Where YUGO, I go.

Mit Ruhe und Gemächlichkeit

Es ist die Halbzeit meiner kleinen Reise, während des Vorbereitungsseminars. Deshalb beginne ich den heutigen Tag weniger aktiv, als die letzten Tage. Für den frühen Morgen beschließe ich ein wenig Zuhause zu bleiben und Arbeit zu schaffen.
Auch im Seminar ist dieses Mal alles sehr entspannt, sodass mein eigentlicher Tag erst gegen Mittag beginnt. Dann packe ich nämlich meine Sachen ein, um zur Bahnstation zu gehen und mich von Ozalj zu verabschieden. Das Ziel meines heutigen Tages ist nämlich die Weiterfahrt nach Rijeka, meiner letzten Reiseetappe. Dort werde ich das Wochenende verbringen und einmal mehr wieder Sonja und Christian sehen, etwas, worauf ich mich schon sehr lange gefreut habe.

Für jetzt laufe ich erst einmal an der Kupa zurück in die Stadt und kaufe mir in meiner Lieblingsbäckerei etwas zum Essen. Weil ich den ganzen Tag bisher noch nichts gegessen habe, überlebt das Gebäck nicht lange, während ich auf den Zug warte.
Die alte Diesellok bringt mich gemächlich nach Karlovac, wo ich entspannt zum Busbahnhof schlendere, dort ein wenig lese und Hörbuch höre. Ich habe wieder angefangen Harari zu hören, etwas, was ich mir schon lange einmal vorgenommen habe.
Die Atmosphäre ist fast schon sommerlich, die Temperaturen sind um die 20°C und die Sonne sinkt langsam tiefer, bis sie die Hochhäuser erreicht. Es kommt mir fast vor, wie einer dieser Sommerabende, wo man noch ein bisschen länger als draußen bleibt, um ein wenig von der verbleibenden Sommerhitze zu profitieren, die sich langsam in die Abendfrische verwandelt.
Einzige Unterbrechung meines harmonischen Tages erfahre ich, als ich mich zum ersten Mal in Kroatien in einer Situation wiederfinde, wo ich mit einer Kroatin auf Kroatisch diskutieren muss. Die werte Frau hat es sich mit Reisetasche auf meinem Platz bequem gemacht. Als ich sie daraufhin frage, ob ich mich auf meinen Platz setzen darf, den ich laut Ticket gebucht habe. Gibt sie mir die kalte Schulter. Die nette Frau ist der Ansicht, dass man das nicht machen darf, weil es ein zu hohes Corona-Risiko wäre. Ich übersehe einmal die Tatsache, dass sie, während sie mit mir spricht, sich ohne Maske ein Sandwich vorbereitet. Als sie mich anfährt, ich solle mir doch einen anderen leeren Platz suchen, mache ich sie darauf aufmerksam, dass es keine freien Doppelplätze mehr gibt. Frau Freundlich beharrt weiter auf ihrer Meinung: Überall bloß nicht bei ihr.

Ich überlege kurz, ob ich die Diskussion auf Englisch fortführen soll und erst richtig loslegen soll, besinne mich dann doch eines Besseren. Mit manchen Leuten kann man eben nicht diskutieren und Kroaten können, meiner Erfahrung nach, sehr stur sein. Also setze ich mich in die hinterste Bank neben zwei Männern, die glücklicherweise stillschweigend mich als möglichen Corona-Überträger dulden.

Zu meiner tiefen Ruhe finde ich, Gott sei Dank, zurück, als der Bus über die Autobahn fährt und hinter den Bergen die Sonne untergeht.

Rijeka selber erreichen wir erst, als die Sonne bereits untergegangen ist. Jedes Mal, wenn ich diese Stadt besuche, ist die Anfahrt aufs neue völlig einzigartig. Mit dem Bus kommt man direkt aus den Bergen und fährt hinunter auf die Küstenebene und schließlich in die Stadt. Es ist wie ein Übergang zwischen den Bergen und dem Meer, sodass man langsam sich auf die Stadt einstellen kann, während die Sehenswürdigkeiten näher rücken. Es ist, als würde man unter der Dusche langsam die Wassertemperaturen umstellen und genau das richtige Maß finden, sodass es weder zu schnell noch zu langsam ist.
Na ja, genug mit den Duschallegorien. In Rijeka angekommen, empfängt mich Sonja am Busbahnhof und wir schlendern gemeinsam über den Korso. Während wir ein wenig plaudern, bestaune ich die Menge an Kaffee und an Menschen, die an diesem Abend unterwegs sind. Im Vergleich zu Karlovac sind das zwei verschiedene Welten.

Sonja setzt mich am Busbahnhof ab, von wo aus ich den Bus in die Berge nach Kosi nehme. Nachdem ich ein wenig zu früh ausgestiegen und mich ein paar mal im Weg geirrt habe, komme ich bei Đosi an und werde am Tor schon von Medu freudig empfangen. Vielleicht erinnert er sich noch an meinen letzten Besuch im Januar, vielleicht freut er sich auch einfach nur über ein paar Streicheleinheiten am Po.

Während ich auch noch ein wenig mit Đosi plaudere, esse ich Abendessen. So richtigen Hunger habe ich nicht so wirklich nach meinem ausgedehnten Mittagessen, aber ablehnen kann ich auch nicht. Ganz nach kroatischer Gastfreundschaft, kann es überhaupt nicht sein, dass ich ohne etwas zu essen, ankomme.

04.03.2021

Rijeka

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