Grün. Grün. Grün. Das war der ziemlich primitive erste Eindruck, der mir im Kopf wieder und wieder hin und her ging, nachdem wir in Kigali den Flughafen verließen. Ich war völlig überwältigt. Immerhin habe ich für die letzten drei Monate in einem Wüstenland gelebt, westlich die Namib, östlich die Kalahari, dazwischen Savannen. Die vorherrschenden Farben in der namibischen Landschaft sind braun-beige-gelb-orange. Auch wenn die Regenzeit gerade in unglaublichen Schauern über uns hineinbricht und ein Ergrünen verspricht. Kigali kam mir fast vor wie ein Dschungel. Palmen, Gräser, Pflanzen, Obstbäume, Avocadobäume, bunte Blüten, große Parks und Grünflächen und immer wieder wunderschöne Blicke über die zahlreichen Hügel und Täler der Stadt. Und immer wieder dachte ich: Du bist in Ruanda, du bist wirklich in Ruanda. Abgefahren. Manchmal kann ich eben mein Glück immer noch nicht ganz fassen.
Aus Ruanda habe ich ungefähr 1000 Geschichten zu erzählen. Es waren erlebnisreiche, unglaublich schöne zwei Wochen mit vielen Begegnungen und Neuem. Es wird nicht leicht sein, für diesen Blog bestimmte Erlebnisse auszusieben. Für mich ist Ruanda jetzt jedenfalls nicht mehr das Land, in dem vor 20 Jahren ein Genozid stattfand. Das ist eine Single Story.
Und die hat dieses wunderschöne Land ganz einfach nicht verdient. Und so hoffe ich auch bei einigen Bloglesern der Single Story einige andere Geschichten über Ruanda hinzufügen zu können.
Was mich außer dem ganzen Grünzeug in Kigali sofort total überwältigt hat, war die unglaubliche Auswahl an Obst und Gemüse. Hier in Namibia ist man schon von so einigem verwöhnt, aber frische Lebensmittel sind eben importiert und deshalb oft teuer. ABER in Kigali auf dem Markt gab es die leckersten Mangos, riesigsten Avocados, besten Orangen, diese sauleckeren Minibananen, Baumtomaten (hatte ich vorher ja noch nie von gehört), Maracujas… uund auch sonst einfach wahnsinnig gutes Essen. Zum Beispiel Samosas nach afrikanischer Art mit Zwiebeln, Kohl und scharfem Hack gefüllt, Chapatis, und, als Reliquie der Franzosen: Waffeln, Crepes, Croissants und anderes leckeres Gebäck. NOM. Ich war im Paradies.
Ja und nach einer Nacht in Kigali ging es dann für mich und zwei andere mutige Freiwillige, die wir beschlossen hatten, die Gelegenheit zu nutzen um eine Woche durch Ruanda zu reisen, ab in den Südwesten Ruandas, in den Regenwald – Njungwe, an der Grenze zu Burundi und der DR Kongo. Laut Wikipedia ein immergrüner Regenwald, und dazu noch der größte Bergregenwald in Ost und Zentralafrika. Na, wenn das so ist! Da in Njungwe ging das Abenteuer richtig los, denn unsere Reise war bis ins letzte Detail überhaupt nicht so richtig geplant. Bekanntlich ist das ja aber die beste Art zu reisen. 🙂
Und so beginne ich die Geschichten…
Wie wir am ersten Morgen Affen vorm Fenster hatten
Oh ja, kleine süße Affen überall und sie haben Bananen gefressen, ja, für Bananen konnten sie sich so richtig begeistern. Und auch dafür, sich gegenseitig am Schwanz zu ziehen.
Wie wir ins Kitabi Cultural Village wollten
Ja da sollte so ein Cultural Village sein im Regenwald. Das stand im Internet. Da sollte man campen können. Community Based Tourism. Eine gute Sache. Da wollten wir hin. Also wir am Morgen vom Guesthouse nach Kitabi. Tja ja. Ich hatte da via skype angerufen und uns angekündigt. Geld hat das auch noch gekostet. Naja und als wir da ankamen war man aber sehr verwirrt über unsere Ankunft, die Leute die dann irgendwann kamen waren aber mega nett. Nur etwas verplant von unserem Besuch. Ja und dann sind wir zum Regenwald National Park Office und haben uns über Touren informiert. Dabei kam heraus, dass alle geilen Touren an dem Office von unserem Guesthouse losgingen. Da man im Cultural Village immer noch kein Zelt für uns gefunden hatte, beschlossen wir, wieder zum Guesthouse zurück zu trampen. Also die ganzen 3 Stunden.
