Vier Wochen, fünf Wochen…

Ich bin übermorgen vor vier Wochen hier angekommen und heute in fünf Wochen werde ich das erste Mal wieder abreisen. Einen Tag später wiederum werden wir (drei andere Frewilllige, die auch von Bukarest fliegen und ich) viele andere kulturweitler aus MSOE und dem Nahen Osten in Istanbul treffen. Nach vier bis fünf Tagen geht es dann für die MSOEler weiter nach Sombor, zum Zwischenseminar. Danach noch einmal zweieinhalb Wochen warten, dann kommt mein Papa zu Besuch und wiederum fünf Tage nach seiner Abreise bin ich, wie es aussieht, auf dem Weg nach Ägypten.

So wie die Lage momentan ist, sind fünf Wochen nichts, nicht länger als ein Moment in diesem ganzen Jahr. Die letzte Woche war unfassbar schnell vorbei, dabei war sie alles andere als gut. Insgesamt passt das ganz gut in meinen Durchschnitt.

Auf jeden Fall hat sie (die Woche, besonders die Maus… Dazu hoffentlich ich einem extra Artikel noch mehr) erfolgreich verhindert, dass der Alltag endgültig bei mir eingekehrt ist. Ich hatte mich schon fast an die Sonne gewöhnt, da kam letzten Samstag nicht ganz überraschend die Kälte. Erstmal noch mit Sonne, doch die verzog sich mit der Zeit immer mal wieder, es regnete sogar, wenn auch nur kurz! Heute morgen hatte es sogar Minusgrade, da dachte ich nur, wenn jetzt was vom Himmel kommt, dann ist das Schnee. Der Gedanke hat mir sehr gefallen.

Was bis jetzt immer ähnlich war ist die Schule. Morgens mit Frau F. im Auto hinfahren, gegebenenfalls auch mal laufen. Dann drei Stunden in der Grundschule. Die sind immer sehr unterschiedlich, von der Klassenstufe, dem Deutschniveau und den Lehrern her. Es kommt oft vor, dass ich mich langweile, manchmal gehe ich dabei zwar auch durch die Klassen und kontrolliere ein paar Aufgaben, manchmal kontrolliere ich die  Arbeitsbögen. Dann gibt es lachende und weinende Gesichter. Oft sitze ich aber auch einfach nur in der Gegend herum.

Das einzige, was alles besser, sogar sehr schön, macht sind die Kinder. Sie sind so unfassbar süß, viele fragen oft, wann ich denn wiederkäme, wann sie wieder alleine mit mir Unterricht hätten, heute ein Mädchen ob sie meine Freundin wäre. Wenn ich dann einmal bei ihnen bin strahlen viele vor Freude und fallen über mich her.

Was die Kontrollen angeht passe ich mich den Lehrern an. Allerdings nur, wenn es um die Farben geht, hier kontrollieren manche mit grün, manche mit rot. So geht es mir auch mit den Ansprechformen. Die Lehrer die mich siezen, die Direktorinnen und deutlich ältere Herrschaften sieze ich ebenfalls. Alle anderen werden geduzt, egal.

Ab 11 h verbringe ich dann meine Zeit in der Bibliothek, was ein kleiner Raum mit Regalen an der Wand ist und eher wenigen Büchern, die Spalte Literatur füllt gerade einmal 22 Seiten. Dort verbringe ich dann einen Teil der Zeit damit die Bücher weiter zu katalogisieren. Der ist aber eher klein. Oft bleibe ich an einem der Bücher hängen, ich habe seit ich hier bin bestimmt fünf Bücher gelesen und gelange langsam wieder zu meiner alten Form zurück. Das tut so gut, es ist vertraut, hier in der Fremde.

