„Du wirst sterben“, sagten sie mir, als ich mit funkelnden Augen von meiner Idee erzählte mir in Athen ein Fahrrad anzuschaffen. Und ja es stimmt, auf dem ersten Blick scheint der Verkehr hier ohne Ordnung und System zu laufen, aber das ist nur das Offensichtliche. Wie man wissen sollte: L’essentiel est invisible pour les yeux. Also nach zwei Monaten intensivem Studieren des Verkehrs – ich schaute, wie die Ampeln schalten: rot, gelb, grün und zurück grün, gelb, rot. Ich beobachtete wie sich die Motorräder verhalten und wie die Autos auf sie reagieren. Auch schaute ich auf die Straßenbeschaffenheit – beschloss ich also erst mal ein ποδήλατο zu mieten. Gedacht, getan. Ich ging zu einer Fahrradvermietung, auf die eine Person mich aufmerksam gemacht hatte und schauten uns um. An der Wand hing ein wunderschönes Bridgestone Rennrad aus den 90ern. Jeder der mich kennt, weiß das solche Räder meine Achillesferse sind. Mit schmalen Reifen, hochwertigem Aussehen und keiner Federung, aber völlig ungeeignet für Athen. Also fiel der Blick nach unten auf ein Giant Mountainbike. Schlicht, grau und sah cool aus. Der äußerst höfliche Inhaber, der selber seit 10 Jahren im Fahrrad-Business beschäftigt ist, bot mir an es im ersten Monat für 70€ zu inklusive Lichter, zwei Schlösser und Helm vermieten. Wenn ich es danach weiter haben möchte geht er im zweiten Monat auf sechzig und ab dem Dritten sogar für 50€. Was ein toller Vorschlag für ein voll funktionales und praktisches Vehikel.
Wie ist es nun im gefürchteten Athener Verkehr zu fahren? Ganz ehrlich, gar nicht schlimm. Ja zugegeben es ist nicht ungefährlich, aber (ein großes Aber) die Leute halten viel Abstand von mir, wenn sie mich passieren oder fahren zögerlich hinter mir her nicht genau wissend, was macht jetzt diese Fahrradfahrerin, wenn ich sie überhole. Das klingt erst mal skurril, aber Fahrräder sieht man hier so selten, dass es immer wieder eine Überraschung ist „Kollegen“ zu sehen. Daher sind alle Verkehrsteilnehmenden nicht an das Fahrrad gewöhnt und man kassiert öfters einen erstaunten Blick. Ich fahre mit viel Aufmerksamkeit durch den Verkehr immer mit dem Bedenken, dass irgendwo her doch ein Fußgänger, Auto oder Rollerfahrer kommen könnte. Einfach ein rücksichtsvolles Fahren, aber eben ein Ticken mehr, als in Deutschland.
Auch sage ich immer wieder: Ich bin eine Motorradfahrerin ohne Motor. Heißt also, ich reihe mich auch ganz vorne bei den Ampeln ein und düse mit ihnen bei grün die Straßen hoch. Sie mit einem lauten „Vrrrmm Vrrmm“, ich mit lautem Stöhnen oft im falschen Gang. Im Verkehr fahren bedeutet während der falschen Stunden Stau. Da ist es extra praktisch ein Fahrrad zu haben, denn auch der Bus steckt dann im Stillstand, aber mit der Fußpedale kann man super zwischen den Autos nach vorne zur Ampel fahren. Das ist wohl das beste Gefühl – Vorankommen, wenn alles steht.
Außerdem hat mir die griechische Sprache ein neues Lieblingswort für Fahrrad gegeben: ποδήλατο (podilato). Das bedeutet so viel wie Fußpedale, na ja so klingt es zumindest für mich.
Die Etymologie sagt aber, es kommt vom – natürlich alt griechischem – πούς (poús, “Bein, Fuß”) + ἐλαύνω (elafno, “sich bewegen”) + –τος (-tos).
Aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaber da finde ich meine Fußpedale origineller ;D.