„Es ist Ihr Freiwilligenjahr!“ Tatsächlich, jetzt ist es wirklich mein Freiwilligenjahr, denn ich sitze genau in diesem Moment in einem Hotelzimmer der Pekinger Innenstadt. Noch vor genau einer Woche saß ich ganz wo anders. Am schönen, idyllischen Werbellinsee in meiner brandenburgischen Heimat. Um genau zu sein, hatte ich zu diesem Zeitpunkt ein Seminar, das mich auf das vorbereiten sollte, was in den nächsten Wochen und Monaten mein zu Hause genannt werden wollte: China!
Völlig euphorisch und mit gutem Gewissen auf´s Neue eingestellt, verließ ich die Vorbereitungswoche. Gestern, am 31. August 2014, hatte ich dann das Kribbeln auf das ich so lange gewartet hatte. Mit British Airways ging’s nach London und dann nur noch direkt nach Peking! Und genau seit heute früh um 09:00 Uhr chinesischer Zeit ist es tatsächlich mein Freiwilligenjahr!
Ich muss ehrlich gestehen, dass ich total K.O. und überwältigt von den ganzen neuen Eindrücken und Gefühlen bin. Als unsere Boeing in den Landeanflug auf Peking sank habe ich mich gewundert, wie tief doch hier die Wolkenuntergrenze ist. Als sich dann das Fahrwerk ausgefahren hatte und wir immer noch dichte Sicht hinter den Flugzeugfenstern hatten, kam ich in´s Grübeln darüber, ob diese Wolken wohl den für Peking „gewöhnlichen“ Smog darstellten.
Spätestens nach der Landung wusste ich dann, dass jene graue Wolke, die sich durchgängig über den Horizont zog, Smog war. Kein Problem, ich hab ja alles dabei!
Genau das wollte ich eigentlich schon vor vielen, vielen Tagen posten, aber ich bin dazu einfach nicht gekommen. Inzwischen hat sich viel ereignet. Viele Tiefpunkte, unschöne Erlebnisse, aber auch Höhepunkte und neue Leute sind in mein Leben getreten. Peking ist groß, sehr groß.Aber wie soll ich am Besten diese Millionenmetropole beschreiben, so dass hieraus keine Single – Story wird, die ein einseitiges Bild auf die hier lebenden Menschen wirft. Ganz einfach, ich beschreibe jetzt den Moment, der sich von der Ankunft bis zu Abreise aus Peking hingezogen hat.
Als ich die ersten Schritte in das Terminal ging war ich erstaunt, wo diese ganzen Menschen herkamen. Und ebenfalls diese mussten darüber erstaunt sein, wo ich herkam, denn jeder meiner Schritte wurde nun beäugt. Das war das erste komische Gefühl. Kombiniert man nun dieses mit einer sehr hohen Luftfeuchte, dann sind dass für den Moment zu viele Eindrücke die mein Körper in dieser kurzen Zeit verarbeiten musste.
Vom Flughafen ging es mit dem Taxi zum Hotel und wieder fuhren an mir unzählige Eindrücke vorbei. Ob es auf der einen Seite die Arbeiter in ihren orangene Westen sind, die einfach am Innenrand der Autobahn, da wo in Deutschland normalerweise die Leitplanken sind, den Müll aufsammeln, oder ob es das ständige „Gehupe“ ist, dass den ankommenden Autofahrer ankündigt. Egal, in diesem Moment habe ich einfach die Situation auf mich wirken lassen.
Ich muss ganz ehrlich zugeben, dass ich einen Schock hatte. Den sogenannten Kulturschock. So viele neue Gerüche, die meistens nicht nach Lacoste oder Channel riechen, sondern eher nach Abfall, schlechtem Fisch, oder Kompost. Das schlimmste und zugleich beängstigendste Erlebnis hatte ich in der Pekinger Metro. Als ich letztes Jahr mit der Berliner S-Bahn zum Karneval der Kulturen gefahren bin, war diese voller Menschen. Alle klebten aneinander und die Luft war stickig.
