Archiv für den Monat: März 2013

Geschichten aus dem Schulalltag

28.März 2013

Es war heute ein sehr ereignisreicher Tag. Nachdem ich gemerkt habe, dass mir das kulturweit-Geld ausgegangen ist, der Monat aber noch nicht ganz zu Ende ist, bin ich erst mal auf die Suche nach einer Wechselstube gegangen, um ein paar meiner „Puffer“-Euros umzustauschen. Dann ging es in den Schreibwarenladen, um Druckerpapier und Filzstifte zu besorgen. Warum Druckerpapier? An der Schule muss jeder Lehrer sein eigenes Papier kaufen, wenn er/sie Kopien für den Unterricht machen möchte. Es gibt keinen Materialfundus oder eine Bezuschussung. Was soll man machen? Wenn kein Geld da ist, ist kein Geld da.

Die unschöne Konsequenz, die ich aus dieser Gegebenheit schließe, ist dass die Schüler kaum Arbeitsblätter zur  Veranschaulichung bekommen, sondern das meiste frontal diktiert wird. Ist ja verständlich: Wenn man von seinem ohnehin kleinen Gehalt als Lehrer auch noch Unterrichtsmaterial finanzieren muss, wie soll man dann über die Runden kommen? Damit das Geld überhaupt reicht, geben die Lehrer hier jeden Tag nach der Schule Nachhilfe.

Das Schulgebäude von außen sieht sehr schön aus. Gegenüber ist zerfallenes Fabrikgelände.

Das Schulgebäude von außen sieht sehr schön aus. Gegenüber ist zerfallenes Fabrikgelände.

In der nächsten Woche wird kein Unterricht stattfinden, sondern es werden Ausflüge, Workshops und Aktionen veranstaltet. Ich gebe einen Workshop zum Thema „Upcycling„. Das bedeutet, dass ich mit den Kindern aus „Müll“ Kunst, Schmuck und Gebrauchsgegenstände bastele. Es gibt hier kein Recycling. Alles wird einfach in eine Tonne geschmissen. Was bringt es also, wenn ich in meiner Wohnung schön brav Plastik und Papier von Restmüll trenne? Das Mülltrennungssystem werde ich wohl in den nächsten Monaten nicht umkrempeln können – wohl aber die Einstellung der Kinder. Ich möchte ein Bewusstsein schaffen – ein Bewusstsein für die drei R’s (Reduce, Reuse, Recycle). Immerhin zwei davon können ja auch hier umgesetzt werden. Wir werden am Montag aus Plastikflaschen Blumen basteln, aus alten T-shirts Schals herstellen, aus Tetrapacks Geldbeutel machen und vieles mehr. Ich freue mich schon riesig darauf, denn so was macht mir total Spaß. Tolle Inspirationen habe ich auf der Seite weupcycle.com gefunden. Schaut mal rein, wenn euch so etwas interessiert.

Auf jeden Fall hat heute das erste Treffen der Theater AG stattgefunden. In den letzten zwei Wochen bin ich in jede Klasse gegangen und habe dafür Werbung gemacht. In unterschiedlichem Ausmaß habe ich mit den Schülern ein paar Theaterübungen gemacht, um sie für die AG zu begeistern. Das ist gut angekommen. Aber inwiefern es für sie einfach eine willkommene Abwechslung zum Unterricht war, oder sie es wirklich interessiert hat – das hat sich heute gezeigt.

Ich habe zwei Treffen veranstaltet, einmal für die Dritte bis Sechste Klasse und einmal für die Siebte bis Zehnte. Beim ersten Treffen sind ausreichend Kinder erschienen (zwar nicht so viele, wie ich nach der Begeisterung erwartet hatte, aber genügend um Dinge auf die Beine zu stellen). Es war auf alle Fälle eine Herausforderung, neun Kinder dazu zu bringen, zu kooperieren. Aber es hat auch Spaß gemacht. Wir haben Steckbriefe von uns erstellt und einfache Kennenlern-Spiele gespielt. Dann haben wir Übungen gemacht, um ein Gefühl für Raum und die Personen um uns herum zu bekommen. Schließlich haben wir einen imaginären Bilderrahmen mit Leben gefüllt und darin ein Märchen dargestellt. Insgesamt ist es sehr gut gelaufen und natürlich war ich zum Schluss vollkommen am Ende.

