Soo ich melde mich mal wieder, denn heute wurde unser Internet endlich repariert und somit können wir wieder Kontakt zur Außenwelt aufnehmen! Das ist sehr praktisch, denn es war etwas anstrengend, jedes mal ins Wlan-Café rennen zu müssen, um seine Mails zu checken.
Und das ist lebenswichtig für uns, denn momentan sind wir immer noch damit beschäftigt, Termine und alles mögliche mit den ganzen verschiedenen Lehrern auszumachen und zu koordinieren. Heute stellen wir uns – endlich! – in der letzten der 4 Schulen vor, an denen wir mittlerweile eingesetzt werden.
Die Arbeit in den Schulen
Aber es sortiert sich so langsam, ich habe jetzt 2 Schulen, an denen ich fest eingesetzt bin: Das 3. Gymnasium, das ganz bei uns um die Ecke ist, und das 5., das Sportgymnasium. An letzterem gab es bisher keine Freiwilligen, das heißt, dass ich viele Freiheiten dabei haben werde, wie ich meine Arbeit gestalte. Das trifft sich vor allem in Verbindung damit gut, dass es im 3. Gymnasium drei sehr engagierte und erfahrene Lehrerinnen gibt, die mich ein bisschen mehr an die Hand nehmen können. So bin ich dort bereits in die Vorbereitung eines „Herbstprojektes“ einer Klasse eingebunden.
Die Gymnasien hier umfassen die Stufen 1-4, das entspricht unserer 10.-13. Klasse. Daher sind die Schüler zum Teil sogar in unserem Alter und es fällt nicht schwer, den Kontakt aufzubauen.
Mittlerweile haben wir uns in gefühlt hundert verschiedenen Klassen vorgestellt, Namen gelernt und ebenso viele wieder vergessen. Der erste Eindruck: größtenteils herrscht ein sehr hohes Sprachniveau. Kein Wunder, sind doch über die Hälfte der im Jahrgang 1996 geborenen Kinder in Deutschland geboren.
In den vierten Klassen steht im Dezember die DSD (Deutsches Sprachdiplom) Prüfung an, die im Niveau C1 abgelegt wird – also ganz schön anspruchsvoll! Ich habe in französisch zum Beispiel nur das Niveau B2 erreicht.
Dafür müssen die Schüler, wie in diesen Prüfungen üblich, einen Aufsatz schreiben, ihr Hörverstehen testen sowie auch eine kleine Präsentation erstellen. Dabei können wir gut mithelfen, die Präsentationen zu üben und Themen zu finden.
Andersrum versuchen wir uns auch an der bosnischen Sprache. Wir haben jetzt eine Sprachschule gefunden, die direkt gegenüber von unserem Haus liegt, und da haben wir jeden Dienstag und Donnerstag Unterricht. Zumindest ein fester Termin in unserem Stundenplan! Wir hoffen wirklich, dass wir damit schnell vorankommen und uns dann besser verständigen zu können.
Außerdem hat sich am Horizont schon ein größeres Projekt aufgetan: ein deutscher Lehrer am 4. Gymnasium, an Eickes Schule, möchte zusammen mit seiner Schule in der Nähe von Hannover eine Orchesterreise organisieren, sodass die deutschen Schüler zusammen mit den bosnischen Schülern hier in Sarajevo, in Mostar und in Banja Luka auftreten können. Das wird vermutlich erst im nächsten Juni stattfinden, aber höchstwahrscheinlich können wir daran mitwirken. Ich werde also berichten!
Leben in Sarajevo
Außer den Problemen mit dem Internet gibt es noch andere Dinge, die in Bosnien einfach nicht so laufen wie man das aus Deutschland gewöhnt ist. Zum Beispiel haben wir letzte Woche einen ganz schönen Schreck bekommen, als für ein paar Minuten das Wasser nicht mehr lief. Aber dann ging es wieder, und so was kommt hier wohl öfter vor. Daran gewöhnt man sich auch, wir mussten über unsere eigene kurze Panik angesichts der Vorstellung, kein Wasser zu haben, ziemlich lachen.
Dasselbe bei der Tram: Die Straßenbahnen haben wohl ihre Rechnungen nicht bezahlt, jetzt ist der Strom weg und wir können zu den Schulen laufen… Das hat uns gestern einen Heimweg von fast 2 Stunden beschert! Da wir natürlich auch zu geizig waren, ein Taxi zu nehmen.
