II. Touristin – Einblicke und Überraschungen

Am Dienstag, den 17. April, stand bei immer noch sehr ungemütlichem Wetter ein Besuch im Marinsky-Palast an. Da eine Fahrt zur Schule und mit der Gruppe in die Stadt zurück für mich bar jeden Sinnes gewesen wäre, hatten wir uns für 11 Uhr am Eingang verabredet. Mithilfe des Routenplaners, der für St. Petersburg idealerweise auch die öffentlichen Verkehrsmittel berücksichtigt, hatte ich mir einen Weg mit dem Bus herausgesucht. Nun werden im Bus die Haltestellen nicht immer angesagt und die Fenster waren so beschlagen, dass man kaum herausschauen konnte. So zählte ich die Anzahl der Stationen und kam tatsächlich dort an, wo ich ankommen wollte… Da ich recht knapp vor 11 Uhr ankam, beeilte ich mich sehr, den Eingang des Palastes zu finden, fand dort aber keine Schülergruppe. Auf meine Frage: „Экскурсия из Австрия?“ (exkursija iß abstrija=Exkursion aus Österreich) wurde mir ein Blatt mit der Beginn für 12 Uhr gezeigt. Naja, besser zu früh als zu spät.

Was der Marinsky-Palast genau war und ist, wurde uns in einer russischen Führung erklärt, die allerdings von den Lehrern übersetzt wurde. Dieser Palast im Angesicht der Isaakskathedrale wurde für eine Zarentochter Maria gebaut, die einen Bayern geheiratet hatte. So kam der deutsche Architekt Stackenschneider (russisch ausgesprochen klingt das sehr interessant…) nach St. Petersburg und machte Karriere. Dieser Palast diente also der Zarenprinzessin und ihrem Ehemann als Wohn- und Repräsentanzhaus. Ab 1884 arbeitete hier der Staatsrat des Russischen Kaiserreiches, wie man auch auf einem Bild im Russischen Museum sehen kann, das die Rotunde dieses Palastes abbildet. Nach der Oktoberrevolution tagte dann hier folgerichtig die Provisorische Regierung und heute versammelt sich hier die Gesetzgebende Versammlung. Wir waren als internationale Gruppe eingeladen worden, diesen Palast zu besichtigen, was wir aber erst erfuhren, als es im Anschluss an die Führung und eine heitere Rutschpartie einen Imbiss gab. Von den Käsebroten und den süßen Gebäckstücken wurden wir angenehm überrascht und der Teespender, der erbärmlich quietschte, erheiterte uns alle.

Nach diesem Programmpunkt hatten die Schüler den Mittag zu freien Verfügung in der Stadt und ich machte mich auf den Weg, meine Angelegenheiten zu regeln.

Zuerst führte mich mein Weg ins Derzhavin-Institut, um einen Sprachkurs zu buchen. Dank des Stadtplans fand ich das Gebäude ohne Probleme, irrte mich aber zuerst in der Tür und stand in einer Baustelle. Und musste ziemlich an der Tür reißen, um wieder herauszukommen. Ich bin nun also für einen Sprachkurs angemeldet, der zwar als Gruppenkurs ausgeschrieben ist, für den aber außer mir noch keine InteressentInnen da sind. Aber auch so werde ich zu den besprochenen Konditionen einen Kurs erhalten – das ist doch was.

Aber auch (noch) ohne Sprachkenntnisse gelang es mir anschließend, meine Monatskarte zu verlängern, dabei hatte ich mir schon meine Sätzchen zurechtgelegt.

Nach dem Besuch der Zentalstelle für Auslandsschulwesen mit einer Zehntklässlerin für das Projekt (zur Vorbereitung hatten wir uns in eine Cafe begeben, wo wir auch ohne Bestellung sitzen durften – so viel Zuvorkommenheit in dieser Stadt!!!) wollte ich endlich meinen Plan umsetzen, einen Wasserkocher zu kaufen. Denn für jede Tasse Tee in die Küche zu laufen, ist ein bisschen unpraktisch. Bei der Stadtrundfahrt am vorherigen Tag waren wir an einem Hauselektronikladen vorbeigekommen, also schien der Weg nicht so schwer. Nachdem ich allerdings eine halbe Stunde stadtauswärts gelaufen war und davon zwar wunderbar warme Füße, aber eiskalte Hände bekommen hatte, begann ich die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass ich vielleicht die Richtung wechseln musste. Hatte ich wohl die Entfernung im Bus falsch abgeschätzt. Lustigerweise fand ich den Laden dann genau eine Busstation nach der Metrostation, von der aus ich in die falsche Richtung aufgebrochen war. Die größte Überraschung erlebte ich dann, als ich einen Wasserkocher für 299 Rubel (ca. 8€) fand. Vollkommen glücklich und in Vorfreude auf Tee fuhr ich zurück und hatte das wunderbare Gefühl, den Tag sinnvoll genutzt zu haben.

Mindestens vier zählbaren, gute Überraschungen an diesem Tag und unzählige mehr machen, dass ich diese Stadt von Tag zu Tag mehr liebe. Ich kann es gar nicht erwarten, Gäste zu empfangen und alles zu zeigen!

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