Die 4. Woche – Schnelldurchgang

Da die vierte Woche schon länger her ist und nicht von riesigen Events geprägt war, verzichte ich darauf, von jedem Tag einzeln zu berichten.

Das Wetter ist abwechselnd sonnig und trübe, abends klart es meist auf. Manchmal taut es, dann schneit es wieder – der Frühling kommt näher.

In der Schule lieh ich mir für die Freistunden weitere Bücher aus und übernahm im Unterrichtsgeschehen mehr Aufgaben.

Am Dienstag beaufsichtigte ich voll autoritärer Strenge die Probeklausur der Neuntklässler für das DSD1, am Donnerstag wollte ich für einen gelungenen Projektstart in der 10. Klasse das „korrekte Briefe schreiben“ wiederholen. Die meisten SchülerInnen bearbeiten hierzu das Thema „Deutsche in St. Petersburg heute“ und besuchen verschiedene Institutionen, in denen Deutsch die Umgangssprache ist. Zwar haben wir den Kontakt schon hergestellt, aber um verschiedene Aspekte auszuprobieren, sollten die SchülerInnen ihren Institutionen eine kurze Mail schreiben.

Aber was macht man, wenn von den anwesenden 4 (!!!) SchülerInnen keine/r dieses Thema bearbeitet, man aber 90 Minuten füllen muss?

Da greift der/die allgemeine Freiwillige/r tief in die Trickkiste (auch Erinnerung genannt) und fördert zutage: Die dialektische Erörterung! Wenn man Themen wie „Die binationale Ehe. Chance oder Konfliktpotential?“ diskutieren soll, ist das vielleicht gar nicht so verkehrt.

Am Freitag unterrichteten die ElftklässlerInnen Deutsch in der Mittelstufe, sodass ich unverhofft arbeitslos wurde und Wörterbuch spielen durfte.

Zur gelungenen Eröffnung der Ferien besuchten Stasija, Sascha und ich am Freitagabend ein „Schlittschuhballett“. Die tragisch kitschige Musik von Tschaikowskys „Schwanensee“ wurde von Band eingespielt und besonders bei den Querflöten wurde die Übersteuerung hörbar. Die Darbietung war mehr Eiskunstlauf in pseudohistorischen Kostümen in Neonfarben als Ballett, aber auf jeden Fall ein Erlebnis. Das Akademische Theater selbst besticht durch eine merkwürdige Kombination aus klassizistischen Säulen und sozialistischen Bildern. Während man im Treppenhaus Marmor und Büsten bedeutender Persönlichkeiten findet, ziert die Wand im Aufführungssaal ein sozialistisches Relief.

Ein paar interessante Augenblicke im Theater: Manche Menschen wechseln während der Aufführung ihren Platz, weil ihnen die Sicht nicht gefällt. Leider sind die Sitzreihen aber noch enger als in Deutschland. Besonders amüsant wird es, wenn dieselben Personen nach 10 Minuten zurückkommen….

Obwohl das Filmen und Fotografieren nicht erlaubt ist, werden die Digitalkameras stark beansprucht. Das entschiedene Hinweisen der Saaldamen hilft nicht, denn die Kamera wird (angeblich) als Fernrohrersatz verwendet (allerdings ist der Saal nicht besonders groß und Operngläser konnte man am Eingang ausleihen).

Um das Bühnenbild zu wechseln, kann man die Zuschauer auch 5 Minuten im Stockdunklen sitzen lassen, einen Großteil davon auch ohne Musik. Wäre das in Deutschland denkbar?

Es gibt für SchülerInnen und StudentInnen ein Freikartenkontingent. Dieses nette Angebot gilt allerdings nur bei schlecht verkauften Aufführungen, man muss aber keinerlei Ermäßigungsnachweis vorlegen.

Am Samstag war schon der erste Ferientag, sodass wir beinahe bis 12 Uhr schliefen.

Der sonnige Sonntag sollte uns eigentlich in die eremitag führen, da die Schlange vor dem Eingang uns aber zu lang war – denn der Wind war unangenehm kalt – spazierten wir durch die Innenstadt (und froren also trotzdem). So kamen wir in die Kasansky-Kathedrale, die Hauptkirche St. Petersburgs. Während die Männer ihre Kopfbedeckung abnahmen, zogen die Frauen die Kapuze oder ein Schaltuch über. Die Luft im Innenraum war so weihrauchgeschwängert, dass die Sonnenstrahlen im Dunst sichtbar wurden. Außerdem war es warm, brannten duch unzählige Kerzen vor diversen Ikonen. Auch ich bekam eine Kerze in die Hand gedrückt. Die Atmosphäre war sehr ruhig und meditativ, obwohl reges Kommen und Gehen herrschte. Nach dem Verlassen der Kathedrale wirkte die Sonne fast schin zu grell und der Straßenlärm zu laut. Ein Ort der Ruhe mitten in der Stadt.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein, Ausflug, Bücher, Familie, Freiwillige, Gesellschaft, Kunst, Menschen, Mentalität, Musik, Privat abgelegt und mit , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Eine Antwort zu Die 4. Woche – Schnelldurchgang

  1. Paul sagt:

    Der Gefaellt mir Button wuerde sich gut im Blog machen, oder finde ich ihn nur nicht?

Kommentare sind geschlossen.