Die Steckbriefe wurden mit "Blinden Selbstporträts" beschmückt: Man hält ein Blatt vor sein Gesicht, macht die Augen zu und lässt sich von den anderen anleiten, wie man sich malen soll.

Die Steckbriefe wurden mit „Blinden Selbstporträts“ beschmückt: Man hält ein Blatt vor sein Gesicht, macht die Augen zu und lässt sich von den anderen anleiten, wie man sich malen soll.

Eine halbe Stunde später sollte die ältere Gruppe beginnen, aber leider sind nur zwei Schülerinnen erschienen. Das war natürlich das Horrorszenario. Was sollte ich machen? 90 Prozent der Dinge, die ich vorbereitet hatte, ließen sich zu so wenigen nicht machen. Ich konnte sie ja auch nicht einfach wieder nach Hause schicken, dann hätte ich die beiden auch noch verloren. Also musste ich knallhart improvisieren. Einige Übungen habe ich, so gut es ging, für drei Personen zurecht geschnitten. Und den Rest der Zeit musste ich mir die Ideen aus dem Ärmel schütteln. Da haben wir zum Beispiel aus bewegten Standbildern mit Geräuschen kleine Mini-Szenen entstehen lassen oder selbst-geschriebene Postkartentexte zum Leben erweckt. Im Endeffekt ist es dann ganz gut gelaufen. Da bin ich ziemlich stolz auf mich, dass ich das so hinbekommen habe. Ich werde in der nächsten Woche nochmal kräftig Werbung für die Theater AG machen und zur Not muss ich eben die beiden Gruppen zusammenlegen.

Gesichtspantomime: Eine Person stellt ein Gefühl nur durch den Gesichtsausdruck dar und die anderen müssen es erraten.

Gesichtspantomime: Eine Person stellt ein Gefühl nur durch den Gesichtsausdruck dar und die anderen müssen es erraten.

 

Es war auf alle Fälle, wie gesagt, ein ereignisreicher Tag. Hinzu kommt, dass mein Internet heute beschlossen hat, nicht zu funktionieren. Deswegen schreibe ich diesen Eintrag gerade per Hand und stelle ihn dann ein, sobald ein freundlicher, kompetenter Mitarbeiter der Internetfirma vorbeigekommen ist und mir das ganze repariert hat.

 

Mediaș – in der Mitte Rumäniens

Kaum bin ich angekommen, geht es schon wieder los. 7 Tage nach meiner Ankunft in Reșița fahre ich auf ein ZfA-Seminar nach Mediaș. (ZfA=Zentralstelle für Auslandschulwesen) Die Busfahrt ist lang (fast 6 Stunden) und anstrengend (nervige Radiomusik, voll aufgedreht). Ich bin also froh, als wir endlich am Hotel ankommen. Ich werde mit zwei anderen kulturweit-Freiwilligen auf einem Zimmer sein, das weiß ich schon von der Teilnehmerliste. Nach ein bisschen Verwirrung und Verwechslung ist das dann auch so und Josephine (, die ich schon vom Vorbereitungsseminar kenne), Lenja und ich beziehen unser Zimmer. Es ist früher Sonntagabend und die erste Veranstaltung geht los. Wir werden von den den Organisatoren des Seminars begrüßt, danach stellen die ersten Schülergruppen ihre Unterrichtsprojekte zum Thema „Epochenfestival“ vor. Auch am nächsten Tag geht es weiter mit den Projektvorstellungen. Ich bin so froh, dass ich da bin und mich mit den Leuten hier austauschen kann. Sich mit Olli und Lenja zu unterhalten, die schon seit 6 Monaten ihren Freiwilligendienst machen, ist sehr hilfreich.