Andere Dinge gefallen uns aber immer noch ziemlich gut hier:
Wie ein Schüler letzte Woche gesagt hat, Sarajevo hat seinen ganz eigenen Charme, ist anders als andere Städte. Damit hat er Recht, die ganzen Gegensätze machen Sarajevo wirklich zu etwas Besonderem. Ich staune immer noch, wenn es mit der Tram innerhalb von wenigen Minuten aus dem Plattenbauviertel herausgeht, durch die habsburgischen Prachtbauten, die italienisch-europäisch anmutende Einkaufsstraße und dann mitten herein in den Orient, das türkische Handwerksviertel mit den vielen Moscheen.
Es gäbe viele junge Menschen, die wollten einfach nur raus, sagt Benjamin, raus aus Sarajevo, raus aus Bosnien. Er will zwar auch in Deutschland studieren, aber nicht für lange, er will wieder zurück. Das ist auch gut so, denn dies ist eine Kehrseite des sehr engagierten Deutschunterrichts und des Goethe-Instituts hier: die jungen, gut qualifizierten Menschen werden abgeworben und verlassen das Land, weil sie hier kaum ein Viertel des Gehalts bekommen, was ihnen in Deutschland angeboten wird. Wie soll Bosnien dann vorankommen? Lehrer und Schüler sind sich einig, Politiker sind alle schlecht, im Land wird sowieso alles bleiben, wie es ist. Dieselbe Einstellung kenne ich schon aus Rumänien, nur ist die Situation hier noch komplizierter. Die Parteien sind alle nationalistisch, gewählt werden nur Kandidaten der eigenen Volksgruppe, d.h. Serben, Kroaten oder Bosniaken. Zusammen arbeitet keiner, Fördergelder verfallen, weil man sich nicht einigen kann, wofür sie verwendet werden.
Gerade bei dem Potential, was man in den Menschen hier sieht, die Schüler, die so gute Kenntnisse haben, ist es sehr schade, dass der Staat selbst nichts auf die Reihe bekommt.
Denn insgesamt ist das Land ja wohl doch auf dem aufsteigenden Ast. Man sei jetzt auf den Bio-Trip, erzählt uns die Direktorin des 3. Gymnasiums, als wir uns bei ihr vorstellen. Das ist ja schon ein Zeichen des Luxus, auch wenn die ökologische Schiene hier sonst noch nicht so ausgeprägt ist.
Die zwei Wochenenden, die wir jetzt schon hier sind, haben wir ausgiebig genutzt, um Sarajevo und Umgebung zu erkunden. So waren wir letzte Woche an den Bosna-Quellen in Ilidza, die man über eine lange, schöne Allee erreicht und an denen ein hübscher Park angelegt ist. Für Fotos verweise ich auf Eickes auch sonst sehr sehenswerten Blog:https://kulturweit.blog/eickeubosnu/2013/10/01/sarajevo-in-oberflaechlich/.
Diesen Samstag wollten wir uns eigentlich einen chilligen Tag machen und sind dann eher spontan zu einem, wie wir glaubten, entspannten Spaziergang zu einem Wasserfall in der Nähe aufgebrochen. Wir nahmen also den Bus, der uns ganz an den Rand der Stadt brachte, und liefen von dort aus weiter, ausgerüstet mit Büchern und anderen Dingen, um sich entspannt auf die Wiese zu setzen. Allerdings hatten wir nicht damit gerechnet, dass der Wasserfall in Wirklichkeit 11 km weit weg war, und nicht wie angekündigt 4, und der Weg zu einer Wanderung die Berge hoch wurde. Trotz etwas unangemessener Kleidung war es sehr schön, das Wetter super, und am Ende konnten wir uns sogar unter den Wasserfall stellen! Der ist angeblich der höchste in Europa.
Die Landschaft dort ist aber wirklich wunderschön und so war es gar nicht schlimm, dass wir uns zwischendurch ein paarmal im Weg irrten und abends ziemlich erschöpft nach Hause kamen… Zum Glück wird einem hier immer von freundlichen Menschen weitergeholfen, auch wenn man sich manchmal nur schwierig verständigen kann. So stiegen wir auf dem Hinweg irgendwann zu zwei Jungs ins Auto, du uns gleich auch noch Bier und Zigaretten anboten, und rückzu wurden wir von einer Familie mitgenommen, sodass wir uns den Bus sparten.
Diesmal habe ich sogar ein paar Fotos gemacht: