Großstadtleben

halloween20151(2)h

Gerade sitze ich im sunday-morning-chillin‘-mood an meinem Schreibtisch und blicke aus dem Fenster. Es ist kalt geworden. Von draußen starrt mich unser maunzender Kater an, den ich so eben ausgesperrt habe und nun halbwegs erfolgreich versuche zu ignorieren. Seid mir nicht böse, liebe Katzenfreunde, aber ich kann ein auf meiner Tastatur herumlaufendes Tier momentan nicht gebrauchen und noch viel wichtiger: mein Frühstück soll sich weiterhin in Sicherheit wissen. Der Kater ist für die negativen Schwingungen, die ich ihm täglich vergeblich versuche zu senden, irgendwie nicht so richtig empfänglich. Es kommt schon mal vor, dass ich nachts von einem auf mir herumschleichenden Wollknäul aus dem Schlaf gerissen wurde.

Meine Liebe zum Kater wächst genauso wenig wie meine Liebe zu Plastiktüten. Nicht nur, wenn ich für meine Einkäufe im Supermarkt, die man hier übrigens – genau wie einige Restaurants  – 24 Stunden das ganze Jahr besuchen kann, einen Stoffbeutel auspacke, werde ich komisch beäugt.* Nein, auch wenn ich eine Tüte für eine Flasche oder eine Tafel Schokolade dankend ablehne.

Mein Außenseiterdasein weitet sich auch noch auf andere Bereiche aus: Ich bin eine der Wenigen, die sich beim Vorbeikommen an einer Kirche nicht bekreuzigt – egal, ob zu Fuß, im Bus, Taxi oder in der Maschrutka unterwegs. Hierzu passend ein Zitat von einem katholischen Tourist, den ich traf: „Lieber Taxifahrer, ich kann für dich beten, halt‘ du bitte die Hände am Lenkrad.“

Naja, zurück zum Text. Apropos Einkaufen: In unserer WG kauft – ich weiß, ein bisschen eigenartig – jeder sein eigenes Klopapier, damit weniger verbraucht wird. Eigentlich ist sonst alles ganz normal. Waschpulver und Essen besorgt jeder für sich. Wir teilen Geschirr, Öl (auch wenn ich mir mein eigenes Olivenöl zugelegt habe… :D), Gewürze, Gas, Strom, Wasser, Spüli, Putzmittel, Internet und alles was für die Allgemeinheit eben so ausgegeben wird, wie eine Duschmatte oder den Handwerker. Für unglaubliche 20 Lari, das sind ungefähr acht Euro, hat er diese Woche Heizung und Dusche in Ordnung gebracht.

Am nächsten Morgen bin ich zwar verschlafen, aber voller Freude auf eine funktionierende, warme Dusche ins Bad gegangen. Das Wasser ließ jedoch auf sich warten. Ein paar Stunden ohne Gas, Strom oder Ähnliches gelten in dieser Stadt als Normalität. Das Duschen ist dann ja mal wortwörtlich ins Wasser gefallen, aber wenigstens gibt es Notfallwasserkanister in unserer WG.

Wenn wir schon beim Thema Haushalt sind: In meiner Schublade sammeln sich schon die ersten einsamen Socken, deren Partner spurlos verschwunden sind. Und es gibt leider keinen Backofen. Aber dafür: Achtung Papa – einen Gasherd! (: Meine Kochgewohnheiten haben sich schon merklich verändert: Jetzt gibts nur noch alles was relativ schnell geht, meistens in der Pfanne und ohne Rezept. Maria, die Mitbewohnerin aus Polen, scheint eine sehr begeisterte Köchin zu sein. Oft stehen die Reste ihrer Gerichte verführerisch in der Küche herum. Da hilft nur Selbstbeherrschung. :D Es ist schon irgendwie doof, dass man nicht mehr alles Essen kann, man ans Einkaufen denken muss und seine Lebensmittel rechtzeitig verbrauchen muss, weil man sie nur alleine isst.

Und da ist natürlich das Ding mit dem Putzen. Das ist gar nicht so schlimm, da wir vier Leute sind. Also heißt es für mich nur einmal im Monat den Besen schwingen und Müll raus bringen. Trotzdem sind wir alle keine Profis – naja, die anderen schon mehr als ich, aber zu meiner Verteidigung: sie sind mir zehn Jahre im Voraus. So sauber wie in der Heimat wirds halt nicht – außer die gute Annika kommt mal rüber geflogen. (;

Übrigens sind die WG-people, wie das Klingelschild verspricht, wirklich cool. Ich bin echt bei netten Mädels gelandet, die mich gerne zu etwas einladen – sei es auf eine Halloweenparty, auf eine süd-afrikanische moderne Carmen-Balettaufführung, auf ein Gitarren-Quartett-Konzert oder auf einen Spaziergang.