Wie es über dem Regenwald so richtig fett geregnet hat
Man wird es nicht erwarten aber im Vergleich zu Namibia regnet es im tropischen Regenwald wirklich oft. 😀 Um genau zu sein regnet es mehrmals am Tag und das ist auch ziemlich beeindruckend. Von Kitabi aus hatten wir nen super Ausblick auf den Bergregenwald und das hat ordentlich geschüttet. Ja und ne halbe Stunde später ist der ganze Salat dann wieder wolkenreich nach oben verdampft, wie das im Regenwald halt so ist. Einmal Wasserkreislauf im Schnelldurchlauf, bitte! Ziemlich beeindruckend. Und natürlich musste ich versuchen das Szenario fotographisch ein bisschen festzuhalten. 🙂 Vor dem Regen, Weltuntergang und nach dem Regen!
Wie wir zurück nach Gisakura getrampt sind
Ja und da es schon spät war und wir keinen Bus mehr bekommen hätten in dem noch Plätze frei sind (dafür muss man vor Abfahrt dieser Busse in Kigali anrufen) sind wir dann eben getrampt – was man übrigens in Namibia never ever tun würde – ein Truckfahrer hielt bald an und lud uns zu dritt mit unseren Backpacks in seinen Fahrerraum, in dem schon ein Freund von ihm saß. Ab ging es durch Nyungwe. Den ganzen Weg über brachte er uns Kinyarwanda bei und wir ihm etwas Deutsch.
Da es schon dunkel war, haben wir den genauen Ort des Guesthouses nicht mehr erkannt und dachten irgendwann, wir seien an dem Haus schon vorbei gefahren. Der Truckfahrer hat uns ausgeladen und wir sind das Stück zu Fuß zurück gelaufen. Auf einmal hat er uns von hinten wieder eingeholt. „Just checking on you, it’s night, ladies“. Damit lud er uns ein und fuhr uns ein ganzes Stück wieder zurück. Nur um dann festzustellen, dass wir doch noch nicht vorbei waren. Also wieder umgekehrt und uns – endlich – am Guesthouse und anderen Park Office abgesetzt. Und dann hat er auch noch sein Essen mit uns geteilt!
Wie wir endlich durch den Regenwald zu einem Wasserfall gewandert sind
Das war am nächsten Tag. Nach dem Kitabi-Fail. Ja und dann gab es noch einen Fail: Der VISA Automat am Park Office ging nicht. Also hatten wir auf einmal nicht mehr genug Bargeld dabei, weil wir ja 50 US Dollar für die Tourpermit bezahlen mussten. Ja und Das war doof, weil wir eigentlich noch ne Nacht in dem Guesthouse bleiben wollten. Nunja, nach der Tour sind wir dann nach Kigali zurück. Ich glaube, das war ganz gut so. Denn da gab es Geldautomaten und so weiter und so fort und wir wussten dass wir da alles bekommen was wir für das Wochenende in Nordruanda brauchen würden.
Also sind wir nachmittags mit dem Bus zurück nach Kigali. Wir haben uns auf dem Weg echt gut unterhalten und an der Haltestelle wieder echt gutes Streetfood gegessen, Fleischspieße, Gebackenes, Samosas.. Mmmhhh 🙂
Am nächsten morgen ging es dann erstmal gemütlich in der Innenstadt von Kigali einkaufen, wobei natürlich wieder viele Samosas, African Coffees, G-Nuts und sonstige Backwaren konsumiert wurden.
Wie wir nach Kamembe fuhren
Dann gings mit dem Bus nach Kamembe. Es war echt eng denn wir hatten unsere Backpacks auf dem Schoß. Zum Glück dauerte die Fahrt nur 2 Stunden.
