Karibik gewütet. Mit der Katgorie 5 war er der stärkste, je regestrierteste Tropensturm, der Jamaika jemals erreicht hat.
Hurrican Melissa – ein Versuch der Beschreibung
Insbesondere den Westen der Insel hat es verherrend getroffen. Einige Orten sind völlig dem Erdboden gleich gemacht worden. Kein Stein blieb auf dem anderen, eine Bekannte aus Belmont (Westmoreland) schrieb mir: „Alles ist zerstört, die meisten von uns sind obdachlos“. Einige Orte sind immer noch von der Infrastruktur (Strom, fließend Wasser, Funk, etc.) abgeschlossen und werden das vermutlich noch eine ganze Weile sein.
Der Hurrican führte zu katastrophalen Stürmen mit bis zu 295 km/h, verherrenden Überschwemmung – Worte können das Ausmaß der Katastrophe kaum angemessen beschreiben. Hier findet ihr eine Übersicht der betroffenene Gebiete:
Wer möchte (aber Achtung, verherrende Bilder), kann sich hier oder hier ein eigenes Bild von der Zerstörung machen (im Fokus vor allem Black River). Von den Sturmfluten, Überschwemmungen etc. gab es einige Bilder wie hier in den Medien.
Auf der Reisen während meinem Freiwilligendienstes im Südwesten der Insel habe ich noch enige Schäden vom Hurrican Berly gesehen, der im Sommer 2024 mit Kategorie 4 Teile der Insel traf. Nun hat es besonders diesen Teil der Insel nochmal aufs Heftigste getroffen. Einige Orte, in denen ich unterwegs war, erkenne ich kaum wieder und waren über Tage nicht zu erreichen.
Zum Glück hat Melissa auch einige Orte einigermaßen „verschont“, wie die Hauptstadt Kingston, wo ich gewohnt habe. Immerhin, denn hier wohnen ja knapp ein Drittel der Jamaikaner. In Kingston, so mein Eindruck aus der Ferne, geht das Leben inzwischen wieder seinen normalen Gang.
Doch Folgen von Melissa spüren fast alle auf der Insel: viele haben selbst Angehörige in den Katstrophengebieten oder merken die noch teureren Lebensmittelpreise (St. Elizabeth gilt als die „Kornkammer“ Jamaikas und war auch mit am heftigsten betroffen). Und vermutlich konnten viele der nicht so stabilen Häuser und Behausungen, auch in Kingston, den starken Stürmen nicht komplett standhalten.
Typische Muster zeigen sich bei Melissa
So scheinen sich also (mein Eindruck aus der Ferne) vorherrschende Strukturen und Muster auf Jamaika zu verstärken. Menschen, die bereits vor dem Hurrican, gut aufgestellt waren, können die Folgen (einigermaßen) gut wegstecken. Menschen, die vor dem Hurrican schon gekämpft haben, werden völlig zurückgeworfen. Erst recht, wenn sie ihren Job verlieren – also nicht nur ihr Zuhause, sondern auch der Arbeitsplatz vom Hurrican vernichtet wurde.
Natürlich lebt Jamaika auch vom Tourismus. Eine Reise ist für viele jetzt durch den Hurrican nicht attraktiver geworden. Es gibt eine Reihe von Stornierungswellen und daher auch einige Aufrufe von Jamaikaner*innen oder auch Ausgewanderten, sich trotz des Hurricans von einer Reise nicht abhalten zu lassen. Gerade jetzt, wo die Hurrican Saison vorbei ist.
Ein weiteres Muster, dass ich in einem meiner Artikel vor Ort beschrieben hatte, dass die Medien vor allem dann über Jamaika berichten, wenn es schlechte Nachrichten gibt, hat sich einmal mehr bewahrheitet: Seit meiner Rückkehr Ende Feburar habe ich Jamaika kaum in den Nachrichten gesehen – bis zum Hurrican Melissa. Und natürlich wirft das ein verzehrtes Bild auf die Insel, die grundsätzlich ja viel mehr zu bieten hat, als Hurricans. Daher herzliche Einladung, auch die anderen Artikel zu lesen! (oben im Menü).
Und dann zeigt sich einmal mehr: Viele der Missstände auf Jamaika können auf die Kolonialverbrechen zurückgeführt werden. Die fragile Infrastruktur, die eher der Exportwitschaft als den Bedürfnissen oder der Sicherheit der Bevölkerung diente, kann Naturkatastrophen nicht genug standhalten. Dies ist auch das Ergebnis von kolonialer Ausbeutung. Wälder wurden für Planatagen gerodet, die Fruchtbarkeit der Böden ging verloren – die gesamte Beschaffenheit der Insel veränderte sich.
