Kurzurlaub Teil 1: Prinzessinnenbett in Batumi, Gesang in Kutaisi und Taxifahrer Irakli, unser Freund und Helfer für einen Tag

Liebe Georgieninteressierte!

Das war wohl nichts mit dem häufigen Schreiben von Beiträgen… Abends schalte ich manchmal doch gerne den Kopf einfach aus, zudem glänzt das Internet in letzter Zeit häufig durch Abwesenheit und diese Seite war außerdem für eine Weile nicht zu besuchen… Genug Ausreden? Dann kann’s ja losgehen 😉 (Achtung, dafür wird’s die nächsten Male umso länger! 😉 )

Ich fange bei dem verlängerten Wochenende an, das ich mit meinen Kollegen verbracht habe. Der DAAD hat nun einige Wochen lang Unis in Tbilisi und direkter Umgebung abgeklappert, um sein Programm vorzustellen und Fragen zu beantworten. Nun standen auch zwei Info-Shows in Batumi am Schwarzen Meer und in Kutaisi an. Zu meinem Glück habe ich sehr nette Kollegen, die genau wissen, wie gerne ich dieses Land entdecken möchte, daher fragten sie Julia und mich, ob wir nicht mitkommen wollen. Die Antwort war schnell gefunden, und so saßen wir am Freitag, dem 9.10., morgens im Zug nach Batumi. Während die meisten schliefen, konnte ich mich nicht sattsehen an der schönen Aussicht über Berge, Flüsse und Wohnviertel mit bunten Gartenzäunen. Hier und da sah man Kühe und Schweine frei herumlaufen und Menschen an der Straße zusammensitzen und plaudern.

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Als wir uns Batumi näherten, sahen wir links das glatte, tatsächlich schwarze Meer, und rechts weiterhin grüne Berge, Wiesen und Wälder. Man wusste gar nicht, wohin man zuerst schauen sollte. Am Bahnhof angekommen, stiegen wir in ein Taxi und fuhren Richtung Altstadt, zu unserem pinkfarbenen Märchenschloss alias Hotel. Der Anblick des Zimmers war herrlich: Weiße Prinzessinnenmöbel inklusive Schminktisch, großem Bettgestell und kleinen Tischchen, die relativ nutzlos aber dekorativ mitten im Zimmer standen. Dazu ein Bad, das moderner nicht sein könnte. Wunderbar. 🙂 Vom Fenster aus sah man die schöne Skyline der Stadt mit der süßen Altstadt im Vordergrund.

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Nachdem wir uns zusammen auf den Weg zur Uni gemacht hatten, entließ uns der IC-Leiter mit einem „Also, an eurer Stelle würde ich ja zum Strand gehen…“ ins Wochenende, was wir natürlich dankend annahmen. Die Strandpromenade war fast menschenleer, genauso der Strand, der leider nur aus Steinen bestand. Als es noch anfing, zu regnen, konnte man sich immer weniger vorstellen, dass an diesem grauen, verlassenen Ort im Sommer die Hölle los ist 😀 Aber wir ließen uns durch nichts abschrecken, machten Fotos, spazierten etwas herum und kauften uns russische Leckereien in einem kleinen Laden. Als wir die anderen abgeholt hatten, liefen wir die ganze Promenade entlang Richtung Riesenrad und weiter zur Altstadt. Auf dem Weg sahen wir ein paar schöne Skulpturen und den „Buchstabenturm“, auf dem das ganze georgische Alphabet angebracht ist. Allgemein ist das Stadtbild Batumis sehr durch schicke Hotels, Casinos und Palmen geprägt und wird somit nach und nach von einer georgischen Stadt zu einem kleinen Las Vegas, was etwas schade ist.

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Abends trafen wir uns mit einem Deutschen, der in Batumi im Bereich des Tourismus tätig ist und uns erzählte, dass es vor einigen Jahren keine geregelte Strom- oder Wasserversorgung in der Stadt gab. Wie um das zu demonstrieren, fiel in der kleinen, gemütlichen Vintagebar zu späterer Stunde der Strom aus, und wir saßen bei Kerzenschein zusammen. Hat ja auch was 🙂 Die Stimmung war dort übrigens sehr gut, die Kundschaft bestand hauptsächlich aus männlichen Studenten, die Schach spielten, sich anscheinend sehr witzige Stories erzählten und sich gegenseitig zuprosteten. An den Wänden hingen bemalte Schallplatten und Musikinstrumente und jeder schien jeden zu kennen.

Etwas erschöpft von dem langen Tag gingen wir dann jedoch bald zurück ins Hotel und sanken in die watteweichen (naja….) und schneeweißen Prinzessinnenkissen…

Am nächsten Tag ging es schon weiter nach Kutaisi, natürlich mit dem Taxi. Der Fahrer schien es eilig zu haben und kurvte abenteuerlich um herumlaufende Tiere und langsamere Fahrzeuge herum. Auch hier machte es mir Spaß, aus dem Fenster zu sehen: Es gab Ziegen, die in Wartehäuschen herumturnten, schicke, weiße Villen mit Palmen im Garten, direkt nebenan verlassene Ruinen, in deren verwahrlosten Gärten Hühner nach Futter suchten und farbenfrohe Reihenhäuser mit Blick auf das Meer.

Das Hotel in Kutaisi gehörte der gleichen Kette an wie das in Batumi, war aber völlig anders gestaltet. Mir gefiel der Mix aus moderner Einrichtung, roten Backsteinwänden, hohen Decken und Torbögen.

Für den Abend war eine Veranstaltung im Theater geplant, anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Georgisch-Deutschen Zentrums, dessen deutsches Pendant in Gelsenkirchen zu finden ist. Wir saßen recht weit vorne und hatten eine gute Sicht auf die präsentierten Tänze, Gesänge und Reden, die sehr gut gedolmetscht wurden. Gesungen hat ein georgischer Männerchor (hier ein Video: https://www.youtube.com/watch?v=gBgbKdukn44, so ähnlich, wenn nicht besser, klang der Chor 😉 ), Kinder mit kleiner Tanzeinlage und junge Frauen mit „Tchonguris“, einer Schalenhalslaute, als Begleitinstrument. Die Vorstellung dauerte zwar 2 1/2 Stunden ohne Pause und es war ziemlich kalt im Saal, aber ich habe es trotzdem genossen, so viel Kultur und deutsch-georgische Freundschaft auf einmal zu erleben. Es flossen auch Tränen, z.B. als die Mutter einer 7-köpfigen Familie sich bei einem deutschen Ehepaar für ihre Unterstützung bedankte oder die Leiterin des Zentrums in Kutaisi eine Ehrenurkunde überreicht bekam.

Nach der Show fuhren wir zur Feierlocation, einem größeren Restaurant, in dem schon alles hergerichtet wurde. Auf den Tischen stand Essen ohne Ende und als wir uns setzten, wurden immer mehr Teller auf die anderen gestapelt, ohne darauf zu achten, dass darauf noch Speisen lagen. Hier habe ich dann zum ersten Mal die traditionelle Trinkspruchkultur kennengelernt. Der Dekan der Germanistik der dortigen Universität übernahm die Rolle des „Tamadas“, das ist die Person, die ab und zu das Glas hebt und einen Trinkspruch aufsagt, woraufhin alle ihr Glas leer trinken müssen. Er formulierte schöne Sprüche auf Deutsch und ließ uns auf den Glauben, den Frieden, Freundschaft und andere Dinge anstoßen. Die Feier wurde immer lockerer, einige fingen an, zu tanzen, und ein Kuchen mit einer großen „20“ darauf wurde herein geschoben. Manchmal hatte ich das Gefühl, auf einer Hochzeit zu sein 😀 Ein Großteil der Gäste ging allerdings schon recht früh, und auch wir brachen bald auf. Wir tranken noch Tee in einem sehr schönen, individuell eingerichteten Tea House und gingen danach ins Hotel.

Für den nächsten Tag stand das Touristenprogramm an: Wir fuhren ca. 7 Stunden lang mit dem Taxi von A nach B nach C nach X… Unser Taxifahrer Irakli begleitete uns den ganzen Tag über und wartete anfangs noch geduldig, wenn wir wieder in irgendeinem (Höhlen)Eingang verschwanden…

Zuerst ging es in die Höhle Prometheus, nicht weit von Kutaisi entfernt. Dort ließen wir ihn zurück und machten eine Führung mit, die ich leider nicht verstand, da sie nur auf Georgisch und Russisch war. Aber Tamu und Julia dolmetschten für mich und ich konnte in Ruhe die bunt angestrahlten Stalagmiten und Stalaktiten betrachten. Es war kühl-feucht in der Höhle und an einigen Stellen gab es kleine Unterwasserseen. Irgendwann hatte man jedoch den Eindruck, dass sich alles wiederholte, und die bunten Farben ließen die natürliche Schönheit der Höhle fast lächerlich erscheinen. Nichtsdestotrotz war es ein besonderes Erlebnis.

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Wieder draußen an der Sonne ging es mit Irakli in seinem Disco-Taxi (er hatte ne ziemlich coole, bunt gemischte Playlist 😀 ) weiter zu einem Ort, an dem man angeblich echte Dinosaurierabdrücke sehen konnte. Auch, wenn wir skeptisch waren, wollten wir uns das zumindest mal ansehen. Irakli wollte eigentlich auch mitkommen, aber als wir dann doch Eintritt zahlen mussten, blieb er lieber bei seinem Taxi 😉 Wir gingen durch das Eingangstor, einen kleinen Berg nach oben und zu einem Gebäude, in dem die Abdrücke zu sehen sein sollten. Im Gebäude ging man über eine Art Brücke, die über dem steinernen Boden angebracht war. In diesem Boden waren tatsächlich Abdrücke zu erkennen, die uns aber nicht überzeugten… wir stellten fachmännisch fest, dass sie eher wie große Hühnerfüße aussahen, und gingen wieder raus. Wie echt diese Abdrücke sind, können nur Experten sagen… Nun konnte man den Berg noch etwas hochlaufen bis zu einer Aussichtsplattform. Wir wollten uns einfach nichts entgehen lassen und liefen nach oben. Dort konnte man mit braunen Stoffschuhen über eine verglaste Plattform rutschen und den Boden weit unter sich betrachten. Oder auch den Blick nach oben richten und die schöne Aussicht über Kutaisi und die Berge im Hintergrund genießen 🙂 Dank der schönen Sonne und ein paar Herbstfarben sah alles sehr friedlich und harmonisch aus.

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Nachdem wir Fotos gemacht hatten, liefen wir zum wartenden Irakli zurück und fuhren zur Akademie Gelati. Diese gehört zum UNESCO Weltkulturerbe und wurde 1125 fertig gestellt. Hier konnte Irakli uns auch begleiten. Wir gingen an Frauen mit kleinen Verkaufsständen vorbei und weiter durch den Eingang. Das Gelände um die Kirche herum war sehr idyllisch und grün, und die ruhige Atmosphäre umfing mich ganz plötzlich und ließ auch mich ganz ruhig werden. Ich hatte das Gefühl, dass dort die Welt stillstand und niemand sich um irgendetwas Sorgen machen musste. Man sah Männer still im Garten arbeiten und eine Kindergruppe etwas basteln, ansonsten gab es nur wenige Touristen, die bedächtig von Gebäude zu Gebäude schritten. Irakli zeigte mir einen hohen Punkt, von dem aus man gut über das Tal und den hinter Wolken versteckten Sonnenuntergang sehen konnte. Er zeigte ins Tal und ich nickte und sagte eins der wenigen Worte, das ich bisher kenne: „Lamasia“, „schön“. In der Kirche zündeten wir eine Kerze an und sahen uns die Bilder und Gemälde an den Wänden an, die augenscheinlich sehr alt waren. Als wir wieder durch den Ausgang traten, war diese besondere Ruhe mit einem Mal verschwunden.

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Zu „Stayin‘ alive“ von den Bee Gees ging es weiter mit dem Kultur-Marathon – die Klosteranlage Motsameta war unsere nächste Station. Es dämmerte schon, als wir den geplasterten Weg hinunter liefen und die Aussicht bewunderten . Zu beiden Seiten des Klosters geht es tief bergab, zur Rechten fließt im Tal ein Fluss, zur Linken sieht man nur bewaldete Hänge. Auch hier zeigte Irakli mir einen Punkt, von dem aus man nur Grün sah, und sagte „Lamasia“ 🙂 Dann liefen wir zum Kloster und einmal rundherum. Es ist sehr klein und niedlich, mit kleinen Türmchen und Palmen verziert.

