Ich treffe Djato wöchentlich beim Stammtisch im Goethe-Institut. Dort diskutieren wir über Themen, die Deutschland, Togo und die ganze Welt betreffen. Auch bei einer Radiosendung, L’Allemand par la Radio, sind wir uns bereits begegnet. Djato ging und geht seinen teilweise steinigen Weg. Für die weltweite Blog-Aktion „Frag doch mal“ (www.fragdochmal.tumblr.com) gibt er uns nun viele persönliche Einblicke ins Thema Ausbildung und Berufswelt in Togo.
Als ich ein Kind war, wollte ich Soldat werden. In meinem Dorf in Zentraltogo gibt es ein Militärlager und die Uniformen fand ich immer sehr schön (lacht). Ich habe die Schule in meinem Heimatort Kpéwe begonnen. Mein Weg war am Anfang nicht leicht: Ich bin in der zweiten und dritten Klasse durchgefallen. Erst nach der vierten Klasse wurde ich ehrgeizig und konzentriert. Als ich nach Kandé ziehen musste, gab es Probleme mit meinen neuen Mitschülern. Sie akzeptieren nicht, dass ich Klassenbester war. Am Ende des Jahres wurde ich nicht in die fünfte Klasse versetzt. Aber nicht, weil ich nicht gut gearbeitet habe. Mein Lehrer nannte mich einen Banditen.
Ich habe mich später entschlossen Deutsch zu studieren – in meiner Familie gab es viele deutsche Spuren. Viele Bücher über Deutschland und immer Bundesliga: Völler, Klinsmann… (lacht)
Das erste Jahr meines Studiums war gut, im zweiten Jahr passierte nichts. Es gab viele Streiks und Demonstrationen – das ganze Jahr war verloren. Es war schwer, mich zu finanzieren, mein Vater gab mir nichts. Ich habe etwas Grundwissen in Fotografie und habe das als Nebenjob gemacht: Ich habe am Strand, an der Uni, in meinem Viertel fotografiert. Jedes Wochenende. Es gab eine Art Bafög, 20.000 F CFA für zwei Monate (etwa 30 Euro) – das ist nichts! Mein Magistervorhaben war dann eine Sackgasse. Es war schon zu oft erforscht, es war nichts Neues. Eines Tages kam ich aus der Bibliothek, habe meine Bücher abgelegt und war total entmutigt. Ich war leer, ich war erschüttert.
Dann habe ich ein Jahr ein bisschen an einer Privatschule gelehrt und ging auch wieder an die Uni, um Englisch zu studieren. Aber beides war ein zu großer Druck. In der Schule wurden wir teilweise nicht bezahlt, oder wir bekamen nur einen Teil von unserem Gehalt von 30.000 F CFA.
Ich habe eine Weile als Praktikant am Goethe-Institut gearbeitet, habe Nachhilfe gegeben und jetzt bin ich seit vier Jahren in einem staatlichen Volontärprogramm und übersetze Englisch in der Zusammenarbeit mit nicht-frankophonen Ländern. Mal sehen, was später passieren wird (lacht).
Uni, Uni, Uni in Togo
Das Problem in Togo: Es gibt keine Arbeit. Unser Bildungssystem ist vielleicht nicht das Schlechteste, aber es hat viele Probleme. Wir lernen zu viel Theorie, alle wollen an die Uni. Ich denke, man soll eine Elite ausbilden, aber auch Menschen, die mit ihren Händen arbeiten können. Diese können sehr zur Entwicklung beitragen. Wir brauchen Ausbildungsschulen und mehr Wissen über Ökonomie, wie etwa in Ghana und Nigeria. Unsere Bildung passt nicht zum Arbeitsmarkt. Immer Uni, Uni, Uni und am Ende gibt es keine Arbeit. Brauchen wir viele Anthropologen in Togo? Ich habe einmal eine Soziologin getroffen und sie hatte seit zehn Jahren keine Arbeit. Sie sagte mir: Ach, wäre ich doch Schneiderin geworden. Ich kenne Menschen, die haben einen Magister oder Master und machen Semidjan (Moto-Taxi-Fahrer).
Ich vermute für die Zukunft: Es wird sicher bessern. Die neue Generation fängt an zu verstehen, dass es keine Schande ist, Handwerker zu werden. Auch jemand, der zur Schule gegangen ist, kann auf dem Markt arbeiten! Ein Mechaniker ist sehr wichtig!
Und jetzt brauchen wir auch Vorbilder hier in Togo. Menschen, die nicht nur selbst profitieren wollen. Sie können uns den Weg zeigen.
Das ist ein buntes Leben.
Ein tadelloses Leben gibt es aber nicht – auch wohlhabende Leute klagen sich.
Ich finde es sehr schön, dass Herr Djato gar keine Hoffnung auf eine bessere Zukunft verloren hat.
Das sollen Jugendliche versuchen, immer positiv und positiv bleiben, aber vor allem objektiv und pragmatisch sein.
An der Uni studieren ist gar nicht schlecht; man soll nur wissen, wozu man was in welcher Zeit tut.
Lebe die Jugend!