Außerdem erwischen mich manchmal Kreativschübe, sodass ich die Zeit dort dann nutze um Einträge für den Blog hier zu schreiben. Wie man sieht war der letzte lange her. Oder ich mache mir Notizen für Unterricht und Projekte. Dafür habe ich viele Ideen, sie sind nur oft schwer umzusetzen. Das liegt nicht daran, dass es niemanden geben würde, der mitmacht oder keine Material oder ich nicht genügend motiviert bin. Es gibt hier nur eine Menge Menschen, die Angst vor zu viel Arbeit haben. Die Schüler gehören nicht dazu, viele würden gerne etwas machen. Aber auch wenn man sich anbietet, Plakae zu malen, das zu organisieren usw., manche Lehrer glauben nicht an die Durchhaltekraft ihrer Schüler. Regelmäßigkeit ist hier verpönt, nur leider funktioniert es so gerade auch nicht.

Pünktlich um zwölf gibt es dann Mittagessen. Das ist ganz in Ordnung, ein bisschen einseitig, aber who cares. Die Lehrer rundherum, das ist meist die lustige Runde aus dem Raucherzimmer. Dort habe ich auch versucht mich aufzuhalten um ein paar Kontakte zu knüpfen, aber nach einem Tag hatte ich einen unfassbar abstoßenden Geschmack im Mund den ich beim besten Willen nicht losgeworden bin, vom Geruch müssen wir gar nicht erst reden. Aber das Essen hat schon gereicht, es gibt echt so nette Leute. Die nur leider meistens nichts mit meiner Arbeit zu tun haben.

Die vielgelobte Gastfreundschaft ist mir hier allerdings noch nicht über den Weg gelaufen, nur in Form von den andern beiden Deutschen hier. Frau F. und C. kümmern sich wirklich rührend um mich, die anderen sind zwar nett, aber nicht mehr.

Von der Schule laufe ich dann nach Hause, das dauert etwa eine halbe Stunde. Laut Google Maps sind das 2,5 Kilometer. Zunächst komme ich an einer kleine Bäckerei vorbei, wo ich regelmäßig „schwarzes Baguette“ kaufe, das höchsten halb so lang wie „echtes“ Baguette, dicker und mit Vollkornmehl gebacken ist. Ansonsten gibt es hier nämlich nur Weißbrot, was noch schneller hart wird und nur als große Laibe verkauft wird. Der Duft der Bäckerei kommt mir bei der richtigen Windrichtung schon an der Straßenecke vorher entgegen, es ist wundervoll! Sie backen noch alles selber, hinter einer Scheibe im winzigen Verkaufsraum sieht man immer jemanden arbeiten. Die Brote werden in großen Holzformen gebacken, das sieht super aus.

An meinem Weg liegen außerdem noch ein Friedhof, eine Ampel (ich brauch 15 Sekunden um sie zu überqueren, wenn gerade rot geworden ist muss man 99 Sekunden warten) und die mehrfach erwähnte Brücke.

Nachmittags bin ich dann meist zu fertig viel mehr zu machen als einzukaufen, zu lesen, dumme Serien zu sehen oder spazieren zu gehen. Drei Mal habe ich mich jetzt schon aufgerafft ins Konzert zu gehen, einmal hat es sich gelohnt, ein paar Mal sind wir was trinken gegangen, manchmal gehe ich zu C. um zu waschen, einmal haben wir zusammen die Bücherei hier im Kulturtreff weitersortiert. Außerdem wären da noch einige Ausflüge, morgen steht der nächste an, der Traubenball.

Skypen tu ich nach wie vor regelmäßig mit allen möglichen lieben Menschen. Ich vermisse meine Freunde, aber viel lieber denke ich an die vielen schönen Momente. Meine Familie ist noch viel weiter weg, dafür sind sie am regelmäßigsten an der Leine, zum Glück. Freunde habe ich hier also noch nicht wirklich gefunden, es gibt ja auch keine Uni hier. Und man merkt einfach doch total, dass die Abiturienten und Elfklässler, die ja nicht viel jünger als ich sind (wenn überhaupt) an einer ganz anderen Stelle ihres Lebens stehen. Einmal hatte ich so richtig Heimweh, aber seit ein paar der Projekte mit Älteren (Theater, Schülerzeitung…) langsam ins Laufen kommen geht es wieder aufwärts. Die ganze Mausgeschichte hat einfach unglaublich an meinen Nerven gezerrt, jetzt ist es ja vorbei.