Guanakaste
Letztes Wochenende war ich fuer vier Tage mit meiner erweiterten Familie – in diesem Fall meinem Gastvater, seinen zwei Schwestern, seinem Bruder, einem Gastcousin und meiner Gastschwester – in Guanacaste im Nordosten des Landes, also an der Pazifikkueste.
In diesem Teil des Landes haben die Reichen Costaricaner, US-Amerikaner und Hollywoodstars ihre Wochenendvillen, viele Strassenschilder sind auf Englisch und an jeder Ecke findet man Hotelanlagen (auch wir lebten in so einer). Es gibt sogar einen extra Flughafen fuer die Privatjets von Brangelina & Co. Die Straende sind hier ebenfalls paradiesisch
und im Gegensatz zur Karibik ist das Meer ruhig wie ein Schwimmbecken.
Auf dem Weg sahen wir in der Ferne Schwefelwolken aus den Erdloechern einem Vulkans aufsteigen und kauften die hier oft verkaufte Kokosnussmilch in Plastiktueten. Die Tuete ist einfach gefuellt mit Kokosnussmilch und oben zugeknotet. Zum Trinken beisst man sie an einer Ecke auf
und leert sie dann moeglichst bevor einem die Haende abfrieren – was den Nachteil hat,
dass einem dann der Bauch weh tut, aber naja 😉
Mein persoenlich schoenstes Erlebnis dieser Reise war ein Besuch in der kleinen Huette einer aelteren Frau, die noch auf traditionelle Weise die Guanacastekischen tellergrossen Tortillas aus Maismehl herstellt. Meine Familie wollte mir unbedingt die typischen Oefen der Gegend zeigen, die, wie auch die alten Haeuser, aus einem Gemisch aus Lehm, Stroh und Pferdemist geformt sind. Als wir an einer Holzhuette vorbei fuhren, in deren Garten so ein Ofen stand, hielten wir an und der Besitzer des Hauses zeigte mir kurz den Ofen,
bevor er meinem Gastvater erklaerte, wo man im Dorf die Tortillafrau finden konnte.
Die lebte ebenfalls in einer kleinen Holzhuette, in deren Gestalt sich die Kathegorien „drinnen“ und „draussen“ foermlich aufloesten. Im Garten und um den Ofen herum liefen ein paar Huehnerfamilien und in einer Ecke des Gartens stand das an einigen Orten Costa Ricas immer noch gebraeuchliche Plumsklo.
Die Dame war so nett, extra fuer mich den Ofen anzuschmeissen und uns einzuladen, bei der frischen Zubereitung unserer zehn Tortillas zuzuschauen (eigentlich lagen naemlich schon verkaufsfertige Tortillas auf dem Tisch). So verbrachten wir etwa eineinhalb Stunden in gemuetlicher Runde um den Ofen – mein Gastvater stolz, meine Gastschwester plaudernd, ich interessiert, der Cousin wie immer Cola trinkend und die Tanten wie so oft ein wenig naseruempfend.
In der Unterhaltung kam auch schnell wieder der Konflikt mit den „Nicas“ an die Oberflaeche, die in diesem Teil des Landes in grosser Anzahl leben. Die sonst so ruhige Dame konnte sich bei diesem Thema richtig ereifern, was uebrigens einigen Ticos so geht. Dazu muss man aber sagen, dass Guanacaste an der Grenze zu Nicaragua liegt und Nicaragua sowie Costa Rica lange Anspruch auf die Gegend erhoben haben, bevor die Bevoelkerung waehlen durfte, zu wem sie gehoeren wollte und sich fuer Costa Rica entschied.
Viele Ticos finden es z.B. ungerecht, dass sie den Staat und das Gesundheitssystem durch Steuern finanzieren, waehrend die Nicas, die immerhin ca. 1/5 der Bevoelkerung ausmachen sollen, gratis Zugang zur gesundheitlichen Grundversorgung haben, da sich CR den Menschenrechten verpflichtet fuehlt. Der Staat bezahlt aber nur eine gewisse Anzahl von Aerzten, sodass die Ticos es ungerecht finden, wegen so vieler Nicas Ewigkeiten beim Arzt warten zu muessen. Kleinigkeiten solcher Art hoert man oft von verschiedenen Personen, zum Glueck ist meine Gastfamilie aber was das angeht recht reflektiert.
Uebrigens werden hier Ausdruecke wie „Chino“, „Negro“ oder „Nica“ staendig auch gegenueber den Chinesen, Schwarzen oder Nicagauanern benutzt und laut meiner Gastschwester keinesfalls als beleidigend empfunden. Ich hatte mich naemlich schon gewundert, warum die schwarze Schoenheitskoenigin in Limon den Maennern neben mir weiterhin so strahlend zuwinkte, als diese begannen „Negra! Negra! Negra!“-Sprechchoere zu bilden oder warum jeder, der den Kiosk des Chinesen betrat, seine Fragen mit einem lauten „oiga, Chino!“ begann.
So, nun werde ich mal versuchen, ein paar Fotos anzuhaengen, ich hoffe, es klappt =)
Generell habe ich noch nicht allzu viele Bilder gemacht, weil man sich doch durch das Zuecken des Fotoapparates immer ein wenig aus dem Geschehen rauskatapultiert und je schoener der Moment, desto weniger gern tue ich das…
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