Das erste Ende: Das Ende der Schulzeit, meiner Arbeitszeit. Zwar ist das Schuljahr hier in Russland schon länger vorbei – seit Ende Mai ist die Schule entvölkert, aber nun ging auch meine Arbeitszeit nach den drei wohl arbeitsreichsten Wochen zu Ende. Während des Sommerkurses, in dem die Zehntklässler ihre DSD-Arbeit vorbereiteten, war ich jeden Tag immerhin 5 Stunden in der Schule und auch permanent beschäftigt. Vielleicht habe ich durch die Inventur, das Vorbereiten neuer Arbeitsmaterialien und das Sortieren alter Kopien auch etwas Sinnvolles, Bleibendes hinterlassen.
Die Schule wird nach den Ferien anders aussehen: Die Renovierungsarbeiten zeigten schon am letzten Tag erste Fortschritte. Darüber freue ich mich für die Schule, die ein bisschen Farbe und Leben gut gebrauchen kann. Während ich in der Nachbarschule ebenfalls Inventur der von der ZfA gestifteten Materialien machte, habe ich gesehen, dass auch russische Schulen eine eigene Seele haben können und der postsozialistische, pragmatische Eindruck, den meine Schule vermittelt, nicht überall noch besteht: Wie ich es aus meiner (alten) Schule kenne, hängen hier Schülerwerke aus dem Kunstunterricht an den Wänden, die in freundlichen Farben bunt gestrichen sind und alle Flure sind hell ausgeleuchtet. Ich hoffe nur, dass die – auf dem Vorbereitungsseminar vorgestellte und beinahe berühmte – Palme im Wintergarten der Deutsch-Etage überleben wird…
„Würdest du gerne länger bleiben?“ – Natürlich ist mir diese Frage von meinen Eltern gestellt worden und auch ich habe mich das gefragt: Aber trotz all der guten Erfahrungen, die ich gemacht habe, würde ich es jetzt, selbst wenn die Möglichkeit bestände, nicht wollen. Denn meine Arbeit an der Schule, die ja den Kern des Freiwilligendienstes ausmachen soll, hat mich nicht zufrieden gemacht und auch nicht gefordert. Natürlich ist es ein hoher Anspruch, als Abiturientin (mit etwas Abstand zur Schulzeit…) ohne Lehrerfahrungen und ohne Sprachkenntnisse in einem bestehenden, funktionierenden System nützlich zu sein, aber häufig habe ich mich sogar einfach überflüssig gefühlt. Und so sehr ich diese Stadt mag – es fühlt sich immer noch etwas unwirklich an, in dieser Stadt, in St. Petersburg zu wohnen – und so sehr es mich freut, wenn ich beinahe selbstverständlich meine Wege durch die Stadt finde: Ohne Arbeit und tägliche Routine fühle ich mich wie eine Dauertouristin. Zwar habe ich längst noch nicht alles gesehen (Aufgaben für die nächsten/letzten Wochen!), aber aus touristischer Sicht kenne ich St. Petersburg vielleicht besser als Hannover, wo ich immerhin 19+ Jahre gewohnt habe. Aber hier habe ich eben keine direkten Anlässe, in die Wohnviertel zu gehen und die Orte des täglichen Lebens mit zu bevölkern, die in der Heimatstadt selbstverständlich in den Lebenskreis gehören.
Darum: Auch wenn ich mich vor dem letzten Tag hier fürchte und die Tage förmlich zerrinnen sehe, freue ich mich auf die Zukunft, so unklar sie mir auch im Moment noch ist. Aber vielleicht ist das ja ihr Reiz? Und es bleiben ja noch viele Tage, die genossen werden wollen und können!
Fotos der letzten Schulwochen: