Eine Woche Serbien

Serbien ist nicht Syrien und Serbien ist auch nicht Sibirien. Serbien ist ein Land südwestlich von Rumänien und das Land, in dem unser Zwischenseminar stattfindet. Ich freue mich darauf, mal wieder aus Resita herauszukommen und ich bin gespannt, was Serbien so zu bieten hat. Zusammen mit den anderen Freiwilligen aus Rumänien treffe ich mich in Temeswar, von wo aus wir den Minibus nach Belgrad nehmen. Die Verbindung zwischen den beiden Ländern ist sehr schlecht. Es gab mal einen Zug von Bukarest aus, der ist aber abgeschafft. Jetzt gibt es nur noch die Möglichkeit über Varsat zu fahren, oder mit einem privaten Minibus-Unternehmen. In Belgrad angekommen, checke ich im Hostel ein. Es liegt direkt im Stadtzentrum und ich ziehe los, um alles zu erkunden. Dabei laufe ich zufällig in die anderen Freiwilligen aus Ungarn und Bulgarien hinein. Die sind aber schon geplättet von ihrer langen Anfahrt und legen sich bald aufs Ohr. Obwohl ich ebenfalls müde bin, lasse ich mich nicht aufhalten und kaufe mir ein Ticket für die lange Nacht der Museen. Es ist so viel los auf den Straßen, obwohl es mitten in der Nacht ist. Die Fußgängerzone Belgrads ist voller Leben. Ich schaffe es in ein langweiliges Trachtenmuseum, ein cooles Filmmuseum und in die serbische Nationalbank, wo ich einen Geldschein mit meinem Gesicht bedrucken darf. Danach ist die lange Nacht over und ich auch.

Die lange Nacht der Museen im Filmmuseum: Durch das Guckloch sieht man einen alten Westernstreifen ablaufen.

Die lange Nacht der Museen im Filmmuseum: Durch das Guckloch sieht man einen alten Westernstreifen ablaufen.

Das ist kein Spielgeld sondern serbische 200 Dinar-Scheine (umgerechnet jeweils 2 €) ausgestellt in der serbischen Nationalbank.

Das ist kein Spielgeld sondern serbische 200 Dinar-Scheine (umgerechnet jeweils 2 €) ausgestellt in der serbischen Nationalbank.

Nach einem schönen Wochenende in Belgrad ziehen wir Montagmittags los zum Busbahnhof. Von dort aus fahren wir nochmal 3 Stunden bis Mali Idos, einem kleinen Dorf im Nirgendwo. Dort erwarten uns Sandra und Jörn, unsere Seminarleiter. Es ist schön, alle wiederzusehen, die ich auf dem Vorbereitungsseminar kennengelernt habe. Unsere Seminarleiter sind super im Zuhören, uns Unterstützen und uns Motivieren. Die 5 Tage gehen schell vorüber. Wir stellen uns gegenseitig unsere Einsatzländer vor, sammeln Ideen für unser Freiwilligenprojekt, machen einen Ausflug nach Novi Sad (die zweitgrößte Stadt Serbiens), bekommen Besuch von Vertretern der Roma, machen Wanderungen durch die Umgebung von Mail Idos. Obwohl nicht jeder die gleichen Erfahrungen gemacht hat, wie man selbst, ist es hilfreich sich auszutauschen. Das Seminar gibt mir die Möglichkeit meinen Einsatz mit etwas Abstand zu betrachten – mich zu fragen, was ich besser machen, wie ich Unterstützung von den Menschen vor Ort einfordern könnte. Am ersten Tag habe ich das Gefühl, ich sei die einzige bei der nicht alles perfekt läuft. Mit der Zeit kommen bei den anderen dann aber auch Sorgen oder Probleme ans Licht – ich war einfach nur offen genug, sie gleich am Anfang einzugestehen. Nach dem Seminar erscheint mir auch noch nicht alles wie Friede, Freude Eierkuchen. Trotzdem gehe ich motivierter zurück an die Schule, mit neuer Hoffnung und einem etwas realistischeren Blick auf die Dinge.

Der idyllische Seminarort bringt Entspannung. Wäre es nicht die ganze Zeit kalt und windig gewesen, hätten wir uns im Tümpel erfrischen können.

Der idyllische Seminarort bringt Entspannung. Wäre es nicht die ganze Zeit kalt und windig, könnten wir uns im Tümpel erfrischen.

Nach 5 Tagen Seminar fahren wir wieder ab. Ich verbringe das Wochenende noch in Belgrad, denn die Stadt gefällt mir. Das vorherige Wochenende habe ich in einem sehr netten Hostel in der Innenstadt verbracht. Nach dem Seminar werde ich zum Couchsurfer. Ich übernachte bei einem aserbaidschanischen Belgrad-Zugezogenen, der mir die Stadt zeigt und von dem ich viel über sein Heimatland lerne, von dem ich vorher so gut wie nichts wusste.

Nette serbische Umweltschützer schenken mir eines ihrer T-shirts, weil es mir so gut gefällt!

Im Park in Belgrad: Nette serbische Umweltschützer schenken mir eines ihrer T-shirts, weil es mir so gut gefällt!

 

Das 7er Zimmer im belgrader Hostel: tagsüber tolle Athmosphäre, nette Leute, gute Gespräche; nachts seeliges Synchron-Schnarchen.

Das 7er Zimmer im belgrader Hostel: tagsüber tolle Athmosphäre, nette Leute, gute Gespräche; nachts seeliges Synchron-Schnarchen.

Inzwischen bin ich wieder zurück in Resita und die Zeit fliegt vorbei. Ich habe noch weniger als drei Wochen bis zum Beginn der Sommerferien. Eine halbe Ewigkeit war die Zeit lang wie Kaugummi und auf einmal ist mein Freiwilligendienst fast vorbei! Ich habe noch viel vor bis zum letzten Schultag und deswegen werden diese letzten Wochen sehr stressig: Für nächste Woche organisiere ich ein deutsches Filmfestival für die Kinder, die Woche darauf soll unser selbstgeschriebenes „Hänsel und Gretel“-Theaterstück aufgeführt werden. Und zwischendrin versuche ich noch mein Freiwilligenprojekt umzusetzen (ein Nächstenliebe-Flashmob über den ich bald mehr berichten werde). Dann noch die Vorbereitungen für die Fahrradkarawane und ach ja, ausziehen muss ich auch in drei Wochen! Es heißt also packen und alles zu einem befriedigenden Ende bringen. Und dann? Dann geht das wilde Leben los! Fast zwei Monate habe ich Zeit um durch die Gegend zu reisen. Zuerst mit meiner Tante und Großtante, dann mit den anderen kulturweitlern auf der Fahrradkarawane und schließlich nur mit Rucksack und Gitarre auf dem Rücken und einem Balkan FlexiPass in der Hand (das ist Interrail für Balkan-Fans)…

Ein Stück neues Zuhause: Die mitgenommenen Wartesitze am Bahnhof geben mir das Gefühl von Freiheit. Wieso auch immer.

Ein Stück neues Zuhause: Die mitgenommenen Wartesitze am Bahnhof geben mir das Gefühl von Freiheit. Wieso auch immer.