Archiv der Kategorie: Reisechronik

Zum Träumen und Schwelgen…

Wochenenden… Das Frühjahr-Foto-Catch-Up

Noch schnell kurz, bevor der Sommer kommt. Jeder kennt es, jeder weiß es. Je länger man irgendwo ist, desto mehr hat man zu tun, desto weniger kümmert man sich um sein zweites Standbein, auf welches ich mich jedoch schneller als gewollt wieder stützen werde(n muss): Ihr dort in Deutschland.

Um all dem Trubel und Jubel der letzten Zeit und vor allem der wochenendlichen Rumreiserei etwas Bildmaterial zu unterlegen, sind hier einige Aufnahmen der letzten Monate:

 

TRAVNIK

Einen februarischen Tagestrip mit anschließender Hüttenparty mit Freunden ging es nach Travnik. Hier gibt es genau eine Hauptfußgängergasse, einen Mickerfluss, glotzende und verwirrte Leute, eine Festung mit super Ausblick und viele hohe Berge.

 

SUTJESKA NATIONALPARK – DRINA – FOČA

Im März machten wir uns schon auf in die hohen Ecken… Sogar Badesachen hatten wir (vergebens und unverständlicherweise) auf die 2000 Meter mitgenommen. Der Sutjeska beherbergt Maglić, der mit 2400 Metern höchste Berg des Landes. Auch beherbergt der Park genau eine Hüsung, die im Monat März schon geöffnet hat. Die galt es erstmal zu finden. Und auch die Busverbindung, die überhaupt bis in den Park fährt. Unsere Nette Gastgeberin von der „Touristeninformation“ brachte schöne, bunte Broschüren mit, aber leider keine Karte des Parks. Gut, dass wir vorher etwas bei Google ausgedruckt hatten. Möge das Abenteuer beginnen…

Nach Übernachtung im Park ging es weiter nach Foča. Foča ist eine Stadt, in der der Krieg noch besonders fest sitzt. Örtlich in der Republika Srpska liegen in der ehemals muslimischen Stadt nurnoch Leute von vor 1994 begraben. Die ottomane Altstadt sieht genauso aus wie nach dem Krieg wahscheinlich auch. Nur mit mehr Gestrüpp drum herum. Auf der anderen Flussseite glänzt die neue orthodoxe Kirche, in welche das ganze Dorf für einen Gottesdienst passen würde.

Auch in die Drina hält man seine Füße lieber direkt neben der Quelle. Nach Foča schwimmt da schon allerlei Abwasser und Gestank mit herum. Filtersysteme existieren nicht. Nichtmal Müllverbrennung gibt es in diesem Land.

 

KONJIC – JABLANICA – JABLANIČKO JEZERO

Im April ging es mal wieder für ein Wochenende in die Hercegovina. Zwar nicht bis runter nach Mostar, jedoch immerhin die halbe Strecke.

Konjic ist eine wunderschöne, niedliche Stadt an der Neretva, welche gigantisch unter dem Berg Prenj liegt. Über einen Höhenpass kommt man quasi von oben in die Stadt gefallen, alles ist grün, wärmer und adriatischer als oben in Sarajevo. Für einen Kaffee zahlt man nurnoch 70 Pfennig. Nach zwei Stunden ist man aber auch wirklich durch mit der Stadt. Das übliche Besichtigungsschema in Bosnien: Über die Brücke, dreimal um die Altstadt, einmal hoch den Berg und staunen. So auch hier über Konjic, weiß geschmückt in Kirschblüte.

Weiter ging es am Nachmittag nach Jablanica. Und weil man so deutsch ist und das Wetter so gut ist und zufällig gerade der Stausee Jablaničko abgelassen wurde, gönnt man sich doch eine Schlammschlacht und läuft so weit man kommt im weichgetrockneten See/Flussbett flussabwärts Richtung nächste Stadt. Noch nie bin ich so gelenkschonend im Schlamm versackt. Noch nie habe ich auf einer SO grünen Wiese gelegen. Und noch nie haben uns so nette Leute auf einen Kaffee auf ihre Terrasse eingeladen, vor welcher wir in der Abendsonne rumgelegen haben. Von da kann man im Sommer direkt in den See springen, wenn der wider voll ist. Wir seien jederzeit herzlichst eingeladen.

Jablanica selbst ist wieder nur senkrechte urbane Fläche am Berghang, wo wirklich nichts los ist. Ein Kaffee: 50 Pfennig. Also schnell wieder für den Sonntag zum See.

 

JAJCE – BOSANKSKA KRUPA – UNA RAFTING – BIHAĆ

Über den ersten Mai hatte ich die Ehre, mit anderen Kulturweitlern auf dem klarsten Fluss Bosniens, der Una, zu raften. Wie sich das gehört, wurden unterwegs Stops hoch 10 gemacht:

Jajce ist wohl die Stadt mit der längsten Geschichte im Land. Hier auf der Bergfestung saßen früher die bosnischen Könige und guckten sich in ihrem dichten Berg-Waldreich um. Die Standortwahl ist durchaus nachvollziehbar: Ein Meer aus Wasserfällen zieht sich durch die Altstadt und an der Stadt entlang weiter in die Berge, unterbrochen von Seen, wo wirklich die Bäume ins Wasser fallen.