Wie wir jede Menge Menschlichkeit und anderes im Red Rocks erfuhren
Von Kamembe nahmen wir ein Taxi zum Red Rocks Backpackers. Ein Hostel mit Gegelenheit zum Campen das nach dem Konzept des Community Tourism arbeitet. Also funktioniert das Hostel nur in Zusammenarbeit mit den Locals. Zu essen gibt es, was dort geerntet wird, die Locals aus dem Dorf kochen dort. Die Frauen kommen wenn sie wollen und verkaufen ihr Kunsthandwerk dort. Man kann auch spezielle Aktivitäten buchen, zum Beispiel kochen mit Locals, Bananenbier brauen, usw. Ich hatte den Eindruck dass man sich wirklich auf Augenhöhe begegnet. Wir kamen abends im Red Rocks an und wurden gleich von der unglaublich süßen Harriet, einer Ruanderin, die in Amerika lebt, zu Bananenbier ans Feuer eingeladen. Mhhhhh. Ich LIEBE Bananenbier. Macht euch gefasst auf die Eröffnung meiner eigenen Brauerei in Berlin!
Am Feuer unterhielten wir uns mit ihr. Harriet studiert in den USA Psychologie und betreibt seit etwa 1 Jahr das Red Rocks. Sie bietet Gruppentherapie und Sexual Education für die Frauen der Community an. Im Red Rocks arbeiten außerdem viele und es ist einfach ein Ort wo man sich abend trifft und ans Feuer setzt und plauscht und so begegnen sich eben Leute die sich sonst nicht treffen würden. Wir sahen schon am abend die ganzen Activities die man machen konnte, die aber alle eine Stange Geld kosteten. Harriet sagte uns aber, am nächsten Tag würde eh eine Gruppe Ösis kommen.
Wie wir ein bisschen Volunteering gemacht haben
Ja und der springende Punkt war, sie war so lieb dass sie uns angeboten hat einfach bei den Ösis mitzumachen wenn die die ganzen Aktivitäten machen. Im Gegenzug haben wir ein bisschen abgewaschen und so Kram.
Am nächsten Morgen aus dem Zelt gekrabbelt, fielen uns erstmal die wunderschönen Körbe auf, die die Frauen aus dem Dorf zum Verkauf an Touristen ins Red Rocks gebracht hatten. Harriet fragte uns, ob wir lernen wollen, wie man so einen Korb webt. Und schwupps, schon saßen wir da. Und webten. Es war wirklich nicht so schwer, aber ich habe ziemlich gebraucht bis es hübsch aussah.
Ja dann kamen irgendwann die Österreicher und sie waren zwar sehr nett aber erinnerten mich leider auch ein bisschen an die Touristengruppe aus „Hummeldumm“. Diese Gruppe hatte ja aber Bananenbierbrauen und Afrikanisch kochen gebucht.
Bananenbier brauen
1. Man schält unendlich viele Bananen
2. Man legt sie in ein Gefäß
3. Man macht so ein Gras drüber dessen Name mir entfallen ist
4. Man zermatscht die Bananen damit
5. Mal mahlt Hirse
6. Man gibt die Hirse dazu
7. Man lässt es 5 Tage stehen – es ist Bier
8. Man lässt es länger stehen – es wird Schnaps
Außerdem haben wir danach noch alle zusammen gekocht. Es war mega, mega lecker. Besonders angetan haben es mir der Kürbis und die Bohnen.
Wie wir mit den anderen Freiwilligen auf den Bisoke stiegen
Tja, ich lasse die Bilder sprechen. Alle sagten es sei ein leichter Hike, 6 Stunden und wir wären oben und wieder unten. Kein Ding für junge fitte Menschen.
Leider hatten diese weisen Zungen die Regenzeit nicht einkalkuliert. Der Bisoke war eine Matschpiste. Wo einst anscheinend Treppen waren war wadentiefer Schlamm. Teilweise war der Aufstieg einfach ein Fluss.
Am Anfang versuchte ich noch meine Schuhe zu schonen, später sank ich einfach wadentief ein. Kein einziger von uns ist nicht hingefallen. Rauf war schon hart an der Grenze. Ab etwa 3500 Metern hatte ich mit der Höhe zu kämpfen und Schnappatmung.
