Ich komme endlich nach einer langen Reise in Timișoara an, wo ich netterweise von dem Mann meiner Vermieterin abgeholt werde. Es ist deutlich wärmer als in Berlin und als ich aus dem Flughafengebäude trete, fühle ich mich gleich auf eine merkwürdige Weise zu Hause. Das Grinsen ist mir nicht aus dem Gesicht zu wischen, ich bin einfach so froh endlich da zu sein! Mit dem Auto durchqueren wir Timișoara, dann fahren wir ewig lang auf einer Landstraße, die durch sämtliche Ortschaften und Kuhdörfer führt. Dass es mir so lang vorkommt, liegt wahrscheinlich daran, dass ich müde bin. Und generell empfinde ich einen Weg immer als länger, wenn ich ihn noch nicht kenne. Es ist vollkommen dunkel, als wir ankommen. Ein Empfangskomitee erwartet uns an meinem Häuserblock: Meine Ansprechpartnerin Sonja und meine Vermieterin Christina. Die beiden begrüßen mich herzlich und führen mich durch meine zukünftige Wohnung. Sie haben wirklich an alles gedacht: Damit ich mich nicht mehr durch die Dunkelheit zum Supermarkt schleppen muss, haben sie mir Brote geschmiert, auch Handtücher und Bettzeug liegen schon für mich bereit.
Am nächsten Morgen geht es direkt in die Schule. Bisher hatte ich noch nicht mal Zeit zum Auspacken. Sonja holt mich um Viertel vor Acht mit dem Auto ab und zeigt mir den Weg zur Schule. Im Lehrerzimmer werde ich allen vorgestellt und natürlich wird dort rumänisch gesprochen, das hatte ich mir schon gedacht. Ich lerne auch den Schulleiter kennen, der zwar auch kein Deutsch spricht, mit Sonjas Hilfe verstehen wir uns aber trotzdem.
Die ersten Tage werde ich einfach in die Klassen reinschnuppern und den Unterricht miterleben. So lande ich dann in einer 8ten Klasse, in einem Klassenraum so groß wie ein Besenschrank, mit nur einem dutzend Schülern (mehr würden auch nicht in den Raum passen). Neugierig werde ich beäugt und Sonja meint, die Klasse sei nur so brav, weil ich dabei bin. Hier stellen sich alle zuerst mit dem Nachnamen und dann dem Vornamen vor, auch die Grundschüler. Für mich ist das komisch: Ich war in der Schule immer nur Vera, auch noch in der Oberstufe.

In der fünften Klasse mache ich mit den Schülern ein Spiel, dass ich auf dem Vorbereitungsseminar gelernt habe.
Generell werde ich von den Schülern und Lehrern sehr freundlich empfangen. Mit den beiden Deutschlehrern Martin und Sonja bespreche ich am zweiten Tag, was mein Aufgabenbereich in der Schule sein wird. Wir einigen uns darauf, dass ich vor allem für den Aufbau eines Nachmittagsprogrammes zuständig sein werde. Sie scheinen für jegliche Ideen und Vorschläge offen – im Moment gibt es gar keine Arbeitsgemeinschaften nach der Schule. Mein erster Ansatzpunkt wird eine Theater AG sein, da sind wir uns einig. Um die Kinder dafür zu begeistern, soll ich diese Idee in den Klassen vorstellen und den Schülern gleich mit ein paar Übungen zeigen, was sie in der AG erwarten wird. In der fünften Klasse gibt mir Sonja dafür ihre gesamte Klassenlehrerstunde. Es läuft super: Ich schaffe es, die Kinder zu motivieren und am Ende sind sie richtig ausgepowert (ich auch, übrigens).
Ich gehe auch noch in ein paar andere Klassen, dort habe ich allerdings jeweils nur die letzten zehn Minuten der Unterrichtsstunde um etwas mit den Schülern zu machen. Das funktioniert nicht so super. Einmal ist der Klassenraum viel zu klein fürs Theaterspielen und draußen hindert uns der Regen am aktiv werden. Das andere Mal trauen sich die Schüler nicht, die Übung zu machen, die ich vorschlage. Das ist natürlich unangenehm – ich kann sie ja nicht zwingen. Aber da mache ich einfach stattdessen ein einfacheres Spiel mit ihnen und kann sie so zumindest ein bisschen locker kriegen.

Mein Weg zur Schule führt durch das Zentrum der Altstadt, vorbei am Theater und durch einen kleinen Stadtpark.
In der Stadt finde ich mich noch nicht so richtig zurecht. Die Schwester einer Lehrerin macht mit mir netterweise einen kleinen Rundgang, zeigt mir die Markthalle und das Theater. Wirklich viele Läden gibt es hier nicht. Zwei Minuten von meiner Wohnung ist ein Lidl – es gibt hier außerdem noch Kaufland, Penny, Real und Carrefour. Für mich ist es merkwürdig, in deutschen Läden einzukaufen, in denen es auch größtenteils das gleiche Angebot wie im deutschen Lidl/Kaufland etc. gibt. Ich beschließe, möglichst viel auf dem lokalen Markt zu kaufen und nur das nötigste bei Lidl. Lebensmittel sind hier deutlich billiger als in Deutschland. Ein Euro ist umgerechnet circa 4 RON, deshalb kommt einem alles auf den ersten Blick teuer vor. Aber rechnet man nach, merkt man wie günstig es hier ist. Einen Laib Brot bekommt man beim Bäcker für 2 RON, fast ein Kilo Kartoffeln kaufe ich auf dem Markt für 3 RON. Eine Zwiebel schenkt mir die Verkäuferin noch dazu.

Blick aus meinem Fenster: Bei meiner Ankunft schien noch die Sonne bei 14°, ein paar Tage später schneit es plötzlich.
Es gibt noch so viel zu erzählen, aber ich will euch ja auch nicht mit tausend Kleinigkeiten langweilen. Sicher ist: Ich bin hier in einer anderen Welt. Vieles ist heruntergekommen, es gibt Straßen mit riesigen Schlaglöchern. Die meisten Häuser sind nicht angestrichen, oder nur zur Hälfte. Trotzdem gibt es ein paar schöne Gebäude und Plätze; besonders die Materialseilbahn, die über der Stadt ragt, ist sehr beeindruckend und irgendwie inspirierend. Bald erfahrt ihr mehr über meine Erlebnisse in der Schule und meine Versuche, mich mit der Stadt anzufreunden. Aber im nächsten Beitrag werde ich euch erst mal über meine spontane Fahrt nach Mediaș auf ein Zfa-Seminar berichten, und wen ich dort alles so kennengelernt habe…
Hey, das ist total spannend! bitte erzähl uns diese kleinigkeiten! mehr bilder! rumänisch! was sind die eigenheiten der leute! das klingt, als wärst du total sicher und entspannt im umgang mit völlig fremden kindern, obwohl sie eine andere sprache sprechen!
wow das klingt echt alles total spannend!!
ich würde mich auch über noch mehr bilder freuen 
Haben die Schüler dir schon ein paar rumänische Wörter oder Slogans beigbracht? Oder einen rumänischen Pop-Song? Damit kannst du dann bei deiner Rückkehr deine Kulturweitis beeindrucken! Salut, M.