Zwei Dinge zum Jubeln. Erstens: Die Schulstunden in der ersten Schicht wurden auf 40 Minuten gekürzt, damit die Schüler im Winter eine halbe Stunde später in die Schule kommen können. Im Frühling ändert sich das zwar wieder, aber ich kann ein bisschen länger schlafen und das freut eine Mara immer… Zweitens: In der Schule wurde endlich die Heizung angemacht! In zwei der drei Deutschräume ist es trotzdem kalt und ich bleibe gut in Schal und Jacke eingepackt.
Heiß wurde mir nur beim Martinsmann-Backen mit meiner Deutsch-AG: Das war nämlich ein ziemlich chaotisches Gewusel in dem für die Gruppe viel zu kleinen Raum. Trotzdem hat alles geklappt, wir hatten viel Spaß und die Mini-Weckmänner haben lecker geschmeckt. Weitere Highlights der letzen Schulwochen waren die Präsentationen zu St. Martin, das Daumensdick-Schattentheater und der Tanzworkshop der siebten und achten Klassen im Goethe-Institut, aber seht selbst:
Gerade sitze ich im sunday-morning-chillin‘-mood an meinem Schreibtisch und blicke aus dem Fenster. Es ist kalt geworden. Von draußen starrt mich unser maunzender Kater an, den ich so eben ausgesperrt habe und nun halbwegs erfolgreich versuche zu ignorieren. Seid mir nicht böse, liebe Katzenfreunde, aber ich kann ein auf meiner Tastatur herumlaufendes Tier momentan nicht gebrauchen und noch viel wichtiger: mein Frühstück soll sich weiterhin in Sicherheit wissen. Der Kater ist für die negativen Schwingungen, die ich ihm täglich vergeblich versuche zu senden, irgendwie nicht so richtig empfänglich. Es kommt schon mal vor, dass ich nachts von einem auf mir herumschleichenden Wollknäul aus dem Schlaf gerissen wurde.
Meine Liebe zum Kater wächst genauso wenig wie meine Liebe zu Plastiktüten. Nicht nur, wenn ich für meine Einkäufe im Supermarkt, die man hier übrigens – genau wie einige Restaurants – 24 Stunden das ganze Jahr besuchen kann, einen Stoffbeutel auspacke, werde ich komisch beäugt.* Nein, auch wenn ich eine Tüte für eine Flasche oder eine Tafel Schokolade dankend ablehne.
Mein Außenseiterdasein weitet sich auch noch auf andere Bereiche aus: Ich bin eine der Wenigen, die sich beim Vorbeikommen an einer Kirche nicht bekreuzigt – egal, ob zu Fuß, im Bus, Taxi oder in der Maschrutka unterwegs. Hierzu passend ein Zitat von einem katholischen Tourist, den ich traf: „Lieber Taxifahrer, ich kann für dich beten, halt‘ du bitte die Hände am Lenkrad.“
Naja, zurück zum Text. Apropos Einkaufen: In unserer WG kauft – ich weiß, ein bisschen eigenartig – jeder sein eigenes Klopapier, damit weniger verbraucht wird. Eigentlich ist sonst alles ganz normal. Waschpulver und Essen besorgt jeder für sich. Wir teilen Geschirr, Öl (auch wenn ich mir mein eigenes Olivenöl zugelegt habe… :D), Gewürze, Gas, Strom, Wasser, Spüli, Putzmittel, Internet und alles was für die Allgemeinheit eben so ausgegeben wird, wie eine Duschmatte oder den Handwerker. Für unglaubliche 20 Lari, das sind ungefähr acht Euro, hat er diese Woche Heizung und Dusche in Ordnung gebracht.
Am nächsten Morgen bin ich zwar verschlafen, aber voller Freude auf eine funktionierende, warme Dusche ins Bad gegangen. Das Wasser ließ jedoch auf sich warten. Ein paar Stunden ohne Gas, Strom oder Ähnliches gelten in dieser Stadt als Normalität. Das Duschen ist dann ja mal wortwörtlich ins Wasser gefallen, aber wenigstens gibt es Notfallwasserkanister in unserer WG.
Wenn wir schon beim Thema Haushalt sind: In meiner Schublade sammeln sich schon die ersten einsamen Socken, deren Partner spurlos verschwunden sind. Und es gibt leider keinen Backofen. Aber dafür: Achtung Papa – einen Gasherd! (: Meine Kochgewohnheiten haben sich schon merklich verändert: Jetzt gibts nur noch alles was relativ schnell geht, meistens in der Pfanne und ohne Rezept. Maria, die Mitbewohnerin aus Polen, scheint eine sehr begeisterte Köchin zu sein. Oft stehen die Reste ihrer Gerichte verführerisch in der Küche herum. Da hilft nur Selbstbeherrschung. :D Es ist schon irgendwie doof, dass man nicht mehr alles Essen kann, man ans Einkaufen denken muss und seine Lebensmittel rechtzeitig verbrauchen muss, weil man sie nur alleine isst.
Und da ist natürlich das Ding mit dem Putzen. Das ist gar nicht so schlimm, da wir vier Leute sind. Also heißt es für mich nur einmal im Monat den Besen schwingen und Müll raus bringen. Trotzdem sind wir alle keine Profis – naja, die anderen schon mehr als ich, aber zu meiner Verteidigung: sie sind mir zehn Jahre im Voraus. So sauber wie in der Heimat wirds halt nicht – außer die gute Annika kommt mal rüber geflogen. (;
Übrigens sind die WG-people, wie das Klingelschild verspricht, wirklich cool. Ich bin echt bei netten Mädels gelandet, die mich gerne zu etwas einladen – sei es auf eine Halloweenparty, auf eine süd-afrikanische moderne Carmen-Balettaufführung, auf ein Gitarren-Quartett-Konzert oder auf einen Spaziergang.
Trotzdem ertappe ich mich beim Nach-Hause-Kommen schon manchmal dabei mich zu freuen, wenn niemand da ist. Es ist auch einfach mal schön für sich zu sein.
So viel zu meinem Alltagsleben. Grüße aus der Zukunft, ich bin euch ja jetzt drei Stunden im Voraus. (;
*Was man hier auch 365 Tage lang hat: Silvester. Jeden Abend, ungelogen, hört man es irgendwo knallen. Ich habe gehört, dass bei jeder Geburt ein Feuerwerk gezündet wird.
Am Wochenende war ich wieder bei meiner georgischen Lieblingsfamilie in Kachetien auf dem Land. Meine Kollegin Nino hat mich zum Tschurtschchela-Machen eingeladen – man sagt hier auch „georgisches Snickers“. Das feiern die Georgier zu Silvester, wie die Deutschen Plätzchen zur Weihnachtszeit.
Die Herstellung ist ziemlich aufwendig: In der Regel werden zuvor geschälte und sortierte Walnüsse mühsam auf dicke Baumwollfäden gefädelt, was tagelange Arbeit bedeutet. Glücklicherweise hatten die Frauen im Dorf schon alles vorbereitet. Zur Abwechslung gab es auch ein paar Ketten mit Haselnüssen und getrockneten Früchten.
Dann wird die Tatara zubereitet. Das ist mit Mehl eingedickter Traubensaft – in unserem Fall natürlich aus eigener Herstellung. Über der Feuerstelle wird das Ganze dann drei bis sechs Stunden erhitzt bis eine zähe, etwas verdunkelte Masse mit kleinen Bläschen entsteht, die nicht mehr nach Mehl schmeckt. Die Tatara kann je nach Traubensorte und Kochzeit unterschiedliche Farben annehmen. Damit nichts anbrennt, musste der riesige Holzlöffel praktisch die ganze Zeit in Bewegung bleiben. Ich sag euch: Ganz schöne Muskelarbeit.
Die Nüsse werden dann tief in die Tatara getaucht, herausgezogen und mindestens zwei Wochen zum Trocknen gehängt. Wir hatten ausnahmsweise statt 300 nur 170 Stück vor uns. Die Konsistenz ist weder frisch noch getrocknet mein Fall, aber zur Verteidigung der Nationalspeise: Ich mag auch keine Gummibärchen.
Natürlich blieb es nicht nur bei der Süßigkeit: Für Gäste und Nachbarn wurde wie selbstverständlich reichlich, gut georgisch aufgetischt und eingeschenkt. :D
Und mal wieder habe ich nicht gemerkt, wie der Tag an mir vorbei zieht. Allein die Hinfahrt mit den sechs Kindern der georgisch-deutschen Familie von Ninos Bruder verging wie im Flug. Mal wieder ein bisschen „Teekesselchen“, „Wer bin ich“ und „Ich sehe was, was du nicht siehst“ spielen, ist ja auch nicht verkehrt. Von morgens bis abends habe ich im Hof gesessen, Gesprächen gelauscht, so vor mich hin gegessen, türkischen Kaffee und die Gastfreundschaft genossen und mich an der Feuerstelle gewärmt.
Zu Hause ging es für meine geräucherten Klamotten dann erstmal in die Waschmaschine und für mich mit doppeltem Haarwaschgang unter die Dusche. (;