Aber wirklich Angst hatte ich vor dem Abstieg. Denn da würde man ja noch weniger Halt finden und bestimmt eher auf dem Arsch runter rutschen als alles andere. Und so kam es dann auch.
Ermüdet vom stundenlangen Aufstieg und einfach erschöpft ließ die Konzentration stark nach und ich glaube wir sind alle ein paar Mal wirklich durch den Matsch auf den Arsch geschlittert und gefallen. Am Anfang habe ich noch die Klappe gehalten aber irgendwann konnte ich es nicht mehr zurück halten: Ich fing an zu Fluchen wie ein Rohrspatz, was ich natürlich nicht nur auf Deutsch und Englisch kann, sondern auch auf Afrikaans und Oshivambo. Die anderen Freiwilligen können das jetzt übrigens auch. 😀 Unter lauten „Siiis man“ „OSHITI“ „Das-Auslandsjahr-sollte-ja-ne-Grenzerfahrung-werden“-„Nie-wieder-besteig-ich-nen-Vulkan“-Rufen ging es den Berg wieder runter. Ich musste an Alisas Post denken! Und sogar wenn ich wandern eigentlich nicht hasse habe ich mich genauso gefühlt wie sie! Nun denn, wir kamen alle wieder runter, verbrachten einen gemütlichen Restabend mit Essen und machten uns am selben Tag genauso unmenschlich früh wieder auf..
Wie wir die Golden Monkeys besuchten
Da hatte ich übrigens schon fast Angst dann, als es am< nächsten Tag zu den Golden Monkeys – Goldmeerkatzen – ging. Denn ich fürchtete schon wieder so eine Schlammpiste besteigen zu müssen. Doch das Universum meinte es gut mit mir. Es waren nur 20 Minuten weg zu den Äffchen und es war kaum matschig. Die Golden Monkeys sind sehr zahm, denn sie wurden von dem Nationalpark über 2 Jahre lang an Menschen gewöhnt. Sie sind eine der seltensten Affenarten der Welt. Sie leben ausschließlich in dem Virungagebiet um die Vulkane von Ruanda, Uganda und dem Kongo. Hier finden Interessierte einen Artikel über die Tierchen.
Danach fuhren wir noch zur Aussichtsplattform an die Twinlakes. Zum Schwimmen wäre es eh zu kalt und regnerisch gewesen. Aber die Sonne schaute noch heraus. Und es war soooo schön! Richtig malerisch!
Danach fuhren wir zurück nach Kigali, wo am nächsten Tag nachmittags das Zwischenseminar los ging. Davor waren wir noch auf dem Markt. Wer mich kennt, weiß, dass ich natürlich nicht über den Stoffmarkt gehen konnte ohne mir Stoff zu kaufen. Ja und der wurde dann auch für mich geschneidert. Zu einem wunderschönen Rock.
Das Seminar war sehr sehr angenehm. Ich habe die gute Zeit, den Ausspruch und die Gespräche sehr genossen. Und auch das gemeinsame Erkunden des einen oder anderen Restaurants und Clubs. Und das Moto fahren. Und die Bewegungsfreiheit auf den Straßen zu jeder Tag und Nachtzeit. Und die wunderbaren Blicke über die Hügel. Und das ganze Essen. Und all die mitgebrachten Snacks aus allen Ländern. Oder ums kurz zu machen: War schön mit euch!
Zum Ende dieses Posts geht ein Applaus an all die LeserInnen, die bis hier durchgehalten haben. Ich sitze grade super kribbelig zuhause rum und zähle die Stunden bis ich meine beste Freundin vom Flughafen holen kann. Es sind noch 11 bis sie landet und ich schätze mit Gepäck und Einreisemodalitäten noch 11,5 bis wir uns in die Arme fallen können. Dann geht es los auf einen ganz wunderbaren Weihnachts-Neujahrs-Roadtrip der uns von der Westküste über den Waterberg und Rundu durch den Caprivistreifen an die Viktoriafälle und hoffentlich auch wieder zurück führen wird. An den Viktoriafällen haben wir Tickets für das Carnival Festival in Zimbabwe. Es wird legen…
Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins Neue Jahr!




















































