Montag, 9. April: Endlich hat mein Suchen nach einer Unterkunft für die übrige Zeit ein Ende gefunden. Schon lange habe ich gesucht: Auf Deutsch und auf Englisch, nach WG-Zimmern und Apartments. Aber man findet kaum etwas, was als Freiwillige zu bezahlen wäre.
Aber manchmal zahlt sich Ausdauer aus: Ich habe Irina gefunden, die Zimmer in St. Petersburg für kurze und lange Zeiträume vermittelt und Englisch kann. Die Zimmer ihrer Internetpräsenz sind nicht mehr verfügbar gewesen, doch sie schlug mir in meinem finanziellen Rahmen verschiedene Möglichkeiten vor: Showdown am Montag. Nachdem unser Telefonat am Sonntag nur zu Verwirrung geführt hatte, herrschte am Montagvormittag reger E-Mail-Verkehr – wie gut, dass ich frei hatte.
Als wir dann für den Nachmittag drei Besichtigungstermine ausgemacht hatten, wurde ich doch nervös. Schließlich kannte ich von Irina nur ein altes Foto auf ihrer Internetseite und ein Zimmer hatte ich auch noch nie gemietet.
Zu allem Überfluss fuhr ich auch noch eine Station zu weit in der Metro. Aber dieses Mal hatte ich mich informiert, wo ich die Adresse finde. Irina und ich fanden uns vor dem Haus schnell: zwei ausschauhaltende Menschen mit Handy in der Hand. Den Eingang zum Haus fanden wir allerdings nicht so schnell, da er in einer Seitenstraße liegt. Ein kleines Schild an der Haustür verriet mir bereits, dass ich hier Erfolg haben würde…
Im fünften Stock russischer Zählung (also im vierten Stock deutscher Zählung) vermietet eine Familie ein Zimmer mit zwei Fenstern, in die um 17 Uhr die Sonne schien, hoher Decke und Schaukelstuhl. Dieses Zimmer gefiel mir sofort, aber wir beschlossen aus reiner Neugierde noch ein weiteres zu besichtigen. Dieses „zweite Zimmer“ war eher eine dunkle Kammer am Ende eines Flurs, den man bei Tageslicht nicht sehen wollte. Die Badewanne stand auf Betonbrocken und die Vermieterin wollte nicht sagen, wieviele Menschen in der Wohnung leben. Schnell haben wir die Flucht ergriffen.
Seit Mittwoch bin ich nun Mieterin eines Zimmers im Herzen St. Petersburgs. Zur nächsten Metrostation brauche ich ca. 10 Minuten, zum Nevski-Prospekt unnennenswert länger. Nur zur Schule brauche ich fast eine Stunde… Ich habe einen Mietvertrag und die erste Rate bezahlt und einen Schlüssel.
Am Sonntag werde ich mein neues Heim beziehen, dann gibt es auch Fotos. In meinem Kühlschrank sind schon einige lebenswichtige Dinge (wie Brot) untergebracht (dieses allerdings eingefroren, da ich es nicht verschimmelt sehen will). In der Küche habe ich ein eigenes Bord und einen Geschirrständer. Und ich werde nicht mehr aus dem Koffer leben müssen. Ich freue mich jetzt sehr auf diesen neuen Abschnitt – das nächste Kapitel – aber ich werde die Familienzugehörigkeit und Kümmerung sicher ein bisschen vermissen. Auch wenn von meinen Gastgebern hier wahrscheinlich keiner vorbeikommt:
Danke euch für alle guten Dingen, die ihr mir gegeben habt. Für die Fürsorge, die Freude, die Sprache, das gemeinsame Lachen und das Essen. Auch wenn es für euch vielleicht unvorstellbar ist: Ich hatte NIE Heimweh! Vielen Dank! Спасибо большое!