Das kann man definitiv nicht mit der Pekinger U-Bahn in Zeiten der Rushhour vergleichen. Desto tiefer man mit der Rolltreppe nach unten fährt, desto mehr nähert man sich der finnischen Sauna. Das schlimme ist, du bist dort nicht zum saunieren und du springst danach auch nicht nackt in den Schnee. Nein, du willst hier U-Bahn fahren. Von A nach B kommen und das möglichst ohne Körperkontakt. Das kannst du aber hier vergessen!
Mir ist schwarz vor Augen geworden und ich war sehr froh, dass ich einen guten Freund dabei hatte, der mit mir an die „frische“ Luft gegangen ist. Für den Moment war das zu viel für mich. Und deshalb war dieser Tag auch der mit den meisten negativen Erlebnissen. Wenn man dann endlich wieder im Hotel ist, freut man sich auf ein leckeres Essen, aber auch da muss man sich völlig öffnen. Erstens verstehen nur wenige Chinesen Englisch und zweitens kann man das chinesische Essen überhaupt nicht mit dem chinesischen Essen in Deutschland vergleichen. Sollte man also behaupten, dass jemand, der sehr gern in Deutschland Chinesisch isst, in China mit dem Essen genauso gut vertraut ist, dann ist das absolut falsch. Die chinesischen Restaurants in Deutschland haben ihr angebotenes Essen und vor allem den Geschmack zu ungefähr 80 % auf das/den der Deutschen angepasst. Um hier also das zu bekommen, was man gern haben möchte, ist es ein sehr, sehr langer Weg, der viel pantomimisches Können und einen Mix aus Englisch und Deutsch darstellt. Das ist aber eine Single-Story, also ein einseitiger Eindruck, denn Peking oder Beijing ist auch eine sehr schöne Stadt! Und wenn ich mich an die schönen Seiten zurückerinnere, dann denke ich in erster Linie an den Sommerpalast. Ein sehr idyllischer Ort am Stadtrand von Peking, in dessen Umgebung auch die verbotene Stadt liegt. Was mir danach direkt in den Kopf schießt ist die Chinesische Mauer. Einen vergleichbaren Ort, mit solch einer Ruhe und Harmonie habe ich bisher noch nie gefunden. Alles ist grün und die Luft auch sehr klar. Der tiefe Nebel zieht sich an der Mauer entlang und Stufe um Stufe wird der Blick weiter und die Ferne größer. Und genau das kann Peking bzw. der Norden nämlich auch sein: atemberaubend, ruhig und einfach nur schön.
Bereits in den wenigen Tagen habe ich den Alltag in Deutschland schätzen gelernt. Hört auf in den Zimmern zu hängen, auf diese elektrisierenden Bildschirme zu starren und schätzt eure Mitmenschen, denn ihr habt das große Los gezogen, euch jeden Tag ohne große Sprachbarrieren verständigen und austauschen zu können. Genießt die Sonne und die Wolken, das Grüne und die angenehme klare Luft und vor allem die Sauberkeit. Viele Dinge davon sehe ich hier sehr selten, so eben leider auch die Sonne. Wahrscheinlich sind deshalb die Preise ab dem 23. Stock der Skyscraper so überteuert, weil eben wahrscheinlich erst ab dort die Sonne und ihre wunderbaren euphorisierenden Strahlen zu sehen sind.
Viel geweint, viel gesehen und viel erlebt. Ja, damit endet mein Pekingabenteuer und die Berichterstattung von hier, vorerst! Man weiß nie was der nächste Tag so bringt, ob es ein Guter oder ein Schlechter wird, ob man sich durchbeißen oder gar noch mehr öffnen muss, aber genau wie Albert Einstein fürchte ich mich nicht vor der Zukunft! Sie kommt früh genug!
Jetzt bin ich endlich an meinem Einsatzort in Wuhan. Eine wunderschöne Stadt und ein vor allem sehr schöner Stadtteil in dem ich mich befinde. Hier geht es weiter, mal sehen wohin es mich verschlägt und wen ich morgen kennenlerne. Ich bin gespannt, ihr auch? Mein Internet ist übrigens sehr gut, allerdings sind viele Seiten gesperrt und somit zur Zeit leider auch mein Mailprogramm, aber ich würde mich trotzdem freuen wenn ihr mir schreibt, kommentiert oder vielleicht auch anruft.
Ich sende euch die besten Grüße aus Wuhan!
Euer Darius



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