Trotzdem ertappe ich mich beim Nach-Hause-Kommen schon manchmal dabei mich zu freuen, wenn niemand da ist. Es ist auch einfach mal schön für sich zu sein.

So viel zu meinem Alltagsleben. Grüße aus der Zukunft, ich bin euch ja jetzt drei Stunden im Voraus. (;

*Was man hier auch 365 Tage lang hat: Silvester. Jeden Abend, ungelogen, hört man es irgendwo knallen. Ich habe gehört, dass bei jeder Geburt ein Feuerwerk gezündet wird.

4 Gedanken zu „Großstadtleben“

  1. Liebe Mara,

    wie kalt ist es denn? Wir Flachlandtiroler hatten heute Morgen auch nur 3 C, aber brillianten Sonnenschein.

    Ach, das ist ja schade, dass ihr in eurer WG die Orga des Einkaufens, Kochens und den Verzehr von den zubereiteten Speisen wie beschrieben geregelt habt. Geht das nicht effektiver?
    Vielleicht lässt sich noch mal drüber sprechen und – wenn die anderen auch Vorteile sehen – eine Art Speisenplan aufstellen, den Verbrauch und damit die Kosten der Lebensmittel besser organisieren. Eine WG ist letztendlich auch nichts anderes als eine gewählte Gemeinschaft, wo mit Sinn und Verstand hoffentlich zum Gemeinwohl eine gute Lösung gefunden wird (gewonnene Zeit durch einen Putzplan hast du ja schon!). Und aus meiner Erfahrung passt sich eh nach einigen Wochen jede / jeder ein wenig der Gruppe an, mit der man im Leben „unterwegs“ ist.
    Hast ja auch Glück mit den wohl echt netten Mädels.
    Weiterhin viel Spaß im bunten Kulturvergnügen.

    1. Liebe Heike,

      jetzt haben wir wieder richtig gutes Wetter: Keine Wolken am Himmel, Sonnenschein und 15 Grad! (: Das mit dem Kochen und Einkaufen ist in einer WG eigentlich normal so, denn jeder isst ja was anderes, mal mehr, mal weniger, mal teurer, mal billiger, man ist zu verschiedenen Zeiten zu Hause und manche reagieren auch allergisch gegen irgendwelche Lebensmittel. Ich finde es ganz gut so wie es ist. (;

  2. Liebe Mara,
    apropos Feuerwerk……..
    es war einmal das Jahr 1997. Du warst noch im Wurschtkessel von C. + M, da ergab es sich, dass Menschen dachten, kleine Kinder (nur Mädchen) im Alter von 0,5 bis 2,5 … na sagen wir bis gut 3 Jahren können nicht bis Mitternacht wach bleiben, um das einzigartige Silvestervergnügen (=Knaller + Böller + naja, auch Feuerwerk) zu erleben bzw. dieses einzigartige Vergnügen mitzubekommen …wer weiß, was dann aus den Mädels wird. Ich möchte anfügen, dass dies ein ausschließlich männlicher Gedanken (…der Väter dieser Mädels) zu sein schien – so meine Erinnerung.
    Also wurde so um 22.00 uhr das Feuerwerk gezündet – unter Missachtung aller Regeln und Gesetze….und dann war es so, dass alle Kindlein bis gaaaaaaaaaaaaaaaanz lang über 00.00 Uhr ihren Spaß hatten, das offizielle Feuerwerk auch miterlebten und alle Personen über 3 Jahren längst ins Bett gehen wollten (aus damals noch anderen Gründen als Müdigkeit – bist ja schon groß).
    – und wenn ich jetzt noch wüßte, wie Frau ein Foto hochlädt, könnte ich dies zum Beweis schicken…
    Weiterhin eine ganz großartige Zeit!

  3. In Deutschland ist das mit einem Feuerwerk halt auch nicht so einfach :-)
    Zitat: „Das Abschießen von Feuerwerk ist in Deutschland nur in der Neujahrsnacht vom 31. Dezember auf den 1. Januar gestattet. Für besondere Anlässe zum Beispiel eine Hochzeit oder Ähnliches ist eine Sondergenehmigung der Behörden nötig.“

    P.S. Na dann werden wir an Weihnachten mal sehen, was der Backofen so hergibt und was alles in so einen Kühlschrank passt….

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