Die Kolonialmacht Großbritanien führte auch ausländische Architekturstile und Baupraktiken ein, die für die Gegebenheiten vor Ort ungeeinget waren. Hinzu kommt, dass viel Städte am Meer gebaut sind – das war gut für den Sklavenhandel und den Export, macht die Gemeinden aber auch besonders anfällig für Naturkastrophen.
Der Kolonialismus brachte Wohlstand nach Europa, im Fall von Jamaika ins Vereinigte Königreich, aber nicht dorthin, wo er erarbeitet wurde – in den Kolonien.
Während der globale Norden unfassbar viel CO2 produziert und für den Klimawandel verantwortlich ist, bekommt der globale Süden seine Folgen besonders heftig zu spüren. Ungerechtigkeit setzt sich auch hier fort.
Hurrican Melissa hat nicht nur Jamaika, sondern die ganze Karibik schwer betroffen – u.a. Kuba, die Dominikanische Republik und Haiti. Die politische und wirtschaftliche Lage ist in diesen Ländern verschieden, dementsprechend unterschiedlich sind die Möglichkeiten, mit den Schäden des Hurricans umzugehen. Alle Länder sind in jedem Fall aber schwer betroffen vom Hurrican und der globalen Ungleichheit in Sachen Verursacher und Betroffenen vom Klimawandel.
Jetzt muss sich etwas verändern
Naturkatastrophen werden in Zeiten des Klimawandels zu unserem Alltag gehören. Doch es ist jetzt wirklich an der Zeit, dass etwas passiert und die globale Erderwärmung begrenzt wird – damit viele Plätze unserer Welt bewohnbar bleiben!
Und dann braucht es natürlich auch eine Aufarbeitung und eine Wiedergutmachung der unfassbaren Ausbeutung im kolonialen Zeitalter. Das gilt nicht nur für Jamaika oder das Vereinigte Königreich, sondern für alle Kolonialmächte und Kolonien.
Was kann ich tun?
Wir alle können für die oben geschilderten politischen und gesellschaftlichen Veränderungen eintreten. Nichtsdestotrotz braucht die Karibik, Jamaika, jetzt auch finanzielle Unterstützung!
Die Weihnachtszeit ist eine Zeit des Gebens und Teilens – und für manche auch des Spendes.
Ich möchte euch ermutigen, für Hilfsprojekte auf Jamaika zu spenden. Die Schäden sind verherrend und für viele mehr als existenzgefährdend. Mit einer Spende können wir einen kleinen Anteil leisten. Jeder Euro hilft!
Spendenprojekte
Auf Jamaika entstanden und entstehen einige Initiativen, um Spenden zu sammeln.
Ich habe zwei Freunde vor Ort, mit denen ich viel Zeit verbracht habe und viele Erinnerungen teile. Sie engagieren sich für die Deutsch-Jamaikanische Gesellschaft zur Unterstützung der Seaford Community oder bei United 4 Good JA in Westmorelad und St. Elizabeth. Ihr Einsatz ist wirklich beeindruckend.
Dann gibt es noch ganz verschiedene, kleinere und größere lokale Intiativen mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Ich habe nun zwei weitere, etwas größere Spendenintiativen herausgesucht: Zum einen eine Intiatvie für die Magotty Gemeinde in St. Elizabeth und die Intiative Humanity Ova Vanity in Westmoreland.
Wer einen Einblick in die Hilfsaktionen vor Ort bekommen möchte, kann bei der Deutsch-Jamaikanischen Gesellschaft Berichte vom Einsatz vor Ort nachlesen oder bei den Intiativen auf Instagram nachschauen (unter dem Namen der Intiative oder der im Bericht genannten Personen).
Und mal wieder eine Musikempfehlung aus Jamaika
Ich danke euch für eure Unterstützung und gebe euch gerne noch drei Songs mit, als Abwechslung zu Last Christmas & co 😉
Hurrican Hattie von Jimmy Cliff, der leider vor wenigen Wochen verstorben ist. Eine absolute Legende auf Jamaika und Ikone für den Reggae weltweit.
Wild Gilbert von Lloyd Lovindeer, seit den 70ern Dance Hall DJ aus Kingston.
Beide Songs berichten von Hurricans auf Jamaika 1961 (Hurrican Hattie) und 1988 (Hurrican Gilbert)
Und dann noch „We´re gonna make it“ von Max Romeo, der leider auch im April diesen Jahres gestorben ist. Auch er, eine absolute Reggae-Legende mit berührenden (auch politischen) Texten und großartiger Musik. Ihn durfte ich im Februar noch hören. Sein Song trifft die Mentalität vor Ort und den Umgang mit täglichen Herausforderungen.
Jamaika ist ein starkes Land mit unglaublichen Menschen und wird durch diese schwieirgen Zeiten kommen. Spenden sind dabei eine große Hilfe!
Vielen Dank fürs Lesen und allen eine schöne, besinnliche Adventszeit!
