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Über meine Reise

Anfang

Es ist zehn Uhr abends. Nach einem gemeinsamen Abendessen verabschieden sich meine Schwester und ihr Freund von mir. Am nächsten Morgen wird mein Flug gehen. „Du kannst sicher heute Nacht vor Aufregung nicht schlafen“, sagt der Freund meiner Schwester. „Ach was“, sage ich, „so müde, wie ich bin, wird das kein Problem.“ Es wird zugestimmt, dass ich wirklich fertig aussehe (ähm, danke) und der Abschied folgt.

Leider sollte er Recht behalten, diese Nacht schlafe ich tatsächlich sehr wenig. Das hängt aber weniger mit meiner Aufregung zusammen, sondern vielmehr mit meiner Angst, den Wecker zu überhören und zu verschlafen (alles schon passiert).

Wir fahren um vier Uhr los und kommen um fünf Uhr am Flughafen an. Viel zu früh, könnte man denken, wer ist um diese Uhrzeit schon da? Jede Menge andere Menschen, soviel ist klar, als wir die die Flughafenhalle betreten und wir stehen gute 20 Minuten um das Gepäck abzugeben.

Ich fliege mit Air France. Eigentlich wäre das mal die Chance, mein Französisch anzuwenden, aber ich traue mich nicht. Die Stewardess spricht zu meinem Glück Komfort gutes Englisch – anders als der Pilot, von dessen englischer Ansprache ich ungefähr genauso viel verstehe wie von seiner französischen. Lustiger weise aber genau die Stellen, die ich in der anderen Sprache nicht mitbekomme, so setzt sich dann die Ansage in ihrer Fülle gänzlich zusammen.

In Paris angekommen wechsle ich das Terminal. Dabei wird mein Pass kontrolliert. Mir ist der Grund nicht ganz klar, aber vielleicht hat gerade jemand Lust auf kontrollieren.

CDG Paris

Ich warte auf das Flugzeug, um mich herum wird es immer indischer (Bewertungsgrad: Kleidung der Frauen um mich herum). Ich gucke neugierig in die Gegend und werde genauso neugierig beguckt. Es sind nur wenige alleinreisende Frauen unterwegs, dafür aber auffällig viele alleinreisende Männer. Ich fange an über mögliche Gründe nachzudenken und ärgere mich dann über mich selber. Für die nächsten zwei Wochen nehme ich mir vor, nur Beobachter zu sein und nach Möglichkeit nicht alles sofort und ohne allzu großen Einblick zu interpretieren.

Im Flugzeug finde ich meinen Sitz und stelle fest, dass mein Sitznachbar ein wenig mehr Platz benötigt als der Sitz bietet. Ich klicke mich durch das Medien-Angebot und finde eine großartige Aufnahme von Schostakowitsch Cellokonzert. Ich bin versöhnt mit der Welt.

Mein Sitznachbar schläft ein. In der Mitte des Hobbits gehe ich auf die Toilette. Als ich wiederkomme, besetzt mein Sitznachbar 1 ½ Sitzplätze. Ich setzte mich dennoch wieder. Ich bin leider zu dick für einen halben Sitzplatz. Ich überlege, in Indien so viel Yoga zu machen, dass mir auf dem Rückflug ein halber Sitz genügt.

Der Hobbit und die Zwerge laufen zum wiederholten Mal durch irgendwelche Landschaften. Mein Sitznachbar schnarcht.

Kurz nach dem Überflug der pakistanisch-indischen Grenze fliegt das Flugzeug in eine Gewitterfront. Wir werden gebeten, uns anzuschnallen. Das Flugzeug wird durchgeschüttelt. Ich überlege kurz, ob ich nicht lieber wieder Schostakowitsch anmachen sollte, dann würde ich wenigstens stilvoll sterben. Dann lache ich mich wegen meiner eigenen Melodramatik aus und schaue meinen Hollywoodfilm weiter (mittlerweile bin ich bei The Artist angelangt).

In Bangalore landen wir kurz nach Mitternacht. Der Flughafen ist leer. Mit dem ausgefüllten Immigration Zettel, dessen Sinn sich mir nicht erschließt, gehe ich zum Immigration Schalter. Zettel abgeben, Fragen beantworten, müdemüdemüde, ich darf weiter gehen. Ich komme zu einer Sicherheitsschleuse, mein Handgepäck wird durchleuchtet und ich muss durch so einen Pieprahmen gehen. Ich wundere mich.

Ich finde meinen Koffer und möchte den Flughafen verlassen. Dafür muss aber noch ein Zollzettel ausgefüllt werden. Ich frage mich gar nicht mehr nach dem Warum und kann meine Passnummer schon fast auswendig.

Draußen suche ich nach dem Fahrer, der mich abholen soll. Ich bin müde und überfordert. Ich bleibe mitten im Ausgang stehen und suche nach meinem Namen. Zwanzig Sekunden starre ich sicherlich umher, sodass mir ein Flughafenangestellter schon helfen möchte. Dann finde ich den Fahrer, ich bin erleichtert. Wir gehen zu seinem Wagen, es sind 26°C und ich sehe Palmen. Ich bin in Indien. Großes Kino.

Dies ist ein Schummel-Bild. Es zeigt zwar durchaus eine Palme in Bangalore, allerdings ist es ein paar Tage später entstanden und die Palme steht nicht am Flughafen.

Dies ist ein Schummel-Bild. Es zeigt zwar durchaus  Palmen in Bangalore, allerdings ist es ein paar Tage später entstanden und die Palmen stehen nicht am Flughafen.