 Wir sind die kulturweit-Freiwilligen Rumäniens: Josephine, Lenja, Olli, Vera (und Max, der schon wieder im Zug nach Iași sitzt)

Die kulturweit-Freiwilligen Rumäniens: Josephine, Lenja, Olli, Vera und Max (,der schon wieder im Zug nach Iași sitzt)

Auch mit den Schülern und Lehrern aus ganz Rumänien in Kontakt zu kommen, ist interessant. Am zweiten und dritten Tag werden die Schüler in Arbeitsgruppen eingeteilt und erarbeiten selbstständig Präsentationen zu DSD-Themen. (DSD = Deutsches Sprach-Diplom)

Die Lehrer machen eine Fortbildung zum Thema „Selbständiges Lernen und kooperatives Arbeiten„, wir stehen währenddessen den Schülern für Fragen zur Verfügung. Abends gehen wir mit einigen Lehrern Pizza essen. Wir reden über die Fahrradkarawane, die in den Sommerferien von kulturweit veranstaltet wird. Man muss sich auf einen Platz bewerben. Es gibt drei Routen: Eine startet in Bukarest (an dieser möchte ich teilnehmen), eine in Budapest und eine in Zagreb. Am Ende der Tour treffen sich alle in Belgrad. Das ganze wird super, wir freuen uns riesig darauf. Ich hoffe nur, dass ich einen Platz bekomme, dass man sich darauf bewerben muss ist etwas beunruhigend. Ich will unbedingt mitmachen!!!

Ok, ich schweife ein bisschen ab, ich bin nur so nervös wegen der Bewerbung. Wahrscheinlich mache ich mich da etwas zu sehr verrückt. Aber man muss mit genialen Ideen kommen, wie man das kulturelle Rahmenprogramm der Tour gestalten könnte. Oder mit einer Übernachtungsmöglichkeit auf der Route. Da die Tour aber nicht durch Reșița führt, sondern entlang der Donau kann ich mit Übernachtung nicht dienen. Na ja, mir wird schon noch etwas einfallen!

Die Schüler bereiten in Arbeitsgruppen Vorträge und Plakate zu DSD-Themen vor.

Die Schüler bereiten in Arbeitsgruppen Vorträge und Plakate zu DSD-Themen vor.

Zurück zum Seminar: Dienstagvormittags schließen die Schüler ihre Gruppenarbeiten ab und stellen die Plakate fertig. Nach dem Mittagessen präsentieren sie dann ihr Thema. Man sieht, wie viel Arbeit die meisten in das Projekt gesteckt haben. Es geht um Themen rund um Mobilität (Radfahren, Fliegen, Zu Fuß gehen), Geschichte, aber auch um Themen wie Inklusion und Alternative Schulen. Am Ende gibt es eine Abschlussrunde, in der Schüler und Lehrer Rückmeldung über das Erlebte geben. Manche Gruppen reisen noch am selben Abend ab, denn sie haben eine lange Reise vor sich. Die meisten bleiben allerdings noch eine Nacht in Mediaș und lassen die Veranstaltung im angeblichen „Irish Pub“ ausklingen. Nach dem Frühstück geht es am nächsten Morgen zurück in den verhassten Bus. Das Radio läuft natürlich auch auf dem Rückweg und als wir  von einer Sendezone in die andere fahren, hört man nur noch furchtbares Rauschen –  unterbrochen von Werbung. Es scheint niemanden zu stören außer mich. Ich frage dann trotzdem den Busfahrer, ob es er ausstellen kann und siehe da: Null Problemo, endlich Ruhe! So einfach geht das also…

Die Arbeitsgruppen präsentieren ihre selbstständig erarbeiteten Themen anhand selbstgestalteter Plakate.

Die Arbeitsgruppen präsentieren ihre erarbeiteten Themen anhand liebevoll gestalteter Plakate.