Oben in Krupa wohnten wir zu viert in einem Wochenendhäuschen, von wo wir täglichst die Una berafteten. Der Sauber-Vorzeigefluss Bosniens war aber garnicht so sauber. Das Hochwasser stand schon gut im Kommen, rund anderthalb Meter mehr hatte die Una, weshalb auch unschöner Modder mit den Fluss hinab kam. Außerdem war das Raften durch den hohen Wasserstand keine anstrengende 4-Stunden-Nassspritzerei mehr, sondern eher eine „Wir-fliegen-in-einer-Stunde-trocken-über-den-4-stunden-Stromschnellenparcours“-Tour. War trotzdem super. Und kalt.

Krupa selbst ist alles andere als vorgestellt. Wo man im Süden und Zentrum des Landes überall Müll sieht, alles doch recht bevölkert ist und man die Naturschätze erstmal suchen und von ihrer Existenz wissen muss, wird der Schatz im hier Norden ohne Einschränkungen präsentiert. Schon auf der Hinfahrt fährt man eine Stunde durch halb bewaldete Hochebenen wo absolut niemand ackert. Das 30.000 Einwohner Städtchen Krupa ist so sauber und geplegt und aufgeputscht wie kein anderer mir bisher begegneter Ort in diesem Land. Durch die Nähe zum Westen und dem Naturparadies Una hat sich der im Krieg komplett zerstörte Ort schnell wieder erhohlen lassen – von außerhalb. Nichtmal in der Hauptstadt fahren so viele internationale Autos herum. Krupa ist zum Wochenend- und Ferienort für ausländische Einheimische geworden. Auch über den ersten Mai kamen viele zur Erholung. Ansonsten sei die Stadt menschlich gesehen eher tot.

Die Una ist wie bereits gesagt ein Schatz – wie jede Natur immer und überall. Jedoch hat die Bevölkerung dies verstanden. NULL Müll wird auch nur annähernd in den Bereich dieses Flusses gebracht, verdient wird durch Tourismus und Fischerei. Sonst ist hier oben kaum etwas zu holen. Selbst die UNESCO hatte schon die Zäune um das neue Welt-Kulturerbe gezogen gesehen. Nur, dass sie die Hauptverkehrsachse von Krupa nach Bihać, dem nächstgrößten Ort, sperren und zur Natur machen wollten. Das wäre der infrastrukturelle Ruin gewesen. Hat sich aber jemand dagegen gestellt.

Bihać ist dann schon wieder eher der restlichen Landentwicklung angepasst. Teils kaputt, mit dennoch einigen neuartig-außerirdischen Bauten. Geteilt wird die Stadt von Inseln in der Una, die zum ersten Mai leider alle nurnoch unter Wassermasse lagen. Im Sommer dennoch ein grünes Paradies mitten in der Stadt.

Schön ist es, zu reisen. Schön ist es, wieder anzukommen. Schön ist es, dieses Land und schön ist es, in diesem auch herumzukommen. Ganz ganz schön finde ich das!

Der Gruß aus Deutschland…

…kommt eine Woche zu spät. Aus Zeitmangel. Eine Woche ist die Schwester zu besuch, knapp zwei Wochen begleitet man einen Austausch nach Aschaffenburg und jetzt ist schon wieder für zwei Wochen etwas Liebes aus Hamburg da, da steckt man die Tippzeit eben ein bisschen zurück.

Hier die halbe Stunde Kulturschock zusammengefasst.

 Am Flugplatz steht er. In der Sonne, in Sarajevo. Fünf Minuten vor Check-In-Schluss, ganz zeitig, ganz bosnisch. Das viel zu große Handgepäck in Form eines für zwei Wochen gepackten Wanderrucksackes hat schon die Handgepäckmarke – trotz gefühlten Übergewicht. Gut, dass der Blonde nicht aus Deutschland zurück, sondern erstmal hin will.

Nach drei Kaffees und noch ein bisschen herumstehen springt die bosnische Masse von ihren Stühlen, weg von der Check-Im-Warterei. Die Ansagen kommen vertauscht aus der Durchsage – Erst kam der letzte Aufruf für den Flug nach Köln, danach durften Frauen, Kinder und Alte auf die hinteren Plätze. Aber flott sind sie, wenn es losgeht, da steht dann doch der junge Spusi vor der Oma am Schalter. Hat wohl die Lautsprecher nicht richtig gehört.

 In Köln regnet es. Bei 12 Grad. Es ist grau und sauber. Ein Freiwilliger steigt aus dem Flugzeug, ausgehungert. Deutsche Fluggesellschaften verlangen eben sechs Euro fünfzig für ein Mini-Sandwitch. Da ist man entweder arm und halbsatt oder stolz und hungrig, wenn man wieder festen Boden unter den Füßen hat.

Es fällt der Mamorboden auf. Es fällt der Geruch auf. Es fallen die Mülleimer auf. Und die Passkontrolle, wo ein EU-Deutscher 700 mal so schnell durchkommt als ein Bosnier.

Mit der S-Bahn zum Bahnhof. Auf dem Weg dorthin…

 

…könnte doch so langsam-    Ah, da ist ein Schild.

Und wo-    Ah, hier steht es doch, die Treppe runter.

Wann fährt denn-   „Auf Gleis 2 fährt ein die S-Bahn nach Köln Hauptbahnhof.“

Danke Deutschland, danke System. Ja, System. Da kann man sich drin bewegen, sich zurechtfinden. Man kommt vom Flughafengrenzkontrollsystem in das Gepäckabholsystem (was ich erfolgreich auf der Fast-Lane um gehen konnte, dank nur Handgepäck) in das Gangleitungssystem in das Fahrkartenkaufsystem in das Zugsystem.

Die Bahn fährt an. Zumindest sieht es so aus, weil sich draußen der Bahnsteig bewegt. Man hört nämlich nichts, man fühlt nämlich nichts. Man merkt nur dieses leichte Stupsen, wenn der Magen lieber ein Stück dichter an die Wirbelsäule will. Fachgemäß und geschult wird kontrolliert, offen und ehrlich die Verspätung zugegeben, viereinhalb Minuten. Genau.

In Köln am Hauptbahnhof. Bäckergeruch vom Coffee-to-go. Oder besser noch vor dem Hauptbahnhof. Da stehen Demo-Leute mit Megaphon und keiner guckt hin. Da steht dieser dusselige Blonde mit dem Übergepäckrucksack mitten in Köln vorm Hauptbahnhof und guckt sich erstmal um. Da sind so viele Leute. So viele Leute. So viele. Die rennen hin und her, die Treppe zum Dom hoch und wieder runter, im Businesslook mit dem Telefon an der Backe, mit Studentenlook und dem Brötchen in der Hand, mit normal-bürgerlichem Arbeitslook und dem Coffee-to-go. Und alle am Sprinten. Noch schnell die Regionalbahn nach Bonn kriegen, die hat ja genau drei Minuten Verspätung, die kriegt man noch. Und wenn ich im gehen meinen Kaffee trinke kommt das Koffein bestimmt schneller ins Blut? Lauft alle, lauft!

Der Übergepäckrucksack steht in einem Café namens Antheum. Hier gibt es Antiquitäten und Kaffee. Neben dem Rucksack sitzt dieser komische Mensch, der vorhin noch den gesamten Bahnhofsplatz blockiert hat und nachher noch im Buchladen Loriot lesen und im Museumsladen Postkarten kaufen wird. Der Zug fährt nämlich erst in ein paar Stunden weiter. Den ganzen schönen deutschen Laden hat der aufgehalten, er, der Dreckfleck im Bahnhofseingangssystem. Der, der in Bosnien immer alle überholt beim sprinten, wird hier eiskalt abgehängt und liegt überrundet und stolz auf dem letzten Platz.

Meine Anschlussverbindung hat Verspätung. 21 Minuten. Eigentlich sind nur 15 Minuten Zeit zum umsteigen. Wie schön, dass der zweite Zug auch 17 Minuten Verspätung hat, da kann man dann seine Zigarette noch im gelben Quadrat rauchen, und muss sich das Nikotin nicht im Gehen zwischen Smartphone, Autoschlüssel und Rollkoffer auf hohen Schuhen durch die Zähne saugen…

Toll sind sie, die Deutschen!

Buda mit Pest und Zagreb

So, jetzt reicht’s. Sechs Wochen Nachreisezeit, sechs Wochen strengst eingehaltene Arbeitsstrukturen – da bleibt nichtmehr viel im Hirn von der Reiseschwelgerei. Zumal der nächste Schritt schon in zwei Wochen getan wird: Austauschbegleitung nach Deutschland.

Dementsprechenend hier nur die letzten Reisebilder:

 

BUDAPEST

 

ZAGREB

Was alles nicht Rumänien ist…

…ist natürlich genau das, wo man sich als Fremder herumtreibt. Bukarest und Siebenbürgen gehören laut uns umfeldeten Persönlichkeiten einfach nicht dazu – kulturell als auch sonst. Ein Grund, sich dort mal blicken zu lassen.

Das ganze ist zwar schon über einen Monat her, aber Mitteilungsversprechen sollte man ja doch halten.

Was man aber generell zu Rumänien sagen kann, ist schön. Schön kann man dazu sagen, was Natur, Landschaft, Leute und Sprache angeht. Läuft man in Bukarest durch die U-Bahnen, wird man von Leuten angesprochen, die merken, dass man nicht von dort ist. Die laden einen ein, bieten einem seine Wohnzimmercouch zum schlafen an, bekochen einen… Man interferiert in deren Leben und die freuen sich daran. Auf einer wunderbar angenehmen Sprache, die man mit romanischen Vorkenntnissen sogar versteht. Mit einem Italiener könne man sich problemlos verständigen, so die Aussagen. Und das inmitten eines slavistischen Haufens.

BUKAREST – Hat eindeutig den seltsamsten Großstadtcharakter überhaupt. Nachdem man sich so viel in Balkan-Metropolen herumtreibt, schwindet einem sowieso irgendwie der Vergleichswert unter den Fingernägeln weg. Je mehr man sieht, desto mehr hat men gesehen, desto mehr denkt man drüber nach, desto weniger weiß man, wie man was genau einschätzen soll. Also Free-Walking-Tour. Die ist immer gut und supergünstig, weil „Free“. Gegen Spende. Funktioniert super, weil  sich die Guides wirklich Mühe geben, schließlich hängt die Bezahlung davon ab. Gibt es zu Hauf auf dem Balkan, und somit auch in Bukarest.

Dennoch war unser guter Vorreiter nicht der Begeisternste, weswegen ich herzlich wenig mitbekommen habe, was ich an dieser Stelle vermitteln könnte. Also guckt man sich in der Gegend um, und stellt folgendes fest:

– Eine extrem winzige Altstadt mit winziger Szene für eine Zwei-Millionen-Stadt- Nur kleine Kirchen
– Viel kommunistisches Gebausel, von riesigem Prunkbau bis zu superhässlichen Platten

Außerdem sehr genige Bars oder Cafés im Straßenbild. Einfach irgendwie komisch. Bei strahlendem Sonnenschein zeigt die Stadt trotzdem so eine stille, schöne Bedrückung. Mag sein, dass es am Sonntag liegt, mag sein, dass es am Winter liegt.

Was aber noch sein kann, ist, dass ein netter Herr namens Ceaucesko seinen Machkomplex hier so abartig krass ausgelebt hat wie meiner Meinung nach Hitler sein Germania in Berlin. In Bukarest wurden Kirchen um teilweise hunderte von Metern einfach verrückt, um Platz für eine Prunkallee zu bauen. Unterhöhlen, mit Beton untergießen, warten und abtransportieren. Über die Hälfte der Altstadt ist einfach mit steriler Platte überbaut worden, weil man das damals halt so tat. Dementsprechend ähnelt die Altstadt eher einer großen kommunistischen Sandkiste.

Was man den guten hier aber lassen muss: ÜBERALL sind Fahrradwege. Der Park wurde als Erhohlungszentrum schon lange entdeckt. Die Seenplatte am Nordrand der Stadt ist somit verflixt schnell zu erreichen und mit dem Fahrrad von Anfang A bis Ende B komplett abzufahren. Extrem tat mich das erinnern an die Alster.

Hier etwas Bildmaterial:

 

SIEBENBÜRGEN – Hier wohnen die Siebenbürgersachsen. Beziehungsweise die, die kein Deutsch sondern was altes sprechen, die bis auf die Deutschstämmigkeit nichts mit uns zu tun haben. Trotzdem sitzt hier Geld in der Kapartenregion. Alles ist schick, sauber und siebenbürgisch, weshalb es strengstens (…) verboten ist, diese Region mit Rumänien gleichzustellen. Deutsche sind hier zu finden wie Rumänen im Rest von Rumänien.Hier war nie Kriegsgeballer. Alles undurchlöchert, unangetastet abgesehen von der Zeit.

 

BRASOV

 

SIBIU – Ein deutsches Internat, Mittagstisch im Österreichischen Konsulat, deutsche Bibliotheken, Ausstellungen, eine hervorragende Synphonie. Genau die richtige Größe, genau den richtigen Pegel an Aktion, genau die richtige, entspannte Stimmung, genau die Organisation, die ich an den Deutschen dann doch so liebe, und die vielerorts auf dem Balkan noch fehlt. Bei genau dem Schlag Freiwilliger, den man zu drei Tagen bummeln und Kaffee trinken braucht.

 

SEBES, ALBA IULIA – Besuch bei Julianes ehemaliger Austauschpartnerin aus Schulzeiten (hach, wie lang ist’s her…)Wir werden umsorgt, gefüttert, bekocht, bewaschen und gefahren. Uns werden Tickets gekauft, Stadtführungen gegeben und Rucksäcke getragen.

Bulgaristan 2

Da brummts noch. In den Ohren. Ich muss niesen. Die letzten Nuss-, Meer-, und Großstadtgerüche verflüchtigen sich im 38 Grad heißen Reisebus nach Varna. Bulgarien zum zweiten. Diesmal deutlich in deutlich abgeschwächterer Form, was Städte, Energie und Sonnenschein angeht.

VARNA – Morgens um fünf kommen wir an. Aus dem Bus mit Hochsommertemperaturen ausgesetzt in die eisige bulgarische Küstenkälte zu einer Zeit, wo die feierfreudigen Bulgaren noch brav unter ihren Decken schlummern – wer nähme ihnen das auch übel.

Wir in diesem Fall schon. Denn wie allgemein bekannt ist, fügt sich das menschliche Wesen unangenehmen Situationen nicht einfach mit einem Schulterwurf, besonders nicht, wenn der Energiestand durch zu wenig Schlaf nicht auf 100 % steht und Nahrung leider nicht verfügbar ist. Was tun? Meckern, maulen, lachen, schlurfen – und sich einfach den Bedürfnissen des weltlichen Seins fügen und: Schlafen – auf Casino-Sofen, wo die besoffenen Weiber um einen rumtorkeln, niemand an der Rezeption ist, wo bereits weitere Schlafbedürftige ihre Bedürfnisse befriedigen und das Wummern von oben einen in den Schlaf wiegt…

Hier die Fotos von der darauf folgenden Stadtbeschleichung:

 

SHUMEN – Wo wir uns alle wieder gesund gelacht haben. Hiermit nochmal ein kulturweiter Dank an das supergeniale Netzwerk unter uns Freiwilligen, wie wären wir sonst jemals in diese als sozialistisch super hässlich beschimpfte und von Reiseführern einfach nur verpönte Kleinstadt gekommen. Hier will das Plenum aktiv, dass man einen Bogen macht.

Das einzig Spektakuläre ist ein Riesendenkmal von irgendwelchen in Beton gefassten Monarchen, welches die ganze kleine Stadt vom Berg aus überschaut. Hier umgeht man brav das Kassenhäuschenn hintenrum – und das war’s dann auch schon in Shumen.

 

RUSE – Der Nord-Grenzort an der Donau. Hier ist eingentlich nicht die Stadt das spannende sondern der Transport…Was doch sonst in Bulgarien immer so gut funktioniert hat waren Bus und Bahn. Im vergleich zu Bosnien zumindest. Was tut der gemeine Mensch wenn er noch am Abend des Ankunftsmorgens weiterfahren will? Genau, fragen. Nach Bus und Bahn. Will man sich die Stadt aber noch angucken, reichen zwei Stunden bis zur Weiterfahrt nicht wirklich – Äußerst komisch, findet man, dass ins 70 Kilometer entfernte Bukarest nur ein Bus und eine Lok über die Donau in diese Richtung fahren.

Aber (die Bulgaren sind ja nicht blöd) es stehen Taxen bereit, die einen für (ich hab’s vergessen… 30 Euro?) mal eben nach Bukarest fahren. Da sagt man doch nicht nein.

Was man vorher mit dem Daumen gemacht hat, tut man nun im Taxi… Strecke machen mal ganz anders.

 

Von der Istanbuler Unbeschreiblichkeit

14 Millionen Einwohner. Platz drei auf der Randliste der weltgrößten Städte. Die urbane Fläche, die man als durchschnittlicher Europäer neben Sonne und Meer mit der Türkei assoziiert. Das, was man vor einem Besuch mit Unglaublichem, Bombastischem und irgendwie doch Orientalisch-Utopischem verbindet…

Dass hier ganz normale Menschen wohnen, auch hier ein Gebäude nicht länger hält als anderswo und somit gewisse Altersspuren aufweist bzw. ersetzt werden muss, dass die 14 Millionen auf riesigen, brüllenden, stinkenden Hauptverkehrsachsen herummobilisieren und nicht auf dem fliegenden Teppich zur Arbeit fliegen oder dass man nicht mal eben von der einen Moschee zur nächsten kommt, weil man mit drei mal Bus wechseln anderthalb Stunden für zwölf Kilometer braucht (was auch nur ein Bruchteil der Distanz ist, die man in Istanbul so von Wichtigkeit zu Wichtigkeit zurücklegen kann); all das gehört nicht in das schöne Istanbulbild, gehörte zumindest nicht zu meinem.

Fakt ist, dass vorortigen Tage gerade einmal defür gereicht haben, einen groben Überblick zu bekommen. So viel Umfeld kann man irgendwie einfach doch nicht aufnehmen. In acht Tagen.

Am ersten Tag stehen wir beispielsweise auf dem großen Bazaar, im Fressparadies. Generell ist Istanbul das Schlaraffenland, was Nahrung betrifft. Überall werden Touristen anhand ihrer Grundbedürfnisse herangelockt, sabbernd blättert der eine oder andere überteuerte Feigen in die Hände von extrem gut ausgebildeten Marketing-Überzeugern. Uns Balkangewöhnten ist der Fressspaß oftmals zu teuer.

Da, das Restaurant sah doch ganz gut aus. Hier, diesen Stand merk ich mir für die Gewürz-Shopperei. Und das wars dann auch an diesen Ecken. Zurück kommt man nämlich nicht so einfach. Das muss man planen. Und wenn man noch etwas anderes sehen will, ist das eigentlich unmöglich. Alles, was einen von dort her noch begleitet, sind die Gedanken an die genialen Gewürze und Anmachen wie: „Ey du, haben wir uns nicht schonmal getroffen? In den schönsten aller Träume? Auf unseren Teppichen werden Träume wahr!“ Oder ob man den „best fish in town“ essen will, den es interessanterweise die gesamte Stadt über gibt.

Mal weg von der Fresserei hin zum Stadtbild. In Istanbul stehen Moscheen riseige Brunnen und anderer riesiger Kram. Eine Querstraße weiter steht eine halbsogroße Moschee, echt klein und unwichtig, denkt man sich. In jeder anderen Stadt könnte das hier links liegen gelassene Kulturgut einfach zur nationalen Hauptatraktion werden. Nur konzentrieren sich nunmal alle Bauten in diese urbane Fläche am Bosporus hinein, wodurch aus der Masse heraus eben mal wieder nur der Stärkste gewinnt. Diese Masse ist einfach gewaltig. Zu gewaltig. Erschlägt einen nach einiger Zeit. Man läuft taub durch die Stadt, zugedröhnt von unaufnehmbarer Kulturmasse, Autos, hupenden Taxis, klapperndem Geschirr, schreienden Gewürzhändlern und angebotenen Fressalien…

So konfus wie dieser Gedankengang, so wirr war die Zeit doch irgendwie in dieser Monsterstadt. So toll gewisse Ecken in Istanbul auch sind, die muss man erstmal finden. Und dann auchnoch wiederfinden. Wenn man dann nicht schon vollkommen von der Enormität dieser Stadt zernommen wurde.

Bulgaristan 1

Abends so sei die Ankunftzeit. Gewesen. Und Morgens die Weiterfahrt ins unglaubliche Plovdiv. Dazwischen lagen ganze zwei Tage in der bulgarischen Hauptstadt mit einem Wetter, welches man keinem Januar in keiner Religion und keinem Leben jemals auch nur im wurzeligsten Ansatz zugetraut hätte.

Sofia hat Washingtoner Parks, Obeliske(n?) und Gebäude, Innsbrucker Bergpanorama, eine stolze orthodoxe Kirche (noch die größte der Balkans in Funktion) wie Belgrad (bald die größte des Balkans in Funktion)und leider kein Wasser wie Hamburg. Mit Sarajevo und Belgrad als einzigen balkanischen Hauptstadtvergleich ist Sofia flächenmäßig riesig. Und deshalb sehr angenehm zu ergehen.

Was wohl das spannenste an dieser Stadt ist: Die Wachstumsrichtung. In normaler Urbanistik ja wohl horizontal. Versuchen wir es mit einem Beispiel:

Will man eine U-Bahn bauen, fängt man normalerweise an zu graben. Soweit sind die Bulgaren schon seit langem. Was man beim Graben aber potentiell findet, weiß man noch nicht so lange. Und der sagenhafte Fund stellt sich einfach mal als riesige urältische Stadtanlage heraus, die man einfach mal nicht kannte, weil man nach den Römern und Historikern einfach mal beschloss auf historische Grundmauern einfach mal obendraufzubauen. Die findet man jetzt seit neuester U-Bahn-Technik wieder. Die Mauern. Und ganze Kirchen im Innenhof vom Präsidentenpalast. Das archäologische Museum war früher die größte Moschee der Stadt. Mit zwei Stockwerken. Jetzt sieht man noch genau eins. Das obere. Wirkt nicht mehr so. Sofia wächst nach oben. Oder wie der walkind-tour-Mensch sagt: „In layers.“

Was es noch gibt in Sofia: Plätze. Aber nicht irgendwelche Plätze, sondern solche, wo wie vor X Jahren noch Autos neben Fußgängern ohne fette weiße Linien, grün-rot leuchtende Blinkkästen oder klarer Trennung existieren und mobil sein können. Klappt erstaunlich gut.

Und noch was: Vitosha. Der Berg hinterm Haus. Den nimmt man natürlich auch mit!

Plovdiv. Mag wahrscheinlich kein Mensch noch niemals von irgendwoher etwas von gehört haben, stellt sich aber als Bulgariens zweitgrößte Stadt heraus. Keiner kennt sie, und sie ist dennoch so wichtig:

Plovdiv beherrbergt das größte monumentale Erbe der antiken Zeitalter nach Rom und Athen. WUMMS! Und das sieht man auch an jeder Ecke und Kante. Die Via Diagonalis, wo die Römer von Rom nach Istanbul ihre Karren drauf herumgeschoben haben, hat man wie auch in Sofia mit sehr viel Liebe ausgebuddelt und als eben diese identifiziert. Ein noch intaktes und noch benutztes Amphitheater steht einfach mal am Rande der Altstadt, in welcher jedes zweite Haus von ganz besonderer Bedeutung ist (…). Und der Park mit drei wohl sehr wichtigen Steinen wäre wohl ohne Nebel auch sehr sehenswert gewesen.

Sehenswert. Und alles so leicht zugänglich – mit netten Schildern, Bussen, die sich an einen Zeitplan halten und einer unglaublichen (wirklich unglaublichen) Touristeninformation. Die nette Dame dort spricht gefühlte 17 Sprachen, sodass man selber garnichtmehr weiß, wie man eigentlich antworten soll. Auf dem Tresen liegen feinsäuberlich sortiert und mit Büroklammern versehen  Zettelchen in Portemonnaiegröße. Darauf stehen fett gedruckt Busabfahrzeiten zu Sehenswürdigkeiten außerhalb der Stadt; die sich geändert habenden sind klar und deutlich mit dem Lineal durchgestrichen, die neuen Zeiten stehen per Hand ergänzt darüber. Ein Schlaraffenland. Nicht umsonst bewerben sich Sofia und Varna als Kulturhauptstädte Europas.

Wenn man sich durch Bulgarien so (mit)fahren lässt, wird einem von Mama Soleil die Bergkulisse quasi in die Netzhaut gebrannt. Ein unglaubliches Land nicht nur kulturell. Man merkt, dass sich hier etwas tut, was in Ex-Jugoslavien noch am schlummern ist. Es gibt ein System. Ob es einem nun ge- oder missfällt. Es gibt eins. In Sarajevo suche ich noch…

 

 

Rirareisereflektionen

Und da sitzt man wieder am Schreibtisch, wo man vor fünf Wochen schon saß. Diesmal entspannt, vorher im Packstress. Wie das doch so oft ist. Was einem gestern im Zug noch wie eine Ewigkeit entfernt vorkommt, ist nun wieder Alltagsrealität. Aus dem Reisenden wird wieder Sesshafter, aus der Reiserealität wird Erinnerung und irgendwann wahrscheinlich wieder Fernweh.

Fünf Wochen sind eine lange Zeit. Eine tolle Zeit. Fünf Wochen waren möglich, weil vier davon Schulfrei waren. Fünf Wochen waren möglich, weil der Schnee bis genau gestern auf sich hat warten lassen und einen somit unbeschwert entlang der Breitengrade schländern, laufen oder fahren ließ.

Was man generell in diesen fünf Wochen gemerkt hat ist ersteinmal, dass kein Plan oft der bessere Plan ist. Pläne gehen schief, Enttäuschungspotential ist somit vorhanden. Ohne Plan kann auch kein Plan misslingen, das gerade genannte Potential sinkt somit auf eine unglaubliche Null.

Was noch deutlich geworden ist: Es geht uns verdammt gut. So gut, dass man Dinge tut, die das menschliche Umfeld schon garnichtmehr versteht. Warum hält ein Deutscher den Daumen raus? Warum nimmt man nicht den Bus? Warum wollen die an der nächsten Straßenecke rausgelassen werden und nicht am Busbahnhof?

Ja warum tun wir das eigentlich? Warum nimmt man nicht den Bus?

Das gleiche Beispiel kann man wunderbar an Budapest und Sarajevo feststellen: Ungarnhauptstadt mit Pariser Struktur und Flair, brummende Metropole und Zentrum für alles. Neben den schicksten, schnöseligsten Läden und neuesten Cafés findet man neu-alte Cafés. Alter Charme neu kreiert, gewolltes Retrotum in neu gestrichenen Gebäuden. Sesseldesign von vor 40 Jahren, Produkt von Gestern in neu. Ungarn, in der seit 2004. Sarajevo, Hauptstadt eines vergleichsweise winzigen Staats, möglicher Anwärter auf die EU. 19 Jahre über den Krieg hinweg. Hier findet man das ähnliche Café jedoch noch im alten, ranzigen (ein Deutscher würde sagen: renovierungsbedürftigen) Gebäude. Vom Staatsgeld wird der neue Glasturm nebenan finanziert, mit neuen Shoppingcentern für aktuellstes Konsumgut. In Budapest steht ein Veganerrestaurant neben dem anderen.

Interpretation: Alles was man in Deutschland und anderswo gewollt wiederherstellt, weg von der H&M-Hose hin zum Flohmarkt, gab es schonmal. Damals. Irgendwann. Weit vor meiner Zeit, weshalb ich eigentlich solcher Thesenaufstellung garnicht befugt bin. Alte Sofas, Urlaub mit dem Daumen raus – der Trend, es sich schlechter gehen zu lassen als man eigentlich müsste, um es sich besser gehen zu lassen.

Das mal so als kleine Urlaubsphilosophie vom Samstagabend. Nun zum Detail:

 

Suboticanische Weihnachten

Bulgaristan 1

Von der Istanbuler Unbeschreiblichkeit

Bulgaristan 2

Was alles nicht Rumänien ist

Buda mit Pest und Zagreb

 

IDEMO PUTOVATI

 

So sieht die fünfwöchige Zukunft aus. Der Boden ist noch nass vom Wischen, der Rucksack halb gepackt, die noch waschnassen Klamotten hängen über der Heizung…

„L“ steht auf folgender Karte für „Los geht’s“

Nein wirklich. Nach den DSD-Prüfungen, sämtlichen Weihnachtsschulaktionen und sonstigem werden wir uns morgen auf die Socken machen, die Schulferien vergönnen uns vier, unsere Religion die zusätzliche fünfte Woche um den Balkan, klutlrweit-Freiwillige und einfach Urlaub zu genießen!

Sirbija – Die Kurzvorstellung

Drei Städte im Gedächnis. Drei Städte im Portrait. Drei Städte und die Landschaft zwischendrin, die Gedanken, die Farben und die vielen Schabernackereien verrückter Freiwilliger… Beschränken wir uns auf die Portraits:

NOVI SAD

Oder auch „Neusatz“ auf deutsch. Auch eine kleine Großstadt. Mit riesiger Burg, der Donau, Innenstadt und was eine große Kleinstadt sonst noch so alles braucht. Da ging alles los mit Schockerei. Sauberkeit, Anstrich an den Wänden (wände können wirklich rosa sein? Und Kathedralen so aussehen, als wären sie gerade erst gebaut worden?). Ja das geht. In der Vojvodina, dem nordserbischen Teil. Hier ist alles platt. Natur gibt es kaum, alles Landwirtschaft. Kein Baum, kein Busch, nur Acker. Dementsprechend ist die finanzielle Lage, es gab wohl auch schon Abspaltungspläne, die Birnen schmecken auch einfach richtig gut.

