Dr. Wang und meine Bronchitis

Wer mich und mein ausdauerndes Immunsystem kennt, der weiß, dass dieses gar nicht so ausdauernd ist und immer wieder für einen Abstecher in das örtliche Krankenhaus zur Verfügung steht.

 

IMG_5337

 

So habe ich schon viele „Ospedale“ in Italien und einige „Sairaala“ in Finnland kennengelernt und von innen gesehen und kann nun auch von mir behaupten in einem chinesischen Krankenhaus Fuß gefasst zu haben. Von allen großen ambulanten Schauplätzen hat mich dieses wohl am meisten umgehauen. Es ist wie, als würden hier drei große öffentliche Einrichtungen an nur einem Ort zusammenfließen. Das Getümmel der vielen, vielen Menschen von einem chinesischen Bahnhof, die Anzeigetafeln mit wechselndem Ziffernblatt eines Flughafens und das lautstarke Gebrülle eines Marktschreiers vom Wochenmarkt. Vielleicht hat mein fiebriger Körper diese Empfindungen einfach nur drastisch überspitzt wahrgenommen. Doch bevor ich diesen davon befreien konnte, sollte es noch eine ganze Weile dauern. Vergebens sucht man hier die Anmeldung, Rezeption, oder den Information Point. Ganz davon abgesehen, dass hier wohl jeder Fremde ohne eine fachkundige Person an seiner Seite aufgeschmissen wäre, weil alle Beschriftungen durch chinesische Zeichen ersetzt sind, ist der Ablauf von der Anmeldung bis zur Sprechstunde beim Arzt gleichzusetzen mit der Aufladung einer Call-Now-Karte von Vodafone, um endlich den Call-Now-Vorschuss abzubezahlen und wieder erreichbar zu sein.

„Prepaid-Karten als Bezahlmethode“

Die Anmeldung hatte mich tatsächlich an meine Jugendzeit mit jenen Prepaid-Handys erinnert! Damals war es mein Handy, das die dringende Aufladung benötigt hat, nachdem ich wieder mal über meine 100-FreiSMS gekommen war und sich nach und nach das Guthaben leerte. Heute ist es eine kleine Chipkarte, die ich aufladen muss, um meinen Arzt bezahlen zu können. So können sich die Zeiten ändern.

 

IMG_5340

 

Ein richtiges Wartezimmer, oder einen mit Prospekten ausgelegten Aufenthaltsraum gibt es allerdings nicht. Die Türen zu den jeweiligen Behandlungszimmern sind auch nicht geschlossen, so dass jede Art der Diskretion strikt in der Masse untergeht. Auf diese Weise ist es auch erst dazu gekommen, dass ein paar eifrige Chinesen von meiner eigenen Behandlung Fotos machten und ich diese nun auch hier verwenden kann. Einen Wàiguó rén, mit offenem Mund und herausgestreckter Zunge, sieht eben auch ein Chefarzt nicht so häufig. Neben der Tatsache, dass ich auf jeden Fall anders aussehe als die hiesigen Chinesen, gibt es meistens immer noch eine Auffälligkeit, weshalb ich oft in das Visier einiger ungeschönter Schnappschüsse gerate. Meine hohe Stirn, hinterer Haaransatz und vor allem die Form meines Gesichts müssen wohl so viel mit dem Erscheinungsbild Wladimir Putins gemein haben, so dass ich manchmal als schlechtes Double des russischen Präsidenten durchgehe. Darauf angesprochen wurde ich hier zwar schon oft, aber noch nie so direkt, wie von meinem heutigen behandelnden Facharzt.

 

IMG_5336

 

Rücken an Rücken saß ich dann dort mit meinem chinesischen Mitpatienten, der genau so wie ich unter starken Halsschmerzen, Husten und Fieber litt. Wie am Fließband bin ich dann auch schon abgefertigt und bereit für die nächste Station gewesen, die allerdings eine erneute Kartenaufladung voraussetzte. Verschrieben bekommen habe ich einen traditionellen, chinesischen Saft, der in kleinen Ampullen mundgerecht abgefüllt ist und eine Packung Tabletten, die von außen aussieht wie die Pille für Frauen. Hoffentlich hat der Facharzt sich da nicht in der Diagnose geirrt, wir werden sehen.

„Ausgehend von diesen Erfahrungen sind deutsche Krankenhäuser eines – luxuriös.“

Um diesen Blick dafür zu bekommen, muss man wahrscheinlich erst hier in einem gewesen sein, um die deutschen Virenhäuser so in den Himmel zu loben und als fast heroisch zu betrachten. Ich möchte dieses Mal keine Vergleiche anstellen, da es sicherlich auch in Deutschland so die eine oder andere Ausnahme gibt, doch möchte ich euch darauf hinweisen, dass ich dieses Krankenhaus hier nur im allernötigsten Notfall wieder aufsuchen würde.

 

IMG_5335

 

So gibt es heute anstatt panoramahafter Bilder einen kleinen Eindruck von der ambulanten Versorgung Chinas und weihnachtliche Grüße aus Wuhan. Der nächste und dann auch letzte Blogeintrag für dieses Jahr gehört selbstverständlich der Weihnachtszeit und dem Neujahr.

Ihr Lieben – bleibt gesund und munter!

Euer Darius

 

 

Zur Werkzeugleiste springen