Reise, Reise…Teil eins: Sarajevo

Nun möchte ich endlich einen Teil der  Eindrücke einer unglaublich berreichernden Reise schriftlich festhalten…

Unser erstes Ziel war Sarajevo, die Hauptstadt Bosniens. Nach nur acht Stunden Zugfahrt, + in Ungarn entstandene Verspätung, haben wir am späteren Abend diese wunderbare Stadt erreicht.

Natürlich haben wir uns auf dem Weg zum Hostel erstmal von ’nem Taxifahrer übers Ohr hauen lassen. In Ungarn meinten alle, in Sarajevo könne man den Taxifahrern trauen (also nicht wie in Budapest), deshalb bin ich da sehr naiv rangegangen. Aber was soll’s – sowas muss jedem ein-, zweimal passieren. Die Turi-Falle schlechthin!

(Unser Hostel (namens HostelCityCenter) war übrigens super – viele sympathische Leute (fast nur Australier), Wohnzimmerstimmung und tolle Angestellte.)

Am nächsten morgen haben wir uns aufgemacht, die Stadt zu erkundigen. Ich brauchte erstmal, um zu realisieren, dass ich wirklich in Sarajevo bin. Auch wenn nur so um die 300,400 km von Pécs entfernt, klang „Sarajevo“ und auch „Bosnien“ für mich immer sehr exotisch und nach „unglaublich weit weg“.

Als erstes mal sind wir zum Basar. Der ist eigentlich ein kleineres Viertel voller Verkaufshäuschen. Ich habe in einem schnuckligen Musikladen bosnische Volksmusik erstanden. Mitten in dem Viertel steht eine wunderschöne, große Moschee und eine kleine Koranschule. Natürlich haben wir uns alles angesehen. Im Laufe der zwei Tage waren wir noch in einer eine serbisch-orthodoxe Kirche, bei den Synagogen und in noch einigen weiteren Moscheen. Überhaupt findet man in Sarajevo an jeder zweiten Ecke eine Moschee. Überall ragen die in ihrer Schlichtheit so schönen Minarette über die Dächer. Und immer zur Gebetszeit erschalt – natürlich – der Ruf des Muezzins. Ein ganz besonderes Erlebnis ist es, wenn Muezzinrufen und Kirchenglocken gleichzeitig erschallen.

Die Atmosphäre in der Stadt ist für mich  ganz neu gewesen, sehr fremd. Meinem Empfinden nach dominiert die muslimische Prägung. Es liegt jedoch eine multikulturelle Atmosphäre über der Stadt. Ich hatte den Eindruck, dass in Sarajevo Bosnier, Serben und Kroaten friedlich Seite an Seite leben.

In Bosnien findet man an jeder Ecke Cafés und Kaffeehäuser. Die tolle Angwohnheit der Menschen dort, sich ständig in Cafés auf  ’nen Espresso hinzusetzten, haben wir uns gelich einmal zu eigen gemacht.  Einglück! Dadurch saßen wir in vielen sehr unterschiedlichen Cafés. Abends waren wir einmal in einer rammelvollen Kneipe, in der krachend laut Hitparaden-House lief, aber interessanterweise niemand tanzte..Vom Flair her war das  mal was ganz andres als das, was man so kennt. Ach so, und wenn wir schon, grob gesagt, bei Bewirtung, Essen und Trinken  sind,  sollte ich nicht vergessen, die tollen Börek, Baklava und anderen Backwaren zu erwähnen! Davon könnte ich ständig essen!

Der Besuch in der Nationalgalerie brachte mir zum ersten mal den nicht lang zurückliegenden Krieg deutlich und klar ins Bewusststein. Sarajevo war zwischen 1992 und 1995 besetzt und nur durch einen Tunnel mit der „Außenwelt“ verbunden. Der Krieg, die Betzung, das Elend – wurden in den modernen Kunstwerken immer wieder aufgegriffen, in einer sehr bewegenden Art und Weise. Das Thema wurde abstrahiert behandelt, aber auch eine ganze Reihe an Fotos aus dieser Zeit waren in der Galerie ausgestellt.

Irgendwie musste ich mich dann doch dringend mehr informieren. Am Samstag sind wir dann also im historischen Museum von Bosnien gewesen. Dort wurde der Krieg und die Besetzung ähnlich aufgearbeitet und ich konnte nochmal eine ganze Reihe an neuen Informationen bekommen. In meinem ungarischer Reiseführer konnte ich glücklicherweise ebenfalls sehr viel über das Thema lesen. Verstörend wirkte beim Lesen die ständigen Hinweise auf die Minengefahr, auf jeder zweiten Seite. Und wenn man in Sarajevo die alte Innenstadt verlässt, kommt man an unglaublich vielen Kriegsruinen vorbei. Man denke an Fotos von deutschen Städten nach dem zweiten Weltkrieg. Wenn man den Ruinen vorbeigeht, fragt man sich schon: Wer hat früher in diesem zerstörten Haus gelebt?

Für mich war es das erste Mal, dass ich in einem Land war, in dem noch vor fast zehn Jahren ein Krieg war. Wenn ich über meine Eindrücke hier schreibe, überkommt mich (mal wieder) ein Gefühl der Ungläubigkeit, ja der Gelähmtheit. Ich kann das garnicht richtig in Worte fassen. Wie können sich Menschen gegenseitig nur so etwas antun?

Wie man an der Menge/Länge der Absätze bemerkt, hat mich das Thema sehr beschäftigt. Ich möchte diesen Artikel aber  doch anders abschließen: Zufällig haben wir in der Innenstadt eine super Galerie entdeckt. Die aktuelle Ausstellung lebte von der Teilnahme der Besucher: man sollte einen Punkt mit Nummer auf das Bild kleben, dass einem am besten gefällt. Die Küstlerin versucht dann, dass Bild nocheinmal zu malen und einem an die Adresse zu schicken, die man hinterlassen hat. Ich freue mich schon auf den Tag, an dem ich die Postkarte mit Kunstwerk darauf bekomme. Und wieder an Sarajevo und die tollen zwei Tage dort erinnert werde!

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Kommentar

 
  • Toller Artikel, das klingt superinteressant, was ihr da erlebt habt! Ich sollte mir vielleicht auch überlegen, ob ich mal nach Sarajevo fahre… 😉

    Aber als nächstes gehts wohl erstmal nach Budapest, ein oder zwei Tage vor dem Zwischenseminar. Ich freu mich schon drauf!

    Mir war auch irgendwie nicht bewusst, dass BiH so muslimisch ist… Kroatien ist das so gut wie überhaupt nicht. Es gibt Minderheiten, aber nicht so, dass es für eine Moschee reichen würde…

    Ich freu mich auf deinen nächsten Bericht, wenn du von eurer weiteren Reise erzählst!

 
 
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