Eine Liebeserklärung.

Morgens, wenn ich mein Gesicht – die Augenlider geblendet vom Sonnenlicht fest zusammengekniffen – vom Fenster abwende und wie ein blinder Nacktmull nach meinem fröhlich dudelnden Wecker taste, bist Du an meiner Seite.
Mit geschlossenen Augen lächle ich wie ein zufriedenes und glückliches Baby in mich hinein. Insgeheim wünsche ich mir, dass die Zeit mit dir niemals enden mag – du nie von meiner Seite weichst. Von mir aus kann die Erde weiterhin in 24 Stunden um ihre eigene Polachse rotieren, 365 Tage und sechs Stunden benötigen um zu revolutionieren und der Mond seine Phase in 29,5 Tagen durchleben, doch hoffentlich ist unser Beisammen sein zeitlich unbegrenzt. Nun erscheinen mir meine Worte, so wie ich sie einst nur in kitschigen Romanen und Filmen erwartete, als nicht mehr aussagekräftig genug.
Du küsst sanft mein Gesicht, eine wohlwollende Wärme breitet sich in mir aus – lässt mich aufseufzen. Während ich mir ein längeres Dösen mahnend einräumte, dem schlechten Gewissen etwas von wenigen Minuten vorgaukle, rolle ich mich quiekend in meine Daunendecke ein – das Gesicht ins Kissen getaucht.
Du musst von meinem Dilemma wissen, denn sanft löst du meine Umklammerung, hilfst mir, die Decke von mir zu streifen – hälst mich dabei stets in deinen aufheizenden Armen. So verweilen wir eine Weile an der Türschwelle meines Zimmers, wie ein trotziges Kind bin ich unwillig mich von dir zu trennen. Doch du versicherst mir immer noch da zu sein, wenn ich aus dem Bad zurückkomme und so haste ich einer fröstelnden Wand entgegen – verfluche die Kälte, während ich mir bibbernd die Zähne putze. Lachend schneide ich im Spiegel Grimassen, da ich merke, dass ich meinen eigenen Atem sehen konnte!
Als ich im wahrsten Sinne des Wortes das Kühllager verließ, wartest du wie versprochen in meinem Zimmer auf mich, nur um mich erneut in deine wohltuenden Arme zu schließen.
Du bist das Beste was mir in der trostlosen und bitterkalten Jahreszeit in Shanghai passieren konnte- danke, danke, danke ! Geduldig begleitest du mich durch die riesigen, verzweigten Einkaufszentren – nörgelst nie rum, wirst nie müde, auch wenn ich von Laden zu Laden hetze – um die Preise zu vergleichen, den besten Deal einzuheimsen.
Bahn(st) – nein, kämpfst dich mit mir durch die Menschenflut zu Zeiten der Metrorushhour, machst jeden Restaurantaufenthalt angenehmer – bereicherst mein Leben, hebst meine Stimmung.
Ich liebe dich.
Dann kam der Tag an dem ich realisierte, wie verhängnisvoll meine Sucht nach dir war… 
Zerknittert hielt ich die Rechnung  in meinen Händen. Dies war also der Preis deiner Verführung – eine satte Stromrechnung, pah!
Zum Glück kann ich mich mit der Tatsache trösten, dass ich nicht die einzige Person bin, die  sehnsüchtig nach Wärme trachtet und sich von dir um den Finger wickeln ließ.

Die momentane Kälte in Shanghai fährt dir wie ein Messer ins Mark und Bein – denn die vorherrschende Luftfeuchtigkeit von 80% lässt dich auch bei Temperaturen von 5-8°C frösteln, als seien es Minusgrade.
Früher war das Heizen in Gebieten südlich des Jangtse-Flusses („Heizlinie“) verboten, sodass in Shanghai in überwiegend vielen Haushalten keine Heizung installiert ist.
Stattdessen nutzt man Klimaanlagen, die universell für den Sommer und Winter einsetzbar ist.

Vielleicht sollten wir manchmal nur daran denken, dass nicht alle Dinge im Leben schwarz/ weiß sind. So wie Herzschmerz und Streit nunmal zu einer Liebesbeziehung dazugehören ;). 

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(Wie weise ich doch bin.)

 

 

Ein Gedanke zu “Eine Liebeserklärung.

  1. Göttlicher Post 😀
    Musste am Ende voll lachen ^^
    Und voll der Kälte habe ich letztes Jahr auch echt was abbekommen..
    Zum Glück hatte ich nur warme Sachen dabei ^^

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