Jetzt wird’s spannend…

Ich komme endlich nach einer langen Reise in Timișoara an, wo ich netterweise von dem Mann meiner Vermieterin abgeholt werde. Es ist deutlich wärmer als in Berlin und als ich aus dem Flughafengebäude trete, fühle ich mich gleich auf eine merkwürdige Weise zu Hause. Das Grinsen ist mir nicht aus dem Gesicht zu wischen, ich bin einfach so froh endlich da zu sein! Mit dem Auto durchqueren wir Timișoara, dann fahren wir ewig lang auf einer Landstraße, die durch sämtliche Ortschaften und Kuhdörfer führt. Dass es mir so lang vorkommt, liegt wahrscheinlich daran, dass ich müde bin. Und generell empfinde ich einen Weg immer als länger, wenn ich ihn noch nicht kenne. Es ist vollkommen dunkel, als wir ankommen. Ein Empfangskomitee erwartet uns an meinem Häuserblock: Meine Ansprechpartnerin Sonja und meine Vermieterin Christina. Die beiden begrüßen mich herzlich und führen mich durch meine zukünftige Wohnung. Sie haben wirklich an alles gedacht: Damit ich mich nicht mehr durch die Dunkelheit zum Supermarkt schleppen muss, haben sie mir Brote geschmiert, auch Handtücher und Bettzeug liegen schon für mich bereit.

Meine große Sitzecke im Wohnzimmer

Meine große Sitzecke im Wohnzimmer

Am nächsten Morgen geht es direkt in die Schule. Bisher hatte ich noch nicht mal Zeit zum Auspacken. Sonja holt mich um Viertel vor Acht mit dem Auto ab und zeigt mir den Weg zur Schule. Im Lehrerzimmer werde ich allen vorgestellt und natürlich wird dort rumänisch gesprochen, das hatte ich mir schon gedacht. Ich lerne auch den Schulleiter kennen, der zwar auch kein Deutsch spricht, mit Sonjas Hilfe verstehen wir uns aber trotzdem.

Die ersten Tage werde ich einfach in die Klassen reinschnuppern und den Unterricht miterleben. So  lande ich dann in einer 8ten Klasse, in einem Klassenraum so groß wie ein Besenschrank, mit nur einem dutzend Schülern (mehr würden auch nicht in den Raum passen). Neugierig werde ich beäugt und Sonja meint, die Klasse sei nur so brav, weil ich dabei bin. Hier stellen sich alle zuerst mit dem Nachnamen und dann dem Vornamen vor, auch die Grundschüler. Für mich ist das komisch: Ich war in der Schule immer nur Vera, auch noch in der Oberstufe.

In der fünften Klasse mache ich mit den Schülern ein Spiel, dass ich auf dem Vorbereitungsseminar gelernt habe.

In der fünften Klasse mache ich mit den Schülern ein Spiel, dass ich auf dem Vorbereitungsseminar gelernt habe.

Generell werde ich von den Schülern und Lehrern sehr freundlich empfangen. Mit den beiden Deutschlehrern Martin und Sonja bespreche ich am zweiten Tag, was mein Aufgabenbereich in der Schule sein wird. Wir einigen uns darauf, dass ich vor allem für den Aufbau eines Nachmittagsprogrammes zuständig sein werde. Sie scheinen für jegliche Ideen und Vorschläge offen – im Moment gibt es gar keine Arbeitsgemeinschaften nach der Schule. Mein erster Ansatzpunkt wird eine Theater AG sein, da sind wir uns einig. Um die Kinder dafür zu begeistern, soll ich diese Idee in den Klassen vorstellen und den Schülern gleich mit ein paar Übungen zeigen, was sie in der AG erwarten wird. In der fünften Klasse gibt mir Sonja dafür ihre gesamte Klassenlehrerstunde. Es läuft super: Ich schaffe es, die Kinder zu motivieren und am Ende sind sie richtig ausgepowert (ich auch, übrigens).

Ich gehe auch noch in ein paar andere Klassen, dort habe ich allerdings jeweils nur die letzten zehn Minuten der Unterrichtsstunde um etwas mit den Schülern zu machen. Das funktioniert nicht so super. Einmal ist der Klassenraum viel zu klein fürs Theaterspielen und draußen hindert uns der Regen am aktiv werden. Das andere Mal trauen sich die Schüler nicht, die Übung zu machen, die ich vorschlage. Das ist natürlich unangenehm – ich kann sie ja nicht zwingen. Aber da mache ich einfach stattdessen ein einfacheres Spiel mit ihnen und kann sie so zumindest ein bisschen locker kriegen.

Mein Weg zur Schule führt durch das Zentrum der Altstadt, vorbei am Theater und durch einen kleinen Stadtpark.

Mein Weg zur Schule führt durch das Zentrum der Altstadt, vorbei am Theater und durch einen kleinen Stadtpark.