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Da wir noch eine Kirche besichtigen wollten, sind wir nicht lange geblieben und machten uns auf den Weg, während es draußen immer dunkler wurde. Wieder zurück in Kutaisi erreichten wir die Kathedrale Maria Entschlafen, die ebenfalls zum Weltkulturerbe gehört. Wir konnten sie nur noch im Dunkeln sehen, jedoch hätte uns der neue, moderne, schwarze Aufzug, der an der linken Außenwand installiert wurde, auch im Hellen überhaupt nicht gefallen. Im Innern wurden aus Gründen der besseren Stabilität schwarze Stahl(?)säulen angebracht, welche das Gesamtbild der alten, steinernen Mauern erheblich störten. Irakli zeigte mir draußen einen letzten schönen Aussichtspunkt, von dem aus man Kutaisi by night sehen konnte. Als wir dann um die Kirche herumgingen und den Aufzug sahen, sagte ich „Aris lamasia“ (wahrscheinlich falsch… soll „nicht schön“ heißen 😉 ) und er stimmte mir zu. Toll, dass man sich einen ganzen Tag lang mit nur einem Wort verständigen kann! 😀 Dieses fasst jedenfalls den ganzen Tag sehr gut zusammen. Es war auch angenehm, mit Irakli als Guide und Fahrer den Tag zu verbringen. Seine Musik brachte gute Stimmung auf, er fuhr nicht so wild wie andere und schien es auch zu genießen, uns herumzukurven. Die eine oder andere lustige Situation mit ihm werde ich wohl auch nicht vergessen 😉

20151011_191256_LLS Leider etwas verwischt, aber mehr gibt die Handykamera bei Nachtaufnahmen nicht her 😉

Abends gingen wir mit der DAAD-Lektorin aus Kutaisi in ein Restaurant, in dem es die angeblich besten Khinkali gibt. Kann ich bestätigen 😉 Nach einem letzten Glas Wein in einer gemütlichen Vintagebar (auch dort erlebte ich nochmal einen Tamada, jedoch einen schon sehr betrunkenen, den wir einfach nicht loswurden…) kehrten wir zum Hotel zurück.

Montag wurden wir nach der Info-Show an der Uni noch vom Bürgermeister eingeladen. Dort wurden wir von der gesamten regionalen Presse abgelichtet und mit Wein beschenkt, bevor es mit dem Taxi zurück gen Tbilisi ging, wo ich nach der stundenlangen Fahrt ins Bett fiel…

 

So…geschafft! 😀 Wenn schon lange kein neuer Beitrag, dann wenigstens ein ausführlicher! Den nächsten Teil werde ich in den kommenden Tagen schreiben… bleibt gespannt! 🙂

Also dann, Kargad!

 

PS: Entschuldigt die etwas komisch plazierten Bilder, irgendwie komm ich damit nicht so klar…Bzw. das Programm macht nicht, was ich will 😉

2 Gedanken zu “Kurzurlaub Teil 1: Prinzessinnenbett in Batumi, Gesang in Kutaisi und Taxifahrer Irakli, unser Freund und Helfer für einen Tag

  1. Hallo meine Liebe,
    endlich bin ich mal dazu gekommen, deinem Blog nochmal einen Besuch abzustatten 🙂
    Das hört sich ja nach einem spannenden Trip an, und die Fotos sind echt schön … bzw. ‚lamasia‘ 😉
    Konntest du seitdem nochmal ein wenig mehr von Georgien erkundigen? Update bitte 😛
    Ganz liebe Grüße aus SB :*
    Anne

    • Halloo!
      Freut mich, dass du nach wie vor meine Beiträge liest 🙂 Und danke, war wirklich ein schöner Trip! Ich hab danach noch einiges entdeckt, aber ich komme nicht zum Schreiben 🙁 Ich hoffe, dass ich bald ein Update liefern kann!
      Liebe Grüße zurück und bis ganz bald 🙂 :-*

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