Sirbija – Die Kurzvorstellung

Drei Städte im Gedächnis. Drei Städte im Portrait. Drei Städte und die Landschaft zwischendrin, die Gedanken, die Farben und die vielen Schabernackereien verrückter Freiwilliger… Beschränken wir uns auf die Portraits:

NOVI SAD

Oder auch „Neusatz“ auf deutsch. Auch eine kleine Großstadt. Mit riesiger Burg, der Donau, Innenstadt und was eine große Kleinstadt sonst noch so alles braucht. Da ging alles los mit Schockerei. Sauberkeit, Anstrich an den Wänden (wände können wirklich rosa sein? Und Kathedralen so aussehen, als wären sie gerade erst gebaut worden?). Ja das geht. In der Vojvodina, dem nordserbischen Teil. Hier ist alles platt. Natur gibt es kaum, alles Landwirtschaft. Kein Baum, kein Busch, nur Acker. Dementsprechend ist die finanzielle Lage, es gab wohl auch schon Abspaltungspläne, die Birnen schmecken auch einfach richtig gut.

Aus dem dann doch krass kriegsgezeichneten Sarajevo kommend sucht man erstmal in jeder Ecke den Putzbrocken, das Einschussloch. Selbst am Zebrastreifen halten die Leute hier an. In Sarajevo geben die Gas und fahren nochmal extra den Schlenker durch die Pfütze. Wir lieben uns ja alle so sehr…

Was noch interessant ist: Auf dem Marktplatz steht eine katholische Kathedrale. Nicht weit davon steht eine riesige Synagoge. Auch das hätte ich nicht erwartet, wo doch im serbischen Teil Bosniens der Patriotismus die Religionen in den So-gut-wie-Monopol getrieben hat…

 

SREMSKI KARLOVCI

Auch noch Vojvodina, genauso sauber, genauso… serbisch? Das 8.000 Einwohner Dorf ist eigentlich schon mit Charme bestückt. Ein pompöser Marktplatz mit pompösem Gymnasium, einer von den insgesamt 16 auf dem Balkan existierenden orthodoxen Priesterschulen, pompöser katholischer sowie orthodoxer Kirche. Viel Pompöses eben. Wäre es nicht so ruhig könnten auch locker noch weitere 50.000 um den Platz herumwohnen. In der Mitte steht ein Brunnen. Als hier die Pest war, hat man wohl einen neuen Zufluss aus den „Bergen“ (da kommt der Hamburger durch… 500 Meter hohe Hügel sind dann doch eben Berge) gebuddelt, weil das Wasser so dreckig war. Die Löwenköpfe sollten Kraft bringen. Und, wie kann es anders sein, haben die Löwenköpfe die Menschheit der Serben gerettet. Geheilt von der Pest. Oder so.

Es ist ein unglaublicher Morgen, kalt mit Sonne. Ich laufe mit meiner Kamera herum. Vor mit ein Priesterschüler mit Goldkette und Handy am Ohr. Auf dem Weg zu Donau. Hinter mir die 1.000 Taxis mit offenen Türen, die Fahrer sonnen sich. Wen die wohl alles fahren wollen. Zur Donau muss man über eine Straße. Mit Ampel! UND Zebrastreifen! Dann über Gleise, dann steht man schon fast da. Hier ist irgendwie noch mehr Herbst als in Bosnien, nicht ganz so rau alles. Noch nicht vielleicht. An der Donau. Platter Fluss. Dreht man sich um guckt man den Hügel hinauf auf die heilige, moderne Residenz mit dickem Goldkreuz oben drauf. Wer da wohnt hab ich schon wieder vergessen. War aber wichtig, soviel ist dann doch hängen geblieben.

Aber doch, gefällt mir gut.

 

BELGRAD

Eigentlich die dritte Ankunft. Und die Ankünfte klassifizieren diesen urbanen Fleck dann doch recht gut.

Ankunft 1: Auf dem Weg nach Novi Sad. Bahnhof. Vom Bus rausgelassen. Es ist kalt. Nachmittag. Wir stehen am Bahnhof und warten auf den Zug. der Wind pfeift. Irgendwie fühlt man sich verloren, irgendwie auch nicht. Der Bahnhof ist gelb. Die Leute sehen anders aus als in Bosnien und der Herzegovina. Nicht so gezeichnet vom Krieg? Nicht so… bosnisch? Anders eben. Serbisch vielleicht. Der Zug fährt einmal raus aus dem Bahnhof, dann wieder rein. Die Mitfahrende übersetzt die Durchsagen, macht trotzdem keinen Sinn. Also doch ähnlich. Bis sie meine drei lieben Mitfreiwilligen verheiraten will. Ne nette Tochte habe sie auch. Die sei 30. Merkt sie hoffentlich selber. Dann wollte sie wirklich Handynummern. Vielleicht doch nicht so ähnlich.

Ankunft 2: Am Mittwoch. Vom Seminar her besuchen wir die Stadt. Tour mit Weinkeller und Untergrund. Luftschutzbunker, Katakomben. Die Blätter sind von den Bäumen, der Tag ist bewölkt. Die Stadt erscheint riesig. Grau. Kalt. Irgendwie ist das alles zu viel. Wir laufen durch die Fußgängermeile. Hohe graue Fassaden schlagen im rechten Winkel auf graue Steinplatten. Der erste Eindruck eben.

Ankunft 3: Endlich liegt der Fokus auf dieser Stadt. Nicht auf dem noch kommenden Novi Sad Wochenende, nicht auf dem Romamuseum oder dem Seminar. Nur auf dieser Stadt. Mit den Freiwilligen aus Belgrad geht es raus aus dem Ranzhostel rein in die Stadt. Und diesmal wirklich rein. Wir biegen ab von den grauen Fassaden. Nach links in die nette Bar, nach rechts in den Buchladen, nach unten ins Nachtleben. Auf einmal findet man die schönen Ecken und klammert sich an ihnen fest. Man übersieht die 80 % graue Fassage und sieht nurnoch die 20 % Graffiti.

ZEMUN ist ein Dorf in der Stadt Belgrad. Ein serbisches Dorf. Mit den geilen Birnen aus der Vojvodina. Mit zwei Hochzeiten, Blaskapelle und rockenden Bräuten auf Stöckelschuhen. Und mit Ruhe. Mitten in der Stadt.

Ob ich alles genial fand? Aber sowas von. Ob mir die Stadt gefällt? Keine Ahnung.

 

Die gesamte Fotokollektion gibt es hier:

Fotografije od Sirbijom