In der Stadt finde ich mich noch nicht so richtig zurecht. Die Schwester einer Lehrerin macht mit mir netterweise einen kleinen Rundgang, zeigt mir die Markthalle und das Theater. Wirklich viele Läden gibt es hier nicht. Zwei Minuten von meiner Wohnung ist ein Lidl – es gibt hier außerdem noch Kaufland, Penny, Real und Carrefour. Für mich ist es merkwürdig, in deutschen Läden einzukaufen, in denen es auch größtenteils das gleiche Angebot wie im deutschen Lidl/Kaufland etc. gibt.  Ich beschließe, möglichst viel auf dem lokalen Markt zu kaufen und nur das nötigste bei Lidl. Lebensmittel sind hier deutlich billiger als in Deutschland. Ein Euro ist umgerechnet circa 4 RON, deshalb kommt einem alles auf den ersten Blick teuer vor. Aber rechnet man nach, merkt man wie günstig es hier ist. Einen Laib Brot bekommt man beim Bäcker für 2 RON, fast ein Kilo Kartoffeln kaufe ich auf dem Markt für 3 RON. Eine Zwiebel schenkt mir die Verkäuferin noch dazu.

Blick aus meinem Fenster: Bei meiner Ankunft schien die Sonne noch bei 14°, ein paar Tage später schneit es plötzlich über Nacht!

Blick aus meinem Fenster: Bei meiner Ankunft schien noch die Sonne bei 14°, ein paar Tage später schneit es plötzlich. 

Es gibt noch so viel zu erzählen, aber ich will euch ja auch nicht mit tausend Kleinigkeiten langweilen. Sicher ist: Ich bin hier in einer anderen Welt. Vieles ist heruntergekommen, es gibt Straßen mit riesigen Schlaglöchern. Die meisten Häuser sind nicht angestrichen, oder nur zur Hälfte. Trotzdem gibt es ein paar schöne Gebäude und Plätze; besonders die Materialseilbahn, die über der Stadt ragt, ist sehr beeindruckend und irgendwie inspirierend. Bald erfahrt ihr mehr über meine Erlebnisse in der Schule und meine Versuche, mich mit der Stadt anzufreunden. Aber im nächsten Beitrag werde ich euch erst mal über meine spontane Fahrt nach Mediaș auf ein Zfa-Seminar berichten, und wen ich dort alles so kennengelernt habe…

Berlin

Als das Seminar zu Ende ist, bin ich komplett erledigt. Es war eine sehr schöne Zeit, aber natürlich auch ziemlich anstrengend. Diane, eine Freundin meiner Mutter nimmt mich für ein paar Tage in ihrer Berliner Wohnung auf. Ich muss erst mal schlafen. Am nächsten Tag ziehe ich los, will ein bisschen Kultur erleben. Ich streune durch die Straßen im Prenzlauer Berg. Dort gibt es viele kleine Boutiquen und Cafés. Als es mir dann zu kalt wird, mache ich mich auf zur Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen. In Zeiten der DDR diente das Gelände als Untersuchungshaftanstalt für politische Gegner. Große Teile der Gebäude und der Einrichtung sind erhalten geblieben und vermitteln ein lebhaftes Bild der Haftbedingungen und Verhörmethoden der Stasi. 

Am nächsten Tag schlendern Diane und ich über einen tollen Markt (leider darf ich ja nichts kaufen, denn mein Koffer ist bis oben hin voll). Wir laufen Richtung Hackescher Markt, trinken dort einen Kaffee und flüchten uns schließlich vor dem beginnenden Schneeregen in die Straßenbahn zurück zu ihrer Wohnung. Abends gehen wir ins Lido (ein ehemaliges Kino, jetzt Club) auf die Balkan Beats – Party. Die perfekte Einstimmung auf Rumänien. Die Musik ist klasse, wieso hab ich die nicht schon früher entdeckt? Jeder tanzt so, wie er will – denn es weiß ja niemand genau, wie man auf diese Musik zu tanzen hat. Ach, es war war einfach eine gute Stimmung. Ich hätte noch ewig bleiben können, aber wir mussten ja noch durch den Schnee (ungerecht!) zurück nach Hause stapfen.

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Am nächsten (und letzten Tag) in Berlin, wagen wir uns wieder hinaus in die Kälte und auf einen sonntäglichen Flohmarkt am Mauerpark. Trotz Kälte tummeln sich dort einige Leute. Ich kaufe ein paar Ohrringe – die gehen schon noch in den Koffer. Abends schmeiße ich meine (mehr als Sieben) Sachen in den Koffer und wir gucken den sagenumwobenen ersten Tatort mit Till Schweiger. Den darf man sich natürlich nicht entgehen lassen! Fazit: Ja, er ist voller Klischees und Till spielt den Retter der Menschheit. Aber ich hatte schlimmeres erwartet, nach dem die Episode schon im Vornherein durch den Dreck gezogen wurde.

Die Sonnenseite des Lebens: Endlich habe ich sie gefunden, hier am Mauerpark in Berlin!

Die Sonnenseite des Lebens: Endlich habe ich sie gefunden, hier am Mauerpark in Berlin!

Am nächsten Morgen klingelt mein Wecker um 4.45 Uhr. Neeeein! Das ist einfach unmenschlich! Aber ich muss mich zwingen aufzustehen und schleppe mich im Halbschlaf zum Flughafen Tegel. Von dort aus fliege ich nach München. Absolut schwachsinnig, ich weiß. Doof doof, da muss ich einige Bäume pflanzen um das wieder auszubügeln.

Nach einem fast fünfstündigen Aufenthalt am Münchner Flughafen – der ist übrigens echt cool, mit kostenlosen Heißgetränken, Computern mit Internetzugang und Relax-Zonen voller Liegen und kuscheligen Schlafecken – geht es endlich in den Flieger nach Temeswar. Tja, und was dann kommt? Das lest ihr im nächsten SPANNENDEN Beitrag…

Warten, warten, warten...

Warten, warten, warten…

 

Tag 4-10

Langsam fließen die Tage nur so dahin. An Tag 4 reden wir über Konfliktmanagement und Kommunikation, nach dem Mittagessen hören wir einen Vortrag von unserer Versicherungsagentur „Dr. Walter“. Hochspannend! Sollten wir im Ausland schwanger werden, ist das unser Pech: Behandlungen und (Vorgsorge-)Untersuchungen sind nicht im Paket inbegriffen. Schwangerschaftsverhütung allerdings bezahlt die Auslandkrankenversicherung genauso wenig… Man kann also nichts richtig machen. Dr. Walter gibt es übrigens gar nicht (mehr). Die Firma heißt trotzdem weiter so, was zu allgemeiner Verwirrung führt. Schließlich haben die Meisten einen grauhaarigen verschrobenen Arzt (?) erwartet. In der anschließenden Homezone können wir uns von unserem Schock erholen und uns voll in die Planung der Seminarzeitung stürzen.

Das Zentrum der Organisation: Die "Zentrale" der Seminarzeitung

Das Zentrum der Organisation: Die „Zentrale“ der Seminarzeitung

An diesem und dem nächsten Abend findet der sogenannte MdM (Markt der Möglichkeiten) statt, bei dem jeder seine Talente und Vorlieben als Abendprogramm anbieten kann. Es gibt Chinesisch Kurse, Kickboxen, Spieleabende, Jamsessions, Gesangsimprovisation, Philosophisches BlubberBla und viel mehr. Ich spiele mit einigen Leuten „We Will Rock You – Das Spiel“ und habe danach viel Spaß bei dem russischen Kartenspiel „Durak„, was übersetzt so viel wie „Dummkopf“ heißt. Ausnahmsweise habe ich mal eine Glückssträhne und komme um diesen Titel herum.

Am zweiten Abend konstruieren wir bei einer Jamsession mit Gitarren, Ukulele, Quer- & Blockflöte und Gesang einen „kulturweit“-Song, den wir dann auch am Kulturabend an Tag 7 mit großem Erfolg aufführen. Die Arbeit an der Seminarzeitung nimmt deutlich mehr Zeit ein, als die Projekte der anderen Homezones – besonders für unsere Layout-Experten, die in den letzten Tagen vor dem Abgabetermin noch bis spät in die Nacht arbeiten.

Teamarbeit ist gefragt: Bei diesem Spiel müssen dem/der Jüngsten in kürzester Zeit 15 Kleidungsstücke angezogen werden!

Teamarbeit ist gefragt: Bei diesem Spiel müssen dem/der Jüngsten in kürzester Zeit 15 Kleidungsstücke angezogen werden!

An Tag 6 gibt es aber erst einmal Vormittags und Nachmittags Workshops zu den unterschiedlichsten Themen. Ich besuche den Kurs „Kreativ im Fremdsprachenunttericht“ und „Theaterpädagogik“ – beides super hilfreich im Hinblick auf meine Arbeit in Rumänien. Mein Plan ist ja im Moment, dort eine Theater AG zu eröffnen und der Workshop stattet mich noch einmal mit einem Koffer voller Methoden und Übungen aus, damit ich nicht dann in der AG stehe, und nicht weiß, was ich mit den kiddies machen solll. Auch auf den Deutschunterricht am Liceul Teoretic „Diaconovici-Tietz“ fühle ich mich jetzt besser vorbereitet. Am Abend gucken wir den Dokumentarkurzfilm „With Wings and Roots“ über Immigration und Identität. Super spannend, es ist nur leider vorher niemandem klar, dass danach auch noch ein richtiger Workshop zu dem Thema stattfinden wird. Nach einem bis oben hin voll gestopften Workshop-Tag ist das nicht wirklich das Wahre. Hier mal der Link zu dem Projekt, ist nämlich wirklich interessant: http://www.withwingsandroots.com

An Tag 7 geht es weiter mit den letzten Fotoshoots und Interviews für die Seminarzeitung. Alle sind im Stress, denn morgen Abend ist die Deadline für das Layout. Nach dem wir am nächsten Tag im Auswärtigen Amt empfangen und mit Vorträgen überhäuft werden, fahren die Layout-Leute unter vollem Einsatz mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurück an den Werbelinsee, um die Zeitung fertig zu stellen. Währenddessen machen wir anderen uns einen schönen Nachmittag in Berlin. Ich gehe mit Sarah (Bulgarien), Viola (Ungarn) und Carmen (Ungarn) auf einen türkischen Markt in Kreuzberg, danach chillen wir in einem wunderschönen Café und schlendern um 20:00 Uhr zurück zum Hauptbahnhof, wo wir mit den anderen Kulturweitlern zurück nach Brandenburg fahren.

Blick aus dem Café in Berlin Kreuzberg

Blick aus dem Café in Berlin Kreuzberg

Tag 9 ist der letzte volle Tag am Werbelinsee. Vormittags treffen wir uns in Regionengruppen. Bei einem MSOE/GUS-Quiz räumen mein Team und ich ab. Wir gewinnen osteuropäische Süßigkeiten (für alle, natürlich)! Selin, ein ehemaliger Kulturweitler berichtet uns Vier Rumänien von seinem dortigen FSJ. Er macht uns richtig Vorfreude auf Land und Leute, das hilft sehr viel. Für die Osteuropa-Leute gibt es während ihrem Freiwilligendienst auch ein kleines Special: Die Fahrrad-Karawane! Anfang Juli findet diese 8-tägige Fahrradtour durch Osteuropa statt – das wird der Hammer. Man muss sich allerdings auf einen Platz bewerben, drückt mir also die Daumen, dass ich genommen werde!

In einer Mittagspause können wir einander Postkarten in die Einsatzstelle schicken.

In einer Mittagspause können wir einander Postkarten in die Einsatzstelle schicken.

Am letzten Abend gibt es eine Abschiedsparty, mit Harlem Shake, Balkan Beats und sonst noch jedem Quatsch, den man so abziehen sollte. Am nächsten Morgen sind natürlich alle gerädert, deswegen fängt die letzte Homezone in weiser Vorraussicht eine Stunde später an. Wir verabschieden uns alle schweren Herzens und machen uns auf den Weg zu den Reisebussen, die uns zurück zum Bahnhof fahren. Für mich beginnen heute die letzten Tage in Berlin, bevor ich am 11.März abfliege…