Aus dem dann doch krass kriegsgezeichneten Sarajevo kommend sucht man erstmal in jeder Ecke den Putzbrocken, das Einschussloch. Selbst am Zebrastreifen halten die Leute hier an. In Sarajevo geben die Gas und fahren nochmal extra den Schlenker durch die Pfütze. Wir lieben uns ja alle so sehr…

Was noch interessant ist: Auf dem Marktplatz steht eine katholische Kathedrale. Nicht weit davon steht eine riesige Synagoge. Auch das hätte ich nicht erwartet, wo doch im serbischen Teil Bosniens der Patriotismus die Religionen in den So-gut-wie-Monopol getrieben hat…

 

SREMSKI KARLOVCI

Auch noch Vojvodina, genauso sauber, genauso… serbisch? Das 8.000 Einwohner Dorf ist eigentlich schon mit Charme bestückt. Ein pompöser Marktplatz mit pompösem Gymnasium, einer von den insgesamt 16 auf dem Balkan existierenden orthodoxen Priesterschulen, pompöser katholischer sowie orthodoxer Kirche. Viel Pompöses eben. Wäre es nicht so ruhig könnten auch locker noch weitere 50.000 um den Platz herumwohnen. In der Mitte steht ein Brunnen. Als hier die Pest war, hat man wohl einen neuen Zufluss aus den „Bergen“ (da kommt der Hamburger durch… 500 Meter hohe Hügel sind dann doch eben Berge) gebuddelt, weil das Wasser so dreckig war. Die Löwenköpfe sollten Kraft bringen. Und, wie kann es anders sein, haben die Löwenköpfe die Menschheit der Serben gerettet. Geheilt von der Pest. Oder so.

Es ist ein unglaublicher Morgen, kalt mit Sonne. Ich laufe mit meiner Kamera herum. Vor mit ein Priesterschüler mit Goldkette und Handy am Ohr. Auf dem Weg zu Donau. Hinter mir die 1.000 Taxis mit offenen Türen, die Fahrer sonnen sich. Wen die wohl alles fahren wollen. Zur Donau muss man über eine Straße. Mit Ampel! UND Zebrastreifen! Dann über Gleise, dann steht man schon fast da. Hier ist irgendwie noch mehr Herbst als in Bosnien, nicht ganz so rau alles. Noch nicht vielleicht. An der Donau. Platter Fluss. Dreht man sich um guckt man den Hügel hinauf auf die heilige, moderne Residenz mit dickem Goldkreuz oben drauf. Wer da wohnt hab ich schon wieder vergessen. War aber wichtig, soviel ist dann doch hängen geblieben.

Aber doch, gefällt mir gut.

 

BELGRAD

Eigentlich die dritte Ankunft. Und die Ankünfte klassifizieren diesen urbanen Fleck dann doch recht gut.

Ankunft 1: Auf dem Weg nach Novi Sad. Bahnhof. Vom Bus rausgelassen. Es ist kalt. Nachmittag. Wir stehen am Bahnhof und warten auf den Zug. der Wind pfeift. Irgendwie fühlt man sich verloren, irgendwie auch nicht. Der Bahnhof ist gelb. Die Leute sehen anders aus als in Bosnien und der Herzegovina. Nicht so gezeichnet vom Krieg? Nicht so… bosnisch? Anders eben. Serbisch vielleicht. Der Zug fährt einmal raus aus dem Bahnhof, dann wieder rein. Die Mitfahrende übersetzt die Durchsagen, macht trotzdem keinen Sinn. Also doch ähnlich. Bis sie meine drei lieben Mitfreiwilligen verheiraten will. Ne nette Tochte habe sie auch. Die sei 30. Merkt sie hoffentlich selber. Dann wollte sie wirklich Handynummern. Vielleicht doch nicht so ähnlich.

Ankunft 2: Am Mittwoch. Vom Seminar her besuchen wir die Stadt. Tour mit Weinkeller und Untergrund. Luftschutzbunker, Katakomben. Die Blätter sind von den Bäumen, der Tag ist bewölkt. Die Stadt erscheint riesig. Grau. Kalt. Irgendwie ist das alles zu viel. Wir laufen durch die Fußgängermeile. Hohe graue Fassaden schlagen im rechten Winkel auf graue Steinplatten. Der erste Eindruck eben.

Ankunft 3: Endlich liegt der Fokus auf dieser Stadt. Nicht auf dem noch kommenden Novi Sad Wochenende, nicht auf dem Romamuseum oder dem Seminar. Nur auf dieser Stadt. Mit den Freiwilligen aus Belgrad geht es raus aus dem Ranzhostel rein in die Stadt. Und diesmal wirklich rein. Wir biegen ab von den grauen Fassaden. Nach links in die nette Bar, nach rechts in den Buchladen, nach unten ins Nachtleben. Auf einmal findet man die schönen Ecken und klammert sich an ihnen fest. Man übersieht die 80 % graue Fassage und sieht nurnoch die 20 % Graffiti.

ZEMUN ist ein Dorf in der Stadt Belgrad. Ein serbisches Dorf. Mit den geilen Birnen aus der Vojvodina. Mit zwei Hochzeiten, Blaskapelle und rockenden Bräuten auf Stöckelschuhen. Und mit Ruhe. Mitten in der Stadt.

Ob ich alles genial fand? Aber sowas von. Ob mir die Stadt gefällt? Keine Ahnung.

 

Die gesamte Fotokollektion gibt es hier:

Fotografije od Sirbijom