Dass es sich mit der Deutschen Bahn nicht pünktlich reist, ist allgemein bekannt (diesmal waren jedoch nicht sie Schuld, sondern ein Personenunfall auf den Gleisen behinderte den geregelten Verkehr). Bei unserem ersten unplanmäßig, längeren Aufenthalt in Frankfurt fing ich damit an, Bilder „instagrammähnlich“ zu gestalten (eine tolle Methode gegen aufkommende Langeweile), die ihr nun hier sehen könnt. Auch durch die anderen Malheure wurde die Zugfahrt zu einem Abenteuer.
Beispielweise stieg in Baden-Baden eine Dame aus, die nicht mehr mitbekam, dass der Zug wieder losfuhr. Dadurch war ihr Gepäck weiter mit im Zug. Ein Schaffner schleifte dann verschiedenste Taschen durch den Gang und fragte mit nasaler Stimmer immer wieder, ob denn jemand eine Dame gesehen hätte, der dieser grüne Koffer gehöre? Oder auch ob jemand Besitzer dieses Rucksack wäre. Etwa bei der Hälfte des Gepäcks erwischte er fälschlicherweise das von anderen Reisenden, was immer wieder zu Lachern führte.
Dadurch allerdings, dass ich mit Marius reiste, konnten wir uns viel unterhalten und es wurde nicht langweilig. Außerdem weckte die Landschaft in der Schweiz und Italien unser Interesse. Um 20:17 erreichten wir Milano Centrale – den Prunkbahnhof Mailands, der aus der Zeit des Faschismus stammt. Hier trennten sich die Wege von Marius und mir.
Während ich mich auf den Weg zur Metro machte, ging er in Richtung seiner Wohnung. Da die rote Linie (M1) aktuell nicht fuhr (der Grund war mir unbekannt), lief ich den Corso Buenos Aires entlang. Diese Einkaufsstraße war trotz später Stunde noch sehr gut belebt. Nachdem ich ein Drittel der Strecke gelaufen war, beschloss ich, doch lieber Bus zu fahren, da mir mein Gepäck (ein großer Wanderrucksack, ein mittlerer Koffer und ein kleinerer Rucksack) zu schwer wurde. Während ich an der Bushaltestelle wartete, machte ich die Bekanntschaft mit einer jungen Argentinierin und einem Pakistani, die für ein paar Tage die Stadt erkunden würden. Nachdem 20 Minuten vergangen waren, beschloss ich, dass es doch besser wäre zu laufen. Nachdem ich aus dem Zug in Höchststimmung ausgestiegen war, befahl mich auf dem Weg Unsicherheit, ob ein FSJ im Ausland doch die richtige Entscheidung war. Ohrwürmer halfen mir dabei, immer noch einen Schritt weiterzugehen und die 30 Minuten Fußmarsch mit circa 40 kg Gepäck zu meistern. Im Studentenwohnheim angekommen, saß glücklicherweise ein Pförtner, durch den ich unkompliziert mein Zimmer erhielt. Eine Zimmertour kann ich zu einem anderen Zeitpunkt in diesem Blog veröffentlichen. Nachdem ich geduscht hatte (es gibt tatsächlich keinen Duschvorhang, aber ich habe ein privates Bad), wollte ich schon todmüde ins Bett fallen, besann mich dann aber eines besseren und öffnete die Rollläden. Dahinter erwartete mich der hell erleuchtete Duomo di Milano – eine schöne, abendliche Überraschung.
Heute Morgen packte ich erstmal mein Gepäck aus und richtete mich ein. Besonders froh war ich darüber, dass ich Kleiderbügel mitgenommen habe, da es zwar eine Kleiderstange gab, die Bügel jedoch fehlten. Auf den ersten Schritten meiner Erkundungstour der Innenstadt wurde ich von einer Frau mit „Guten Morgen“ begrüßt. Nach anfänglicher Verwirrung meinerseits, stellte ich mir die Frage, ob ich denn wirklich „deutsch“ aussehe. Das typische Klischee von Socken in Sandalen habe ich jedenfalls nicht erfüllt (dafür trug ich Birkenstock-Sandalen, die ich bei einem früheren Urlaub in Italien gekauft hatte). Danach aß ich landestypisch in einem Café ein Cornetto gefühlt mit Schokolade und dazu einen Espresso –mmh, lecker.
Auch wenn ich versucht hatte, den Dom anfangs zu meiden, glückte mir dies kaum, weil alle Wege auf den Domplatz mündeten – ich muss schon sagen, dass der Dom sich prächtig in den Himmel erhebt. Am späten Mittag traf ich mich mit Marius zum Pizzaessen. Bei unserem Streifzug knipsten wir sehr viele Touri-Bilder. Im Parco Sempione, der hinter dem Castello Sforzesco liegt, entspannten wir unsere müden Füße (ich hatte mir bereits meine erste Blase gerieben), nachdem wir bereits die ein oder andere Sehenswürdigkeit bestaunt hatten. Besonders beeindruckt hat mich der Figurenreichtum des Doms und die Galleria Vittorio Emanuele II. Scherzhaft sagten wir, dass diese die große Schwester der Mädler-Passage in Leipzig ist (und auch den Pariser Arc de Triomphe fanden wir in dem Arco della Pace).
Abends traf ich meine Lehrerin Simona Cravero auf eine Pizza, die wirklich super lecker schmeckte. Sie erzählte mir viel über die Schule und meine Aufgaben. Nun bin ich mit gut gefüllten Bauch zurück in meinem Zimmer und freue mich auf die kommende Zeit.